Die Grünen stellen fest: Energiearmut ist ein zunehmendes Problem in
Deutschland.
Dies zeigt sich exemplarisch an der Anzahl der Strom- und Gassperren in deutschen Haushalten. Im Jahr 2017 haben sich die Stromsperren auf
insgesamt 330 242 erhöht. Die Anzahl der Gassperren lag im selben Jahr bei knapp 38 000.
Armut als Ursache
Ein Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
zur Analyse der Stromsperren (Analyse der Unterbrechungen der Stromversorgung nach § 19 Absatz 2 StromGVV) kommt zu dem Ergebnis, dass rund
die Hälfte der Personen, die von Stromsperren betroffen sind, Grundsicherung
beziehen. (www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2016/20161128-
bundeswirtschaftsministerium-legt-studie-zu-stromsperren-vor.html). Dies
zeigt, dass insbesondere Personen mit geringen Einkommen oder/und im Bezug
von Grundsicherungsleistungen von Energiearmut betroffen sind. Bei Personen
im Grundsicherungsbezug haben jüngste Studien gezeigt, dass die im Regelsatz
vorgesehenen Kosten die tatsächlichen Aufwendungen für Haushaltsenergie
nicht decken (www.verbraucherzentrale.nrw/sites/default/files/2018-06/VZNRW_Strompauschale-HartzIV_FINAL.pdf). Die Verbraucherzentrale
Nordrhein-Westfalen hat berechnet, dass Alleinerziehenden mit Kind bei einem
durchschnittlichen Strompreis und -verbrauch 22,40 Euro pro Monat fehlen, um
die Stromrechnung bezahlen zu können. Bei Personen in der Grundversorgung
steigt die Unterdeckung sogar noch weiter. Auch in Haushalten, die ihr warmes
Wasser mit einem Durchlauferhitzer erwärmen, fällt die Unterdeckung trotz des
Zuschlages für die dezentrale Warmwasserbereitung noch größer aus. Das Vergleichsportal Verivox hat die Unterdeckung der Stromkosten im Regelsatz berechnet und kommt zu dem Ergebnis, dass die tatsächlichen Stromkosten in einem Single-Haushalt den Kostenanteil im Regelsatz um 14 Prozent übersteigen.
In der Grundversorgung liegt diese Lücke gar bei 24 Prozent. Dabei bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Folgen für die Familien fatal
Im individuellen Fall sind die Folgen, insbesondere bei Androhung und Durchsetzung einer Strom- oder Gassperre, eklatant. Die Betroffenen können mitunter
nicht mehr heizen oder eine warme Mahlzeit zubereiten. Hausaufgaben müssen
im Dunkeln erledigt und die Lebensmittel können nicht mehr im Kühlschrank
gelagert werden. Ohne eine Versorgung mit Energie ist das Existenzminimum
nicht mehr gesichert und die gesellschaftliche Teilhabe wird gefährdet. Zudem
können die Betroffenen durch die anfallenden Gebühren für die Mahnung, Sperrung und Entsperrung in eine Verschuldungsspirale geraten, die das Risiko, erneut mit einer Energiesperre belegt zu werden, weiter erhöht. Auch in der Wissenschaft werden die negativen Folgen der Energiearmut auf die physische und
psychische Gesundheit der Betroffenen zunehmend diskutiert (Reibling/Jutz
2017: Energiearmut und Gesundheit).
Es fehlt an Infos
Dabei ist der beste Schutz gegen hohe Strom- und Heizkostenrechnungen ein
geringer Energieverbrauch. Gerade für Menschen mit niedrigen Einkommen ist
es jedoch oftmals eine Herausforderung, ihren Energieverbrauch zu reduzieren.
Die Anschaffung energiesparender Geräte ist aus finanziellen Gründen häufig
nicht möglich. Außerdem fällt die Stromrechnung oft unnötig hoch aus, wenn
Menschen mit niedrigem Haushaltseinkommen Strom zu den teuren Grundversorgungstarifen beziehen. Und auch die Heizkosten sind für Menschen mit niedrigem Einkommen oft hoch, weil sie überdurchschnittlich häufig in schlecht sanierten Mietwohnungen leben.
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