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Keine Auslieferung nach Polen nach polnischer Justizreform?

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Keine Auslieferung nach Polen nach polnischer Justizreform?

 

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat in einem Verfahren, in dem über die Auslieferung eines polnischen Staatsangehörigen an die Republik Polen zur Strafverfolgung zu entscheiden ist, in einem Beschluss vom 17.2.2020 Zweifel geäußert, ob aufgrund der Justizreformen in Polen die Unabhängigkeit der polnischen Justiz und der Anspruch des Auszuliefernden auf ein faires Verfahren (Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) gewährleistet ist, und hat deshalb den Haftbefehl aufgehoben und die polnischen Behörden um weitere Auskunft zu den Auswirkungen der polnischen Justizreform auf das konkrete Verfahren ersucht.

Damit knüpft der Senat an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs an, mit denen die nationalen Gerichte verpflichtet wurden, die Gewährleistung des europäischen Grundrechts auf ein faires Verfahren bei einer Auslieferung zu prüfen (Urteil vom 25.7.2018 – C 216/18, EuGRZ 2018, 396), und die Zwangspensionierung von Richtern in Polen für unionsrechtswidrig erklärt wurde (Urteil vom 19.11.209 – C 192/18). Der Senat sieht die Gefahr, dass die mit dem Verfahren befassten Richter nach dem Inkrafttreten des polnischen Gesetzes zur Änderung der Gerichtsverfassung vom 29.12.2019 allein aufgrund der von ihnen vorgenommenen Würdigung von Beweisen in einem Strafverfahren mit disziplinarischen Sanktionen rechnen müssen, wodurch ihre Unabhängigkeit und ein faires Verfahren in Frage gestellt sind.

Eine endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung wird erst erfolgen, nachdem die polnischen Behörden Gelegenheit zur Beantwortung der Anfrage des Senats hatten.

 

Beschluss vom 17.2.2020 – 301 AR 156/19

 

Maßgebliche Vorschriften

Art. 47 EuGrRCh

[…]

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG)

§ 15 Auslieferungshaft

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden […]

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

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