Justiz

Kein Fahrtenbuch

Daniel_B_photos (CC0), Pixabay
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Im Streit um eine Fahrtenbuchauflage hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen heute der Klage einer Fahrzeughalterin aus dem Rhein-Erft-Kreis in zweiter Instanz stattgegeben.

Mit dem Pkw der Klägerin wurde am 25. Dezember 2021 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts um 26 km/h überschritten. Diese Ordnungswidrigkeit wird regelmäßig mit einem Bußgeld in Höhe von 180 Euro, einem Punkt im Fahreignungsregister sowie im Wiederholungsfall einem Monat Fahrverbot geahndet. Auf dem Radarfoto ist ein junger Mann als Fahrer gut zu erkennen. Die schriftlich als Zeugin befragte Klägerin berief sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht. Nachdem der Außendienst der beklagten Straßenverkehrsbehörde (Rhein-Erft-Kreis) die Klägerin an ihrem Wohnort nicht angetroffen hatte, wurde das Bußgeldverfahren eingestellt. Daraufhin verpflichtete der Rhein-Erft-Kreis die Klägerin, für die Dauer von zwölf Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Im hiergegen eingeleiteten Klageverfahren machte die Klägerin geltend, der Fahrer sei ihr in ihrem Haushalt lebender Sohn gewesen. Über eine Auskunft der Meldebehörde und einen Abgleich des Tatbildes etwa mit dessen Personalausweisfoto wäre es ohne weiteres möglich gewesen, ihn als Fahrer zu identifizieren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Fahrtenbuchauflage aufgehoben.

Zur Begründung hat die Vorsitzende im Wesentlichen ausgeführt: Eine Fahrtenbuchauflage kommt nach der maßgeblichen gesetzlichen Vorschrift nur dann in Betracht, wenn die Täterfeststellung nach einem Verkehrsverstoß unmöglich gewesen ist. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben, wenn der Fahrzeughalter die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ablehnt und auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen. Naheliegenden und wenig aufwendigen Ermittlungsansätzen muss die Behörde danach aber nachgehen. Dem ist die Bußgeldbehörde hier nicht gerecht geworden. Ihr lag ein klares Tatfoto vor. Dass die Klägerin sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berief, sprach außerdem für einen Täter aus dem Familienkreis. Daher hätte es nahegelegen, zumindest bei der Meldebehörde zu erfragen, ob Familienangehörige unter derselben Anschrift wie die Klägerin wohnen, die nach Geschlecht und Alter als Fahrer in Betracht kommen. Auf Grundlage dieser Information hätten dann womöglich deren Lichtbilder aus dem Personalausweisregister für einen Fotoabgleich angefordert werden können. Dies wäre ohne nennenswerten Aufwand möglich gewesen, ist in Verfahren dieser Art regelmäßig üblich und hätte im konkreten Fall zu einem Tatverdacht gegen den Sohn der Klägerin geführt.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen: 8 A 2361/22 (I. Instanz: VG Köln 18 K 3600/22)

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