Eine Gemeinde darf die Bewilligung einer finanziellen Zuwendung, mit der umweltpolitische Zielsetzungen verfolgt werden, nicht davon abhängig machen, dass Antragsteller eine Erklärung zur Distanzierung von der Scientology-Organisation abgeben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Klägerin beantragte eine Zuwendung zum Erwerb eines Pedelecs nach der „Förderrichtlinie Elektromobilität“ der beklagten Landeshauptstadt München. Dabei gab sie die im Antragsformular enthaltene „Schutzerklärung in Bezug auf die Lehre von L. Ron Hubbard/Scientology“ nicht ab. Damit erklärt der Zuwendungsempfänger, die Lehre von Scientology nicht anzuwenden, nicht zu verbreiten und auch keine Kurse oder Seminare der Organisation zu besuchen. Die Beklagte lehnte den Antrag unter Verweis auf die fehlende Erklärung ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beklagte verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag eine Förderzusage zu erteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil bestätigt. Die Beklagte darf die Förderung nicht von der Abgabe der Schutzerklärung abhängig machen. Erklärungen zur Weltanschauung einzufordern, ist keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, so dass es bereits an einer Zuständigkeit der Beklagten fehlt. Wird eine solche Erklärung verlangt und an deren Verweigerung der Ausschluss von der Förderung geknüpft, greift dies gezielt in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein. Der Eingriff ist schon mangels einer gesetzlichen Grundlage verfassungswidrig. Schließlich verstößt die Vorgehensweise der Beklagten gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Sie stellt eine unzulässige Differenzierung dar, weil sie den Kreis der Förderberechtigten nicht sachgerecht abgrenzt, sondern nach Kriterien, die mit dem Förderzweck in keinem Zusammenhang stehen. Da alle sonstigen Voraussetzungen der Förderung erfüllt sind, ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin eine entsprechende Zusage zu erteilen.
BVerwG 8 C 9.21 – Urteil vom 06. April 2022
Vorinstanzen:
VGH München, VGH 4 B 20.3008 – Urteil vom 16. Juni 2021 –
VG München, VG M 31 K 19.203 – Urteil vom 28. August 2019 –
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