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Klageerzwingungsanträge des Inspekteurs der Polizei des Landes Baden-Württemberg und einer Polizeibeamtin jeweils als unzulässig verworfen

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Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat den Klageerzwingungsantrag des Inspekteurs der Polizei des Landes Baden-Württemberg mit Beschluss vom 25. April 2023 (Aktenzeichen 4 Ws 95/23) und den Klageerzwingungsantrag einer Polizeibeamtin mit Beschluss vom 6. Juli 2023 (Aktenzeichen 4 Ws 160/23) jeweils als unzulässig verworfen, weil die strengen formalen Anforderungen an die Begründung eines Klageerzwingungsantrags jeweils nicht erfüllt sind. Die Beschlüsse des Senats sind nicht anfechtbar. Beide Klageerzwingungsanträge wurden im Zusammenhang mit einem zwischen den beiden am 16. November 2021 über Skype geführten und von der Polizeibeamtin aufgezeichneten Gespräch gestellt.

 

Die Entscheidungen des Senats

 

Ein Klageerzwingungsantrag muss nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO die Tatsachen angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen. Dazu gehört eine aus sich selbst heraus verständliche, in sich geschlossene, konkrete und substantiierte Sachdarstellung, die den Senat in die Lage versetzt, das mit dem Antrag verfolgte Begehren ohne Beiziehung der staatsanwaltlichen Ermittlungsakten und anderer Schriftstücke zu prüfen. Erforderlich ist, dass der Antragsteller den für strafbar erachteten Sachverhalt so darstellt, dass dieser – als wahr unterstellt – die Erhebung einer Anklage gegen den Beschuldigten rechtfertigen würde. Der in dem Klageerzwingungsantrag geschilderte Sachverhalt muss demnach alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Straftatbestandes enthalten.

 

Beide Klageerzwingungsanträge werden diesen formalen Anforderungen nicht gerecht.

 

Klageerzwingungsantrag des Inspekteurs der Polizei (Aktenzeichen 4 Ws 95/23)

 

Der Klageerzwingungsantrag des Inspekteurs der Polizei wegen des Vorwurfs der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes enthält keine in sich geschlossene, aus sich selbst heraus verständliche Darstellung des Sachverhalts. Dem Antrag lässt sich nicht entnehmen, ob der Antragsteller rechtzeitig einen schriftlichen Strafantrag gestellt hat und die der Polizeibeamtin vorgeworfene Handlung als Antragsdelikt damit überhaupt verfolgbar ist. Soweit der Antragsteller der Polizeibeamtin vorwirft, die Tat als Amtsträgerin begangen zu haben und insoweit ein Strafantrag nicht erforderlich wäre, verhält sich die Antragsbegründung nicht dazu, in welchem für eine Strafbarkeit erforderlichen Zusammenhang die Amtsträgereigenschaft der Polizeibeamtin mit der Tathandlung steht. Ausreichende Ausführungen dazu, ob bei Aufnahme des Gesprächs ein für die Strafbarkeit erforderliches unbefugtes Handeln vorlag, oder aber ein Rechtfertigungsgrund für die Aufzeichnung vorlag, enthält die Antragsschrift gleichfalls nicht.

 

Klageerzwingungsantrag der Polizeibeamtin (Aktenzeichen 4 Ws 160/23)

 

Hinsichtlich des erhobenen Vorwurfs der Bestechlichkeit ist die Antragstellerin nicht antragsbefugt. Zur Stellung eines Klageerzwingungsantrags berechtigt sind nur die durch die behauptete Straftat „Verletzten“ im Sinne des § 373b Abs. 1 StPO. Der Straftatbestand der Bestechlichkeit schützt jedoch keine unmittelbaren Individualinteressen, sondern das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes und damit nicht die Antragstellerin. Soweit der Vorwurf der versuchten sexuellen Nötigung und versuchten Nötigung erhoben wurde, fehlt es an einer in sich geschlossenen Darstellung des Sachverhalts aus der sich alle objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen ergeben. Eine Versuchsstrafbarkeit setzt voraus, dass zu der Tat unmittelbar angesetzt wurde. Dies lässt sich dem Klageerzwingungsantrag jedoch nicht entnehmen. Ohnehin handelt es sich bei dem Tatvorwurf der Nötigung um ein Privatklagedelikt, weshalb ein Klageerzwingungsverfahren insoweit auch deshalb ausgeschlossen ist.

 

Bisheriger Verfahrensgang

 

Auf die wechselseitigen Strafanzeigen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart beide hierauf eingeleiteten Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart gab sowohl der hiergegen gerichteten Beschwerde des Inspekteurs der Polizei als auch der Beschwerde der Polizeibeamtin mit Bescheiden vom
3. Februar 2023 und vom 17. März 2023 keine Folge. Die Beschwerdeführer haben hierauf am 8. März 2023 und 17. April 2023 beim Oberlandesgericht Stuttgart Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.

 

Hintergrund zum Klageerzwingungsverfahren

 

Ein Verletzter, der Strafanzeige erstattet hat, kann gegen die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Beschwerde zur Generalstaatsanwaltschaft einlegen. Gegen einen ablehnenden Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft steht ihm wiederum unter bestimmten formalen Voraussetzungen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum Oberlandesgericht zu. Lediglich im Falle eines zulässigen Antrags hat das Oberlandesgericht zu prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht, also eine Verurteilung des Beschuldigten wahrscheinlicher ist als ein Freispruch, mithin die Staatsanwaltschaft unter Verstoß gegen das Legalitätsprinzip das Verfahren eingestellt hat, anstatt die öffentliche Klage zu erheben. Ist der Klageerzwingungsantrag danach begründet, beschließt das Oberlandesgericht die Erhebung der Anklage.

 

 

 

Aktenzeichen

Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. April 2023:

4 Ws 95/23 Oberlandesgericht Stuttgart

22 Zs 1895/22 Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart

5 Js 15596/22 Staatsanwaltschaft Stuttgart

Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2023:

4 Ws 160/23 Oberlandesgericht Stuttgart

22 Zs 265/23 Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart

5 Js 118377/21 Staatsanwaltschaft Stuttgart

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