FPÖ-Chef Herbert Kickl hat mal wieder den Charmebolzen ausgepackt. In seiner unnachahmlichen Art streckt er der ÖVP die Hand aus, um über die Bildung einer neuen Bundesregierung zu verhandeln. „Unsere Hand ist weiter oder wieder ausgestreckt“, verkündete Kickl am Dienstagnachmittag. Ob die ÖVP sie ergreifen wird oder lieber Handschuhe anzieht, bleibt abzuwarten.
Am Abend will Kickl seinen Parteigremien die Aufnahme von Verhandlungen mit der Volkspartei empfehlen. Sollte das Verhandlungsangebot tatsächlich angenommen werden – was angesichts der bisherigen Schimpftiraden der ÖVP Richtung FPÖ einem Wunder gleichkäme – steht ein Treffen mit dem neuen ÖVP-Chef Christian Stocker auf dem Programm. Ein Mann, der Kickl einst mit solch liebevollen Worten wie „rechtsextrem“ bedacht hat. Klingt nach einem harmonischen Start.
„Ehrliche“ Regierung – oder auch nicht
Kickls erklärte Mission: die Bildung einer „ehrlichen“ Regierung mit der ÖVP. Man fragt sich unweigerlich, ob „ehrlich“ in diesem Kontext nicht eher als Euphemismus für „wir tun, was wir wollen“ zu verstehen ist. Für die Verhandlungen wolle man „im kleinen Rahmen“ klären, ob eine Koalition überhaupt machbar sei. Übersetzung: Man will erst mal schauen, ob die ÖVP wirklich so verzweifelt ist, wie es aussieht.
Von Gegner zu Partner? Eine „interessante Vergangenheit“
Kickl zeigte sich beinahe sentimental, als er die gemeinsame Historie mit dem designierten ÖVP-Chef Christian Stocker erwähnte. „Wir haben eine interessante gemeinsame Vergangenheit“, sagte er mit einem süffisanten Lächeln. Interessant ist wohl untertrieben, wenn man bedenkt, dass Stocker Kickl noch vor wenigen Wochen für absolut ungeeignet hielt, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Aber hey, politische Prinzipien sind in der österreichischen Innenpolitik ohnehin so stabil wie ein Kartenhaus im Wind
Kehrtwende der ÖVP: Von „niemals“ zu „naja, vielleicht doch“
Bis vor Kurzem hatte die ÖVP unter Ex-Chef Karl Nehammer eine Koalition mit einer FPÖ unter Kickl kategorisch ausgeschlossen. Stocker, der neue Hoffnungsträger der Volkspartei, sprach noch im Dezember davon, dass „niemand Kickl in diesem Haus will“. Doch siehe da: Am Sonntag kam die Kehrtwende. „Wenn wir zu Gesprächen eingeladen werden, dann nehmen wir die Einladung an“, erklärte Stocker. Klingt nach einem überzeugenden Plan – oder nach verzweifeltem Pragmatismus.
Die FPÖ: Bereit für den Machtkampf
Die FPÖ gibt sich indes betont siegessicher. „Wir sind gut vorbereitet“, verkündete der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek stolz. Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger zeigte sich „skeptisch, aber optimistisch“, während Vorarlbergs FPÖ-Landesobmann Christof Bitschi ein „positives Gefühl“ hat. Einig scheint man sich vor allem darüber zu sein, dass man notfalls auch mit Neuwahlen leben kann – schließlich zeigen die Umfragen ja rosige Aussichten. Es ist fast, als ob sie den Verhandlungsprozess nur als lästige Formalität betrachten.
Abgänge und Ausreden: Die ÖVP zerbröselt
Während Kickl seinen Siegeszug feiert, gibt es bei der ÖVP bereits prominente Abgänge. Außenminister Alexander Schallenberg hat offenbar keine Lust auf eine Regierung unter Kickl, ebenso wenig wie Integrationsministerin Susanne Raab, die sich auf eine neue Position bei einer Migrationsagentur bewirbt. Und auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler hat bereits angekündigt, nur noch bis zur Bildung der neuen Regierung durchzuhalten. Ob diese Personalflucht ein Zeichen für die Stabilität der möglichen Koalition ist, kann jeder selbst beurteilen.
Van der Bellen: Der Vermittler wider Willen
Selbst Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte sich sichtlich bemüht, dem Chaos eine positive Note zu verleihen. „Herr Kickl traut sich zu, tragfähige Lösungen zu finden“, erklärte er, ohne dabei ein Grinsen zu riskieren. Man könnte meinen, auch Van der Bellen sieht in der aktuellen Situation mehr Unterhaltung als ernsthafte Regierungsarbeit.
Fazit: Das Theater beginnt
Was auch immer aus diesen Verhandlungen wird, eines ist sicher: Die österreichische Innenpolitik bietet wieder einmal beste Unterhaltung. Ob Kickl und die ÖVP tatsächlich eine Regierung bilden oder ob die Gespräche im nächsten Eklat enden, bleibt spannend. In jedem Fall liefert Kickl schon jetzt genug Stoff für die nächste Polit-Satire – oder einen Polit-Krimi, je nach Perspektive.
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