Morgen geht es dann mit der öffentlichen Verhandlung weiter. Allerdings nicht im Gebäude des OLG Braunschweig, sondern wegen des großen Andrangs von Rechtsanwälten, Medienvertretern und Klägern im Congress Saal der Stadthalle Braunschweig. Das bei diesem Termin groß etwas herauskommt, glaubt sicherlich keiner, denn es sind noch weitere Termine in dem Vorgang angesetzt.
Rückblick auf den vorherigen Termin in diesem Verfahren:
4. Verhandlungstag im Kapitalanleger-Musterverfahren gegen VW und Porsche vor dem Oberlandesgericht Braunschweig
OBERLANDESGERICHT BRAUNSCHWEIG – 26. November 2018
Heute fand der 4. Verhandlungstag im Kapitalanleger-Musterverfahren der Deka Investment GmbH gegen die Volkswagen AG und die Porsche Automobil Holding SE vor dem Oberlandesgericht Braunschweig statt.
Der Vorsitzende Dr. Christian Jäde erläuterte die Feststellungsziele der Beteiligten, die eine Schadensberechnung betreffen. Feststellungsziele sind diejenigen rechtlichen Fragen und tatsächlichen Umstände, die für die Entscheidungen in den Ausgangsklagen auf Schadensersatz vor dem Landgericht wichtig sind. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist, dass dem einzelnen Anleger ein Schaden entstanden ist. Dabei stelle Dr. Jäde klar, dass die Ausführungen zum Schaden nur zum Tragen kommen, wenn überhaupt ein Anspruch dem Grunde nach besteht. Er stellte damit ausdrücklich klar, dass aus der Erörterung des möglichen Schadens nicht geschlossen werden könne, dass der Senat einen Anspruch dem Grunde nach bereits jetzt bejaht habe.
Nach den Ausführungen des Vorsitzenden Richters des 3. Zivilsenats Dr. Christian Jäde gibt es zwei unterschiedliche Schadensersatzformen, den Kursdifferenzschaden und den Vertragsabschlussschaden.
Beim Kursdifferenzschaden liege der Schaden darin, dass ein Anleger das Wertpapier „zu teuer“ gekauft habe. Um dies festzustellen, müsse man den tatsächlichen Aktienkurs, zu dem der Anleger das Wertpapier erworben hat, mit dem fiktiven Aktienkurs vergleichen, also dem Aktienkurs, zu dem der Anleger das Wertpapier erworben hätte, wenn es einen Ad-hoc-Mitteilungsverstoß nicht gegeben hätte.
Schwierig sei die Ermittlung des fiktiven Aktienkurses. Als Indiz könne die tatsächliche Kursveränderung bei Bekanntwerden der veröffentlichungspflichtigen Tatsache herangezogen werden. Hier könnten jedenfalls für Deutschland und das restliche Europa die Kurse der Handelsplattform Xetra zugrunde gelegt werden, unabhängig davon, wo die einzelnen Anleger die Aktien tatsächlich erworben hätten. Ein geeignetes Ende des Beobachtungszeitraums scheine der jeweilige Zeitpunkt des Handelsschlusses am 22. September 2015 zu sein.
Die anhand der oben genannten Maßstäbe ermittelte Kursveränderung müsse in einem nächsten Schritt auf den Transaktionszeitpunk übertragen werden. Hier gebe es verschiedene Berechnungsmethoden, wobei sich der Senat noch nicht festgelegt habe, welcher er folge.
Der Vorsitzende Richter führte weiterhin aus, dass neben dem unmittelbaren Kursdifferenzschaden das Bekanntwerden eines Ad-hoc-Verstoßes auch zu Kursreaktionen führe, die nicht der nunmehr bekanntgewordenen Ad-hoc-Tatsache selbst geschuldet seien, sondern darüber hinausgingen. Der letztgenannte Teil der Kursreaktion werde überwiegend als „Kollateralschaden“ bezeichnet. Darunter falle die zusätzliche Reaktion des Marktes auf die nun ebenfalls bekanntgewordene Tatsache, dass es seitens des Emittenten zu einem früheren Zeit-punkt zu einem Ad-hoc-Verstoß gekommen sei. Darin enthalten sei ein Bestandteil, der zum Teil als „Skandalschaden“ oder „Abstrafeffekt“ bezeichnet werde, der auf einem Ansehens- und Vertrauensverlust, aber auch auf der Sorge vor Bußgeldern oder einer Schadensersatzfolge beruhe. Aus vorläufiger Sicht des Senats sei der „Kollateralschaden“ auch ersatzfähig.
Zu berücksichtigen seien bei der Bezifferung des Schadens Vorteile, die etwa durch Aktienverkäufe erfolgt seien. Dies sei aber ohnehin nur bei Ansprüchen aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) relevant. Ansprüche nach dem Wertpapierhandelsgesetz seien ausgeschlossen, wenn der Anleger die Wertpapiere vor Bekanntwerden der Information verkauft habe. Problematisch sei weiterhin die Schadensberechnung, was die Zuordnung von Aktienkäufen und –verkäufen betreffe. Hierbei vertreten die Parteien unterschiedliche Auffassungen, der Senat hat sich hier noch nicht abschließend festgelegt, sondern nur die Konsequenzen der jeweiligen Auffassungen vorgestellt.
Daneben wurde der sogenannte „Vertragsabschlussschaden“ (auch „Transaktionsschaden“) erörtert. Hierbei wird die aktuelle Lage des Anlegers nach seinem Wertpapierkauf mit seiner hypothetischen Lage ohne Wertpapierkauf verglichen. Grundsätzlich könne der Anleger Rückzahlung des Erwerbsentgelts verlangen und müsse das Wertpapier zurückgeben. Dies gelte allerdings nur, wenn der Ad-hoc-Mitteilungsverstoß kausal für den Erwerb des Wertpapiers gewesen sei. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trage der Anspruchssteller.
Die weiteren Termine im Dezember 2018 sind aufgehoben worden.
Der nächste Termin wird am 25. März 2019 stattfinden. In diesem Termin soll unter anderem die Thematik der Wissenszurechnung behandelt werden.
Weitere Termine sind geplant am
29. April 2019,
27. Mai 2019,
3. Juni 2019,
17. Juni 2019,
24. Juni 2019,
1. Juli 2019,
2. September 2019 und am
9. September 2019.
Die Termine finden jeweils im Congress Saal der Stadthalle Braunschweig, Leonhardplatz, 38102 Braunschweig statt.
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