Die Energie AG (EAG) Oberösterreich kündigt die Photovoltaik-(PV)-Einspeiseverträge von rund 20.000 Kunden, denen bisher mindestens 15,73 Cent pro kWh garantiert wurden. Stattdessen wird ein neuer Tarif angeboten, der sich am Referenzmarkt orientiert. Die Geschäftsführer der Energie AG Oberösterreich Vertrieb GmbH, Klaus Dorninger und Alexander Marchner, kündigten an, dass betroffene Kunden im April mit dem neuen Vertrag 3,12 Cent pro kWh erhalten hätten.
Immer mehr Unternehmen bieten dynamische Tarife an, und die EAG folgt diesem Trend. Der neue Tarif „Team Sonne Loyal Float“ orientiert sich am Referenzwert für PV, den die E-Control monatlich veröffentlicht. Von diesem Marktwert wird ein Abschlag abgezogen, der jedoch bis Jahresende ausgesetzt bleibt. Der Tarif ist nach unten gedeckelt, mit einer Minimalvergütung von zwei Cent pro kWh, vorausgesetzt, man bezieht Strom von der EAG.
Die knapp 20.000 PV-Anlagen-Besitzer erhalten in den kommenden Tagen schriftlich die Information, dass ihr Vertrag Ende Juni gekündigt wird. Diese Verträge wurden während der Hochpreisphase Mitte 2023 abgeschlossen. Die Kündigungen gelten als rechtlich sicher. Etwa 6.000 bis 7.000 Kunden mit neueren Verträgen, die derzeit 4,5 Cent pro kWh erhalten, sind vorerst nicht betroffen. Neue Abschlüsse erfolgen nur noch nach dem „Float“-Tarif.
Die Marktpreisentwicklung zeigt, dass die Verbrauchsspitze für Strom in Oberösterreich derzeit bei 1,8 GW liegt, während die Erzeugungsspitze bei PV bis Jahresende auf zwei GW steigen soll. Der Überschuss muss am internationalen Markt verkauft werden, wo die Preise stark schwanken. Dies stellt eine Herausforderung für Versorger wie die EAG dar, da die Anzahl der PV-Anlagen kontinuierlich wächst.
Der Hintergrund für diesen Boom ist der Angriff Russlands auf die Ukraine und die daraus resultierende geopolitische Lage sowie die hohen Förderungen für PV-Anlagen. Viele haben ihre Anlagen in der Hoffnung auf hohe finanzielle Erträge ausgebaut. Robert Tichler vom Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz erklärt, dass die „Goldgräberstimmung“ nun vorbei sei, was er nicht negativ bewertet. Er spricht von „ungerechtfertigt hohen Zusatzeinkommen“ und betont, dass sich die PV-Anlagen immer noch schnell amortisieren – vielleicht nun binnen 15 statt vier Jahren, was bei einer Lebensdauer von 25 Jahren vertretbar sei, aber eben „kein zweites Haushaltseinkommen“ mehr.
Kann das auch in Deutschland passieren?
Angesichts der Entwicklungen in Oberösterreich stellt sich die Frage, ob ähnliche Maßnahmen auch in Deutschland umgesetzt werden könnten. Die Energiepolitik in Deutschland steht ebenfalls vor großen Herausforderungen, insbesondere durch den starken Ausbau erneuerbarer Energien und die damit verbundenen Netzintegrationsprobleme.
In Deutschland gibt es bereits eine Diskussion über die Anpassung von Einspeisevergütungen und die Einführung dynamischer Tarife. Sollte der Boom der PV-Anlagen weiterhin anhalten und zu Überkapazitäten führen, könnten auch hierzulande Versorger gezwungen sein, bestehende Verträge zu kündigen oder anzupassen. Insbesondere die Abhängigkeit von Marktpreisen und die Schwankungen könnten zu einer Neuausrichtung der Vergütungssysteme führen.
Die regulatorischen Rahmenbedingungen in Deutschland könnten solche Maßnahmen unterstützen, insbesondere wenn sie als notwendig erachtet werden, um die Netzstabilität zu gewährleisten und den wirtschaftlichen Betrieb der Versorger zu sichern. Daher ist es durchaus denkbar, dass auch deutsche PV-Anlagen-Besitzer in Zukunft mit ähnlichen Anpassungen konfrontiert werden könnten.
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