Ein Immobilienmakler, der zum Zwecke der Förderung seiner Geschäfte aktiv den Auftritt in einem Bewertungsportal gesucht hat, muss sich Kritik an seiner gewerblichen Leistung in der Regel auch dann gefallen lassen, wenn sie scharf formuliert ist.
Das hat der 9. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in dieser Woche entschieden.
Zum Sachverhalt: Der als Kläger an dem Rechtsstreit beteiligte Immobilienmakler begehrt von dem Beklagten die Unterlassung der Verbreitung von diesem vorgenommener Bewertungen auf der Bewertungsplattform „Google Places“.
Der Beklagte hatte den Makler in Bezug auf eine im Internet offerierte Wohnung zunächst aufgefordert, dem Verkäufer ein unter dem aufgerufenen Kaufpreis liegendes Angebot zu unterbreiten. Der Makler lehnte dies mit dem Hinweis ab, dass er keine „unseriösen“ Angebote weitergebe. Der Beklagte erhielt daraufhin ein Exposé und gab ein höheres – weiter unter dem aufgerufenen Kaufpreis liegendes – Angebot ab. Dieses führte aber ebenfalls nicht zum Vertragsschluss, weil die Wohnung zu einem über dem Angebot des Beklagten liegenden Preis an einen anderen Interessenten vermittelt wurde.
Im Rahmen seiner Bewertung des Maklers auf der Internetplattform hat der Beklagte später ausgeführt: „Ich persönlich empfand Herrn … als arrogant und nicht hilfsbereit. Herr …. sagte mir ‚Kunde ist man, wenn man gekauft hat‘. Offensichtlich nicht vorher, so habe ich mich auch gefühlt.“
Das Landgericht Flensburg hat die Klage auf Unterlassung der Bewertung abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung vor dem 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Die in der Internetbewertung abgegebene Erklärung, den Immobilienmakler persönlich als arrogant und nicht hilfsbereit empfunden sowie sich nicht als Kunde behandelt gefühlt zu haben, ist als Vorhalt eines arroganten Geschäftsgebarens zwar geeignet, den Geschäftspartner in seinem allgemeinen sozialen Geltungsanspruch und auch in seiner Geschäftsehre im Besonderen zu verletzen. Die Bewertung ist aber unter Abwägung der betroffenen Interessen nicht rechtswidrig. Sie enthält in Form des wörtlichen Zitats einer Äußerung des Maklers eine Tatsachenbehauptung und im Übrigen (einschließlich der schlechtmöglichsten Ein-Stern-Bewertung) Werturteile. Dabei steht das durch eine Tatsachenbehauptung kolorierte Werturteil, sich aufgrund des als arrogant und wenig hilfsbereit empfundenen Verhaltens des Klägers nicht als Kunde gefühlt zu haben, derart im Vordergrund, dass von einer einheitlichen, dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterfallenden Meinungsäußerung auszugehen ist.
Hinter das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit hat das Interesse des Bewerteten am Schutz seines sozialen Geltungsanspruchs zurückzutreten. Dem Werturteil liegt eine wahre Tatsachenbehauptung zu Grunde. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Bei der vorzunehmenden Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass der klagende Makler zum Zwecke der Förderung seiner Geschäfte aktiv den Auftritt im Bewertungsportal gesucht hat, Online-Kundenbewertungssysteme gesellschaftlich erwünscht sind und das Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich zu Produkten zu äußern und auszutauschen durch die Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt wird. (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16. Februar 2022, Az. 9 U 134/21)
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