Jom Kippur, auch als Versöhnungstag bekannt, ist der heiligste Tag im jüdischen Kalender. Er fällt jedes Jahr auf den 10. Tag des Monats Tischri, der etwa in den September oder Oktober des gregorianischen Kalenders fällt. Jom Kippur markiert das Ende der Zehn Tage der Reue (auch „die ehrfurchtsvollen Tage“ genannt), die mit Rosch Haschana, dem jüdischen Neujahrsfest, beginnen.
Geschichte von Jom Kippur
Die Wurzeln von Jom Kippur gehen auf die Zeit des biblischen Israel zurück. Im dritten Buch Mose (Levitikus) wird Jom Kippur als ein Tag beschrieben, an dem das Volk Israel Reue für seine Sünden zeigen und sich mit Gott versöhnen soll. Der Hohepriester war damals der zentrale Akteur des Festes. Am Jom Kippur betrat er das Allerheiligste im Tempel von Jerusalem, um für die Sünden des Volkes Opfer darzubringen. Es war der einzige Tag im Jahr, an dem jemand diesen heiligsten Teil des Tempels betreten durfte.
Nach der Zerstörung des zweiten Tempels im Jahr 70 n. Chr. änderte sich die Art, wie Jom Kippur begangen wird. Da Tieropfer und Tempeldienste nicht mehr möglich waren, verlagerte sich der Fokus des Festes auf das Gebet, die Reue und das Fasten.
Bedeutung von Jom Kippur
Jom Kippur ist ein Tag der Reue, Reflexion und spirituellen Reinigung. Es ist die Zeit, in der Gläubige ihre Vergehen bereuen, um Vergebung von Gott zu bitten und sich mit anderen zu versöhnen. Während dieses Tages konzentrieren sich Juden auf ihre spirituelle Erneuerung und auf die Besserung ihres Verhaltens im kommenden Jahr.
Das Fasten, das am Vorabend von Jom Kippur mit Sonnenuntergang beginnt und 25 Stunden dauert, ist eines der zentralen Elemente dieses Feiertags. Während dieser Zeit wird weder gegessen noch getrunken, und es gelten zusätzliche Gebote wie das Verbot, Lederschuhe zu tragen, zu baden oder sich zu parfümieren. Dies ist eine symbolische Handlung, um die Sterblichkeit und Buße zu betonen.
Die Gebete sind ebenfalls entscheidend an Jom Kippur. Der Tag wird durch fünf besondere Gottesdienste strukturiert, darunter die bekannten Kol Nidre-Gebete am Vorabend, die um die Aufhebung von unabsichtlich gebrochenen Gelübden bitten, und das Ne’ila-Gebet am Ende des Tages, das den Abschluss der Fastenzeit markiert.
Spirituelle Bedeutung
Für gläubige Juden ist Jom Kippur ein Tag, an dem sie die Beziehung zu Gott erneuern können. Es ist der Höhepunkt der zehn Tage der Buße, in denen Juden reflektieren, was sie im vergangenen Jahr falsch gemacht haben. Nach jüdischem Glauben entscheidet Gott an Rosch Haschana über das Schicksal jedes Einzelnen für das kommende Jahr, aber diese Entscheidung wird erst an Jom Kippur endgültig besiegelt. Durch Fasten, Gebet und Reue hoffen die Gläubigen, dass Gott sie im „Buch des Lebens“ einschreibt und ihnen Vergebung schenkt.
Moderne Bedeutung
Auch heute hat Jom Kippur eine zentrale Bedeutung im jüdischen Leben, unabhängig vom Grad der Religiosität. Viele Juden, die vielleicht nicht das ganze Jahr über religiös praktizieren, begehen dennoch Jom Kippur, da es als Tag des Innehaltens und der Besinnung auf moralische und ethische Werte im Leben angesehen wird. Auch in Israel, einem Staat mit einem breiten Spektrum von religiösen bis säkularen Juden, kommt das öffentliche Leben an Jom Kippur nahezu vollständig zum Stillstand. Fast alle Geschäfte, Restaurants und Transportdienste sind geschlossen, und viele Menschen, selbst Nichtpraktizierende, fasten und nehmen an Gottesdiensten teil.
Insgesamt ist Jom Kippur eine tiefe spirituelle Gelegenheit, um sowohl persönliche als auch kollektive Verfehlungen anzuerkennen, Vergebung zu suchen und sich zu bessern – und so das neue Jahr in einem Zustand der inneren Reinheit zu beginnen.
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