Der 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Eilbeschluss vom 1. September 2021 die Beschwerde eines Antragstellers gegen das von der Stadt Hildesheim ihm gegenüber verfügte Verbot, am Freitag, den 3. September 2021 mit Fahrrädern auf der A 7 und der A 37 zu demonstrieren, zurückgewiesen (Az.: 11 ME 275/21).
Der Antragsteller hatte gegenüber der Stadt Hildesheim als Versammlungsbehörde für Freitag, den 3. September 2021 im Zeitraum zwischen 12:30 Uhr und 16:30 Uhr eine Fahrrad-Demonstration mit einer erwarteten Teilnehmerzahl von 600 bis 800 Personen angezeigt. Als Gegenstand der Demonstration gab er eine „umfassende Verkehrswende und Baustopp von Autobahnprojekten in Niedersachsen“ an. Geplant sei, dass die Versammlungsteilnehmer mit Fahrrädern vom Bahnhofsvorplatz in Hildesheim zum Opernplatz in Hannover über die B 494, ab der Autobahnauffahrt Hildesheim-Drispenstedt über die A 7 Hildesheim in Richtung Hannover sowie über die A 37 und die B 6 (Messeschnellweg) fahren. Mit Bescheid vom 22. Juli 2021 bestätigte die Stadt Hildesheim die angezeigte Demonstration, untersagte allerdings die Nutzung der A 7 und der A 37 und verfügte eine Alternativroute, die im Wesentlichen über die Bundesstraße 6 einschließlich des Messe- und Südschnellwegs führt sowie an der Autobahn-Anschlussstelle Hildesheim eine Zwischenkundgebung in Sichtweite der A 7 ermöglicht. Den gegen diese Routenänderung vom Antragsteller erhobenen Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Hannover mit Beschluss vom 25. August 2021 abgelehnt (Az.: 10 B 4733/21, siehe dazu auch die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 26.8.2021).
Die dagegen von dem Antragsteller am 31. August 2021 erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag zurückgewiesen, d.h. die Fahrraddemonstration darf, wie von der Stadt Hildesheim angeordnet, nicht auf der A 7 und der A 37, sondern nur auf der angegebenen Alternativroute durchgeführt werden. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen sei, dass die von der Stadt Hildesheim verfügte streitgegenständliche Routenänderung auf § 8 Abs. 1 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes (NVersG) gestützt werden könne und sich als voraussichtlich rechtmäßig erweise. Nach § 8 Abs. 1 NVersG könne eine Versammlung unter freiem Himmel beschränkt werden, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Die von dem Antragsteller auf der A 7 und der A 37 beabsichtigte Fahrraddemonstration begründe eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Eine solche ergebe sich u.a. aus der zu erwartenden Staubildung und der damit verbundenen Unfallgefahr. Zwar gewähre die Versammlungsfreiheit dem Veranstalter grundsätzlich das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung stattfinden soll. Auch seien Bundesautobahnen aufgrund ihres Widmungszwecks nicht von vornherein „demonstrationsfrei“. Vielmehr sei eine Bewertung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen, bei der ggf. kollidierende Rechtsgüter so in Ausgleich zu bringen seien, dass die jeweiligen Grundrechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam würden.
Vorliegend seien sowohl die Stadt Hildesheim als auch das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Versammlungsfreiheit des Antragstellers durch das Verbot, die A 7 und die A 37 zu befahren, nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werde und dass durch die von der Stadt vorgegebene Alternativroute ein nicht zu beanstandender Ausgleich zwischen dem Interesse des Antragstellers an der Durchführung seiner verfassungsrechtlich geschützten Versammlung und den öffentlichen Interessen an einer Vermeidung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit hergestellt werde. Der Senat teilte die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass das von dem Antragsteller verfolgte Anliegen – ein Einsetzen für eine umfassende Verkehrswende und einen Baustopp von Autobahnprojekten in Niedersachsen – in ähnlich öffentlichkeitswirksamer Weise auch auf der angeordneten Alternativroute verfolgt werden könne, zumal diese in ca. 1 bis 3 km westlich der A 7 und der A 37 verlaufe und im Bereich der ermöglichten Zwischenkundgebung sogar unmittelbarer Sichtkontakt zur A 7 bestünde. Die Stadt Hildesheim und das Verwaltungsgericht hätten auch zutreffend ausgeführt, dass bei einer Begegnung von Demonstranten mit Autofahrern an den Auf- und Abfahrten zur Autobahn erhebliche Gefahren bestünden, die mangels vertretbarer Umleitungsmöglichkeiten zur Rechtfertigung der verfügten Routenänderung beitrügen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
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