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Kamala Harris: Niederlage, Pflicht und die Frage nach der Zukunft

GDJ (CC0), Pixabay
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Zwei Monate nach ihrer Niederlage gegen Donald Trump wird Kamala Harris als amtierende Vizepräsidentin am Montag eine der wohl unangenehmsten Aufgaben ihrer politischen Karriere übernehmen: Sie wird die Zertifizierung ihrer eigenen Wahlniederlage leiten.

Als Präsidentin des Senats steht Harris am Rednerpult des Sprechers des Repräsentantenhauses, um die Stimmen des Electoral College auszuzählen und damit offiziell den Sieg ihres Rivalen Donald Trump zu bestätigen – nur zwei Wochen bevor dieser ins Weiße Haus zurückkehrt.

Für Harris, die Trump während des Wahlkampfs als „dringende Gefahr für die amerikanische Demokratie“ bezeichnete, ist dieser Moment nicht nur eine Frage der Verfassungstreue, sondern auch eine persönliche Bewährungsprobe. Doch ihre Berater betonen, sie werde ihre Pflicht „mit Ernsthaftigkeit und Würde“ erfüllen.

Ein unangenehmes Déjà-vu in der US-Geschichte

Harris ist nicht die erste Politikerin, die sich dieser bitteren Pflicht stellen muss. Al Gore führte 2001 die Zertifizierung der Wahl von George W. Bush durch, nur wenige Wochen nach einem der umstrittensten Wahlausgänge der US-Geschichte. Auch Richard Nixon befand sich 1961 in der gleichen Situation.

Doch Harris‘ Niederlage markiert den Schlusspunkt einer außergewöhnlichen politischen Reise: Von der Stellvertreterin des ältesten Präsidenten in der US-Geschichte wurde sie zur Hoffnungsträgerin der Demokratischen Partei – nur um schließlich in einer schmerzhaften Wahlniederlage zu enden, die die internen Bruchlinien ihrer Partei offenlegte.

Eine Zukunft voller Optionen – aber auch Hindernisse

Während Harris und ihr Team derzeit über ihre nächsten Schritte nachdenken, bleiben viele Möglichkeiten auf dem Tisch: Eine erneute Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2028, eine Kandidatur als Gouverneurin von Kalifornien oder ein Wechsel in den privaten oder gemeinnützigen Sektor.

Harris‘ Verbündete argumentieren, dass ihre Kampagne trotz der Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2024 eine Welle der Unterstützung ausgelöst habe, die ihr eine zweite Chance verschaffen könnte. Sie vergleichen ihre Situation sogar mit Donald Trumps ungewöhnlichem politischen Weg, der nach seiner Wahlniederlage 2020 ein Comeback schaffte und 2024 erneut ins Weiße Haus gewählt wurde.

Doch nicht alle Demokraten sehen Harris als geeignete Kandidatin für eine zweite Runde im Kampf ums Oval Office. Die innerparteiliche Kritik ist deutlich: Harris habe es nicht geschafft, sich von Joe Biden zu lösen, dessen späte Entscheidung, nicht erneut zu kandidieren, ihre Kampagne massiv beeinträchtigt habe.

Außerdem werden Harris’ Schwächen im Wahlkampf offen kritisiert: Sie habe insbesondere bei wichtigen Wählergruppen der Demokraten wie schwarzen und hispanischen Wählern unterdurchschnittlich abgeschnitten – Gruppen, die Joe Biden 2020 noch mobilisieren konnte.

Ein ehemaliger Berater Bidens brachte es auf den Punkt: „Hätte es 2024 eine echte Vorwahl gegeben, wäre sie nie die Kandidatin geworden.“

Ein harter Weg bis 2028

Sollte Harris tatsächlich 2028 erneut kandidieren wollen, würde sie sich einem harten Wettbewerb stellen. Rising Stars wie die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, der Gouverneur von Illinois, J.B. Pritzker, und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom bereiten sich bereits auf mögliche Präsidentschaftskandidaturen vor.

Trotzdem könnte Harris mit ihrem nationalen Bekanntheitsgrad, einer umfassenden Unterstützerbasis und einer beeindruckenden Wahlkampfstruktur Vorteile haben. „Welcher Bundesstaat würde sie nicht einladen, um die Demokraten für die Zwischenwahlen 2026 zu unterstützen?“, fragt Donna Brazile, eine enge Verbündete von Harris.

Doch Harris hat auch andere Optionen. Sie könnte in den gemeinnützigen Sektor wechseln, eine Stiftung gründen oder eine führende Rolle an ihrer Alma Mater, der Howard University, übernehmen. Einige ihrer Unterstützer sehen auch eine Rückkehr in die Regierung als Justizministerin oder Außenministerin unter einer zukünftigen demokratischen Administration als realistische Möglichkeit.

Gouverneurin von Kalifornien – eine realistische Option?

Ein weiteres Szenario: Harris könnte sich 2026 um das Amt der Gouverneurin von Kalifornien bewerben, wenn Gavin Newsom aufgrund von Amtszeitbegrenzungen nicht erneut antreten darf. Diese Position würde ihr nicht nur ermöglichen, ihre politische Karriere in ihrem Heimatstaat fortzusetzen, sondern auch eine Plattform bieten, um sich auf nationaler Ebene neu zu positionieren.

Doch die Herausforderungen sind enorm: Der Job als Gouverneur eines Staates, der die fünftgrößte Wirtschaft der Welt darstellt, ist alles andere als einfach. Zudem würde Harris kaum Zeit für eine Präsidentschaftskandidatur 2028 haben, da sie zeitgleich in ihr Amt eingeführt würde.

Ein Gewinn in Kalifornien könnte jedoch eine weitere historische Premiere für Harris bedeuten – sie wäre die erste schwarze Gouverneurin des Bundesstaates und des Landes.

Ein Erbe, das aufgebaut werden muss

Unabhängig davon, welchen Weg Harris einschlägt, bleibt eine zentrale Frage: Wie schafft sie es, sich von Joe Biden und den Herausforderungen ihrer Wahlkampagne 2024 zu emanzipieren?

Harris hat in der Vergangenheit gezeigt, dass sie eine Kämpferin ist. Ihre Anhänger hoffen, dass sie diese Eigenschaft in den kommenden Jahren nutzen wird, um ihr politisches Erbe aufzubauen und sich auf eine neue Rolle vorzubereiten – sei es in Kalifornien, in Washington oder auf der globalen Bühne.

Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, welchen Kurs Kamala Harris einschlägt. Ihre Botschaft bleibt jedoch klar: „Wir dürfen den Kampf nicht aufgeben.“

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