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IVG Euro Select Zwölf GmbH & Co. KG- Musterferfahrensantrag

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Landgericht Stade Beschluss 2 O 260/15

In dem Rechtsstreit des Herrn Jan Schumacher, Braunschweiger Straße 8, 21614 Buxtehude,

Musterkläger,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Kälberer, Tittel und Kollegen,
Knesebeckstraße 59 – 61, 10719 Berlin,
Geschäftszeichen: 296/15 AM47

 

gegen

 

Commerzbank AG, vertreten durch den Vorstand Martin Blessing (Vors.), Frank Annuscheit, Markus Beumer u.a., Kaiserstraße 16, 60311 Frankfurt am Main,

Musterbeklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldeck, Beethovenstraße 12-16,
60325 Frankfurt/M.,
Geschäftszeichen: 369/2015

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade am 05.07.2016 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Schilensky, den Richter am Landgericht Myška und die Richterin Lüth beschlossen:

A.

Es wird auf Antrag der Antragstellerin folgender Musterverfahrensantrag im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) öffentlich bekannt gemacht:

1.

Musterbeklagte

Commerzbank AG, vertreten durch den Vorstand Martin Blessing, Frank Anuscheit, Markus Beumer, Stephan Engels, Michael Reuther, Dr. Stefan Schmittmann und Martin Zielke, Kaiserstraße 16, 60311 Frankfurt a.M.

2.

Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen:

IVG Euro Select Zwölf GmbH & Co. KG

3.

Bezeichnung des Prozessgerichts:

Landgericht Stade

4.

Aktenzeichen des Prozessgerichts: 2 O 260/15

5.

Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags

1.

Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt über die Beteiligung an der IVG Select Zwölf GmbH & Co. KG in der Fassung vom 17.03.2006 (nachfolgend „Verkaufsprospekt“) unrichtig, irreführend und unvollständig ist, insbesondere wird festgestellt,

a.

dass der Verkaufsprospekt die Risiken und Besonderheiten der Swapgeschäfte des Fonds unrichtig, irreführend und verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

b.

dass der Verkaufsprospekt die wirtschaftlichen Grunddaten der Immobilie wie Miethöhen und Mietsteigerungen aufgrund von Auswirkungen der Upwards-Only-Klausel unrichtig, irreführend und die damit verbundenen Risiken verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

c.

dass der Prospekt die wesentlichen Merkmale der sog. Loan-to-Value-Klausel fehlerhaft und unzureichend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

d.

dass der Verkaufsprospekt die durch geplante Neubauvorhaben von Büroflächen in demselben Marktsegment entstehende zusätzliche Konkurrenzsituation unrichtig, irreführend und verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

e.

dass der Verkaufsprospekt nicht darüber informiert, dass im englischen Recht grundbuchrechtlich besicherte Immobilien von der Kreditbank freihändig ohne Zwangsversteigerungsverfahren nach Fälligstellung des Kredites verkauft werden können und damit die Risiken eines Zwangsverkaufes unrichtig, irreführend und verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

f.

dass der Verkaufsprospekt nur unzureichend die Weichkosten der Gesamtinvestition, insbesondere im Verhältnis zum von Anleger eingezahlten Kapital, darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

g.

dass der Verkaufsprospekt unzureichende Angaben zum Verkäufer der Fondsimmobilie beinhaltet und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

h.

dass der Verkaufsprospekt unzureichende und irreführende Angaben zur Auszahlung des Abfindungsguthabens im Falle einer ordentlichen Kündigung enthält und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

i.

dass der Verkaufsprospekt die gesellschaftlichen Verflechtungen zwischen der Treuhänderin Wert-Konzept Immobilienfonds Verwaltungsgesellschaft mbH und dem Emissionshaus, der IVG Immobilien AG, nicht ordnungsgemäß darstellt, sondern sogar falsch und irreführend mitteilt, dass es keine personellen Verflechtungen gebe, die Interessenkonflikte begründen können und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt.

2.

Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 a. – i. und Ziff. 2 aufgeführten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagte bei der gebotenen sachkundigen Prüfung mit banküblicher Sorgfalt erkennbar waren.

