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Klage gegen die Mercedes-Benz Group AG auf Unterlassung des Vertriebs von Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor abgewiesen

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Die 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart hat mit am 13. September 2022 verkündetem Urteil die Klage dreier Einzelpersonen gegen die Mercedes-Benz Group AG abgewiesen (17 O 789/21).

Gegenstand der Klage

Die Klage wurde von drei Klägern, jeweils „c/o Deutsche Umwelthilfe e.V.“ eingereicht. Die Kläger begehren mit der Klage, es der Mercedes-Benz Group AG zu untersagen, nach dem 31. Oktober 2030 Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor zu vertreiben, sofern diese bei ihrer Nutzung bestimmte Treibhausgase emittieren. Darüber hinaus soll die Mercedes-Benz Group AG es unterlassen, bis zu diesem Datum neue Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor zu vertreiben, die bei ihrer Nutzung in der Summe mehr als 516 Millionen Tonnen CO2 emittieren.

Die Klage geht davon aus, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,75 Grad Celsius voraussetze, dass ab dem 1. Januar 2020 in Zukunft weltweit maximal 511 Gigatonnen CO2 emittiert werden. Auf die BRD entfalle dabei ein Anteil von 4,19 Gigatonnen ab dem 1. Januar 2021. Dabei berufen sich die Kläger auf den Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung. Bei unverändertem Emissionsverhalten wäre dieses deutsche CO2-Budget nach dem Klägervortrag bereits im Jahr 2029 verbraucht.

Ausgehend davon, dass es verfassungsrechtlich unzulässig sei, mehr als das verbleibende CO2 Budget zu emittieren, führe ein durch die Beklagte verursachter schnellerer Verbrauch des CO2 Budgets zur Ergreifung staatlicher Maßnahmen in naher Zukunft, die wiederum die Grundrechte der Kläger beschränken würden.

Eine Aufzehrung des CO2 Budgets stelle eine Grundrechtsverletzung dar, die unabhängig von der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen rechtswidrig sei und nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten auch gegenüber Dritten (der Beklagten) geltend gemacht werden könne. Die Beklagte sei aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB analog zur Verhinderung von Grundrechtsverletzungen der Kläger verpflichtet, das weitere Inverkehrbringen von Pkw mit Verbrennungsmotoren nach dem 31. Oktober 2030 zu unterlassen.

Zugleich habe sie es zu unterlassen, bis dahin Personenkraftwagen in einer Zahl in Verkehr zu bringen, die in ihrer Summe das verbleibende CO2-Budget überschreiten. Andernfalls könne die Beklagte bis zum 31. Oktober 2030 ihre Produktion derart ansteigen lassen, dass das Ausstiegsdatum zur Einhaltung der naturwissenschaftlich gebotenen Klimaschutzziele zu spät käme.

Die Kläger beantragen hilfsweise, dem Europäischen Gerichtshof Vorlagefragen vorzulegen, die im Wesentlichen zum Ziel haben, die Vereinbarkeit

–               der Verordnung (EU) 2019/631 zur Festsetzung von CO2-Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen sowie

–               des Vertriebs Treibhausgas-emittierender Produkte nach 2045 durch Unternehmen, die kausal verantwortlich für große Emissionsvolumina seien,

mit der EU-Grundrechte-Charta zu klären.

Wesentliche Erwägungen der Kammer

Nach Auffassung der Kammer steht den Klägern kein Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Verbrennungsmotoren zu.

Nach den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen bedarf es insbesondere bei Handlungen, die nur mittelbare Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht Dritter haben, einer Abwägung zwischen den Rechten des potenziellen Verletzten und des Verletzers. Eine Interessenabwägung zwischen den Grundrechtspositionen setzt voraus, dass die sich für die Kläger aus dem zu untersagenden Verhalten der Beklagten ergebenden Folgen zumindest absehbar sind. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Darüber, ob und mit welchen Einschränkungen die Kläger bei einer Fortsetzung des Vertriebs von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren durch die Beklagte zu rechnen haben, lässt sich keine Aussage treffen. Es ist bereits nicht erkennbar, ob das CO2-Budget nicht trotz des anhaltenden Vertriebs von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch die Beklagte eingehalten wird. Die Auswirkungen des weiteren Vertriebs von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sind daher völlig ungewiss und erlauben keine Interessenabwägung zwischen den Rechten der Kläger und der Beklagten.

Die von den Klägern begehrte Rechtsfolge steht zudem im Widerspruch zu der verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit, die dem Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen für die Ausgestaltung des gesellschaftlichen Lebens und der Lebensbedingungen zuweist.

Der verfassungsrechtlich in Art. 20 a GG verankerte Grundsatz des Schutzes der Umwelt richtet sich primär an den Gesetzgeber. Dieser hat die Rahmenbedingungen vorzugeben, durch die eine weitere Klimaerwärmung verhindert werden soll. Art 20a GG belässt dem Gesetzgeber einen erheblichen Gestaltungsspielraum und es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, aus der offenen Formulierung des Art. 20a GG konkret quantifizierbare Grenzen der Klimaerwärmung und damit korrerspondierende Emissionsmengen oder Reduktionsvorgaben abzuleiten (BVerfG; Beschluss vom 18.01.2022, 1 BvR 1566/21).

Den Gerichten obliegt es lediglich, die geltenden Gesetze unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben anzuwenden. Damit nicht vereinbar ist, wenn die Gerichte im Rahmen einer Individualklage die dem Gesetzgeber vorbehaltenen Entscheidungen an sich ziehen.

Die Klage war daher abzuweisen, ohne dass es der hilfsweise beantragten und im Ermessen des erstinstanzlichen Gerichts stehenden Vorlage an den EuGH bedurfte.

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