Frage: Frau Bontschev, im Koalitionsvertrag steht, dass Verträge am Telefon nur noch mit schriftlicher Bestätigung gültig sein sollen. Was heißt das für Verbraucher?
Kerstin Bontschev:
Das ist ein ganz wichtiger Schritt. Viele Menschen schließen am Telefon unbewusst Verträge ab – oft unter Druck. Wenn die neue Regel kommt, muss man nach dem Gespräch noch aktiv Ja sagen – schriftlich oder per E-Mail. Erst dann gilt der Vertrag.
Das schützt besonders ältere Menschen oder Leute, die schnell überrumpelt werden.
Frage: Herr Reime, die Regierung will die Regeln für Finanzberatung prüfen. Was steckt dahinter?
Jens Reime:
Viele Anleger bekommen Empfehlungen, die nicht neutral sind, weil Berater Provisionen von Anbietern bekommen.
Wenn die Kontrolle durch die Finanzaufsicht BaFin besser wird, kann das bedeuten: Berater müssen ehrlicher sagen, wie sie bezahlt werden und ob sie wirklich das Beste für den Kunden empfehlen.
Das kann Vertrauen schaffen – und schützt gerade Kleinanleger vor Fehlentscheidungen.
Frage: Herr Blazek, die Regierung will Inkasso-Firmen genauer prüfen. Warum ist das wichtig?
Daniel Blazek:
Weil leider viele Menschen mit unberechtigten Zahlungsaufforderungen unter Druck gesetzt werden. Manchmal geht es um angebliche Verträge, die es nie gegeben hat.
Wenn die Regeln strenger werden, könnten unseriöse Firmen weniger Druck auf Verbraucher ausüben. Wichtig ist: Klarere Informationen und faire Kosten.
Und: Betroffene sollten sich trauen, rechtlich dagegen vorzugehen – am besten mit Hilfe eines Anwalts oder der Verbraucherzentrale.
Frage: Frau Bontschev, im Vertrag steht auch etwas zu Online-Verträgen und „by design“-Schutz. Was ist das?
Kerstin Bontschev:
Das bedeutet, dass Webseiten und Apps so gestaltet sein sollen, dass man nicht aus Versehen in eine Kostenfalle tappt. Zum Beispiel: Keine versteckten Haken bei „Jetzt kaufen“.
Oder: Kein automatisches Abo, wenn man ein Gratis-Angebot nutzt.
Das ist ein wichtiger Schutz – besonders für jüngere Menschen oder technisch Unerfahrene.
Frage: Herr Reime, was bedeutet das alles für Anleger von Kryptowährungen?
Jens Reime:
Die Regierung will prüfen, ob mehr Regeln nötig sind, um Menschen zu schützen, die in Bitcoin & Co. investieren. Heute gibt es viele Plattformen ohne richtige Kontrolle.
Wenn sich das ändert, wird es für unseriöse Anbieter schwerer. Das wäre gut – aber:
Man sollte trotzdem nur mit Geld investieren, das man zur Not verlieren kann.
Frage: Herr Blazek, wie bewerten Sie die Pläne insgesamt?
Daniel Blazek:
Die Pläne gehen in die richtige Richtung. Verbraucher werden stärker geschützt,
Anleger bekommen mehr Klarheit,
und auch unseriöse Geschäftsmodelle werden schwieriger umzusetzen.
Aber: Gesetze alleine reichen nicht.
Die Menschen müssen ihre Rechte kennen – und sie auch einfordern.
Frage: Abschließend: Was raten Sie den Bürgerinnen und Bürgern?
Kerstin Bontschev:
Lesen Sie genau, bevor Sie etwas unterschreiben – egal ob online, per Telefon oder auf Papier.
Jens Reime:
Fragen Sie nach, wie Berater bezahlt werden – und holen Sie sich im Zweifel eine zweite Meinung ein.
Daniel Blazek:
Wenn etwas komisch wirkt: Holen Sie sich Hilfe. Verbraucherzentralen und Anwälte unterstützen Sie – oft günstiger, als man denkt.
Fazit des Interviews:
Der Koalitionsvertrag bringt viele gute Ideen für mehr Schutz und Klarheit. Jetzt muss es darauf ankommen, dass die Regeln wirklich umgesetzt werden – und dass alle wissen, wie sie sich wehren können, wenn etwas schiefläuft.
Der undifferenzierte, oft pauschale und falsche Umgang mit dem Thema Inkasso ist auf lange Sicht für die Betroffenen wenig hilfreich. Wenn, wie jüngst von der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern, sogar leicht nachweislich falsche Vorwürfe gegen Inkasso-Unternehmen erhoben werden und aufgefordert wird, Schreiben in dieser Sache einfach zu ignorieren, ist das in den meisten Fällen ein Bärendienst. Denn dann steht als nächstes möglicherweise der Gerichtsvollzieher vor der Tür und der Schufa-Eintrag ist gemacht. Kurz und gut: Es kann nicht im Sinne der Verbraucher und des Verbraucherschutzes sein, permanent alles, was mit Inkasso zu tun hat, unter Betrugsverdacht zu stellen. Das einzige, das sinnvoll und nachweislich hilft, wenn man überschuldet ist, ist die aktive Auseinandersetzung mit der Situation. Und das macht man am besten im Dialog mit den Inkasso-Unternehmen und gern auch mit Hilfe von guten Schuldnerberatern.