3.

Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 a. – i. und Ziff. 2 aufgeführten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagte auch im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung des Prospektes erkennbar waren.

4.

Es wird festgestellt, dass die Geschäftsberichte 2008 und 2009, das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 30.10.2009 und die Schreiben der IVG Private Funds Management GmbH vom 01.04.2010 und vom 10.06.2010 keine hinreichenden Informationen über die unter Ziff. 1 a. – i. und Ziff. 2 aufgeführten Prospektmängel enthalten, sodass diese Geschäftsberichte allein keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis herbeiführen können.

5.

Es wird festgestellt, dass zu vermuten ist, dass die unter Ziff. 1 a.- i. und Ziff. 2 dargestellten Prospektmängel jeweils kausal für die Zeichnungen von Anlegern sind, auch wenn ein Prospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde.

6.

Knappe Darstellung des Lebenssachverhalts

Die Musterklägerin macht mit ihrer auf Haftung der beklagten Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung gestützter Schadensersatzklage geltend, bei ihrer Anlageentscheidung im Rahmen eines geführten Beratungsgesprächs durch fehlerhafte und unvollständige Angaben zum Kauf der Beteiligung veranlasst worden zu sein. Der ihr nach dem Beratungsgespräch per Post zugegangene Verkaufsprospekt „Euro Select Immobilienfonds Zwölf“, den die IVG Immobilien Fonds GmbH unter dem 17.03.2006 herausgegeben hat, habe die Darstellung der Anlage durch den Berater der beklagten Bank als vorteilhaft und sicher mit guten Renditen wesentlich beeinflusst, die von ihr als fehlerhaft gerügten Prospektinhalte seien nicht bzw. nicht korrekt dargestellt worden. Bei richtiger Darstellung der im Musterantrag im Einzelnen aufgeführten Punkte hätte sie die Beteiligung nicht gezeichnet. Die beklagte Bank hätte die Unrichtigkeit des Verkaufsprospekts hinsichtlich sämtlicher gerügter Mängel erkennen und über diese bzw. über die damit einhergehenden Risiken aufklären müssen. Die beklagte Bank tritt der Darstellung entgegen und behauptet, die Klägerin habe den Prospekt bereits bei Zeichnung der Beteiligung am 22.05.2006 erhalten. Der Prospekt sei richtig und vollständig, die Klägerin sei über alle Risiken ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Die Musterbeklagte beruft sich auf Verjährung.

7.

Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht:

13.11.2015

Die Verzögerung der Bekanntmachung ist zurückzuführen auf einen Dezernatswechsel.

B.

Im Übrigen wird der Musterverfahrensantrag als unzulässig zurückgewiesen (§ 3 I Nr. 1 KapMuG).

Gründe zu B:

Die Musterklägerin hat – über die in A. wiedergegebenen Anträge hinausgehend – auch beantragt, folgende Feststellungen zu treffen:

6.

Es wird festgestellt, dass die unter Ziff. 1 a. – i. und Ziff. 2 aufgeführten Prospektmängel der Musterbeklagten PFM als Gründungskommanditistin bekannt waren.

7.

Es wird festgestellt, dass ab dem 01.09.2006 eine Prospektnachtragspflicht bestand, da der Verkaufsprospekt nicht darüber informiert, dass sich im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 01.09.2006 die anstehenden Neubauprojekte im sogenannten spekulativen Bereich (ohne vorherigen feststehenden Mieter) verdoppelt haben und zudem ohnehin schon Flächen von ca. 13 Mio sqft. leer standen und der Prospekt somit spätestens ab dem 01.09.2006 unrichtig und irreführend wurde.

8.

Es wird festgestellt, dass den Musterbeklagten die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die unter Ziff. 1 a. – i. und Ziff. 2 aufgeführten Prospektmängel richtig gestellt wurden.

9.

Es wird festgestellt, dass die Geschäftsberichte und Rundschreiben 2006 bis 2013 keine hinreichenden Informationen über die unter Ziff. 1 a. – i. und Ziff. 2 aufgeführten Prospektmängel enthalten, sodass diese Geschäftsberichte allein keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis herbeiführen können.

