Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Beschluss entschieden, dass ein Pressebericht über einen Rapper, dem antisemitische Hetze vorgeworfen wird, zwar zulässig ist, die Veröffentlichung von Bildern des Betroffenen jedoch nicht gerechtfertigt ist. Dabei wurde insbesondere das Alter des Klägers (18 Jahre) sowie die geringe Reichweite seiner Musik in die Abwägung einbezogen.
Hintergrund der Berichterstattung
Der Kläger, ein junger Rapper, hatte die Herausgeberin einer bundesweit erscheinenden deutschen Tageszeitung im Eilverfahren verklagt. Gegenstand der Klage war ein Artikel aus dem Frühjahr 2024, der unter anderem seine Einbürgerung trotz angeblicher „antisemitischer Hetze“ thematisierte. Der Kläger verlangte sowohl die Unterlassung bestimmter Aussagen als auch die Entfernung von Bildern, die ihn identifizierbar machten.
Das Landgericht hatte dem Antrag des Klägers nur teilweise stattgegeben. Das OLG bestätigte diese Entscheidung in einigen Punkten, gewährte dem Kläger jedoch Schutz vor der Veröffentlichung seiner Bildnisse.
Zulässigkeit der Meinungsäußerung
Das OLG entschied, dass zahlreiche Aussagen in der Berichterstattung zulässige Meinungsäußerungen darstellten. Die Texte des Klägers, insbesondere ein Lied, könnten dahingehend verstanden werden, dass er den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 unterstütze und die Gewalt billige. Der Senat führte aus, dass der Liedtext Israel als Feind darstelle, der „wie ein waffenloses Baby“ weine und „wie Spinnennetze weggepustet“ werden solle. Solche Formulierungen könnten als Billigung von Gewalt und antisemitischer Hetze interpretiert werden.
Auch die Verbindung des Klägers mit dem sogenannten Tauhid-Finger, der in diesem Kontext als Symbol einer islamistischen Ideologie verstanden werden kann, wurde vom Gericht als zulässige Meinungsäußerung bewertet. Der Kläger bestritt nicht, dieses Zeichen verwendet zu haben, und konnte sich daher nicht erfolgreich gegen diese Darstellung wehren.
Unzulässige Behauptungen und Bildveröffentlichung
In einem Punkt hatte der Kläger jedoch Erfolg: Die Behauptung, er sei Anhänger des salafistischen Predigers Othman al-Khamees, wurde vom OLG als unzulässig eingestuft, da hierfür keine hinreichende Tatsachengrundlage vorlag.
Darüber hinaus entschied das Gericht, dass die Veröffentlichung von Bildern des Klägers nicht zulässig sei. Eine bildliche Identifizierung sei nur dann erlaubt, wenn Name oder Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert hätten und ein öffentliches Interesse daran bestehe.
Zwar sei das Thema der Berichterstattung von großem öffentlichen Interesse, und der Kläger habe sich durch seine Social-Media-Aktivitäten in gewissem Maße selbst in die Öffentlichkeit begeben. Dennoch hob das OLG hervor, dass der Kläger aufgrund seines Alters und seiner geringen Bekanntheit einen erhöhten Schutz seines Persönlichkeitsrechts genieße. Die mit der Veröffentlichung verbundenen negativen Auswirkungen auf sein Persönlichkeitsrecht seien daher unverhältnismäßig.
Abwägung der Interessen
Das Gericht stellte klar, dass es sich bei dem Kläger nicht um eine prominente Person mit Vorbildfunktion handele, sondern um einen 18-jährigen Heranwachsenden, der sich auf Instagram mit einer überschaubaren Zahl an Followern präsentiere. Diese höhere Schutzbedürftigkeit überwiege gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit an einer identifizierenden Berichterstattung.
Gerichtsentscheidung:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.10.2024, Az.: 16 W 40/24
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.7.2024, Az.: 2-03 O 288/24)
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