Insoweit sind die beantragten Feststellungen nicht entscheidungserheblich.

Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG ist eröffnet, denn der Musterkläger berühmt sich eines Schadensersatzanspruches gegen die beklagte Bank, weil die bei seiner Anlageentscheidung im Rahmen eines auf der Grundlage des Verkaufsprospekts Euro Select IVG Zwölf, den die IVG Immobilienfonds GmbH unter dem 17.03.2006 herausgegeben hat, und der dortigen Angaben geführten Beratungsgesprächs durch fehlerhafte und unvollständige Angaben zum Kauf einer Beteiligung veranlasst worden sei. Zwar behauptet der Musterkläger, ihm sei der Prospekt erst nach Zeichnung der Beteiligung per Post zugegangen. Er macht aber geltend, dass der Berater der beklagten Bank sich die wesentlichen Inhalte des Prospekts bei der Beratung zu Eigen gemacht habe, sodass der Inhalt des Prospekts auf diese Weise Eingang in die Beratung gefunden habe und so Grundlage seiner Anlageentscheidung geworden sei.

Die Schadensersatzklage ist bei dem Landgericht Stade als Eingangsinstanz unter dem Aktenzeichen 2 O 260/15 rechtshängig (§ 2 Abs. 1 KapMuG), der Musterkläger begehrt die Feststellung des Vorliegens anspruchsbegründender Voraussetzungen bzw. von Rechtsfragen; auch ist ausreichend dargelegt, dass die Entscheidung über den Prospektinhalt für andere, gleichgelagerte Fälle Bedeutung haben kann.

Allerdings sind die oben genannten Feststellungsziele im Ausgangsrechtsstreit nicht entscheidungserheblich (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG). Das Feststellungsziel muss eine konkrete Verknüpfung zum Sachverhalt des Ausgangsverfahrens aufweisen und potentiell entscheidungserheblich sein, d.h. der Ausgang des Rechtsstreits muss von der begehrten Feststellung abhängen können, wobei nicht notwendig ist, dass es für die Entscheidung (nur) noch auf die Klärung des Feststellungsziels ankommt.

Zu 6.:

Soweit der Musterkläger begehrt festzustellen, dass die aufgeführten Prospektmängel der PFM als Gründungskommanditistin bekannt waren, ist dies im zugrunde liegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, da die Musterklägerin die PFM im Klagewege nicht in Anspruch nimmt.

Zu 7.:

Soweit der Musterkläger begehrt festzustellen, dass ab dem 01.09.2006 eine Prospekt Nachtragspflicht bestand, kann eine solche Feststellung für die streitige Entscheidung keine Auswirkung haben, da der Musterkläger die Beteiligung bereits unter dem 22.05.2006 gezeichnet hat.

Zu 8.:

Soweit der Musterkläger eine Feststellung zur Darlegungs- und Beweislast für die Richtigstellung mangelhafter Prospektangaben beantragt, kann eine solche Feststellung für die streitige Entscheidung keine Auswirkung haben. Denn der Musterkläger behauptet eine solche Richtigstellung von Prospektangaben nicht; die Musterbeklagte ist dem nicht entgegengetreten. Zudem ist nicht erkennbar, dass – für den Fall, dass eine Richtigstellung von Prospektangaben irgendwann noch vorgetragen und dann entscheidungserheblich wird – die Parteien über die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast streiten.

Zu 9.:

Der Feststellungantrag zur verjährungsbegründenden Kenntnis bzw. fahrlässigen Unkenntnis aufgrund von Geschäftsberichten und Rundschreiben ist nur teilweise entscheidungserheblich. Die Musterbeklagte beruft sich zur Begründung einer solchen Kenntnis nur auf die in Punkt A. Ziff. 4. genannten Geschäftsberichte und Schreiben. Auf die Kenntnis durch andere Berichte und Rundschreiben beruft sich die Musterbeklagte nicht.

 

Schilensky                                    Myška                                    Lüth

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