Die Rechts- und Steuerberatung ist ein riskantes Geschäft, weil die Haftung immer weiter ausgebaut wird. Aktuell wird ein Urteil des Bundesgerichtshofs bekannt, dass ungeahnte Folgen haben könnte. Laut Creditreform gehen jedes Jahr ca. 20.000 Firmen in die Insolvenz. Alle diese Unternehmen haben in der Regel einen Steuerberater, der auch beauftragt war den Jahresabschluss zu erstellen. Insolvenzverwalter, die regelmäßig vom den zuständigen Amtsgericht eingesetzt werden, haben es jetzt leichter, weil sie die ehemaligen Steuerberater verklagen können auf Schadenersatz. Das ist auch ökonomisch sinnvoll, weil der Steuerberater regelmäßig für Versagen im Beruf versichert ist.
Worum geht es bei der Haftung der Steuerberater? Ein Beispiel aus dem Eierhandel.
Jemand handelt auf dem Dorf mit Eier und verkauft die in der nächsten Kleinstadt, in dem er einmal in der Woche mit dem Pferdewagen hinfährt. Dazu gründet er – na ja – eine Aktiengesellschaft. Die Eierhandels AG und läuft von Nachbar zu Nachbar auf dem Dorf und kauft die Hühnereier. Es kommt zum Jahreswechsel 2018. Die Aktiengesellschaft hat 1.000 Eier im Lager. Das ist immer ungefähr die Menge, die im Lager liegt.
Die Chefs von Kapitalgesellschaften wie GmbHs oder Aktiengesellschaften sind verpflichtet, einmal jährlich einen Jahresabschluss aufzustellen. Nach dem Handelsgesetzbuch müssen im Eierhandel also brav alle Eier gezählt und bewertet werden. Ziel ist ein ehrliches Bild der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens. Geht es einem Unternehmen schlecht, hat das Auswirkungen auf Bewertungen. Im Eierhandel kann man also jedes Ei mit 20 Cent bewerten. Falls aber das Rücklagen nicht ausreichen um genügend Pferdefutter zu kaufen und den Tierarzt zu bezahlen, kann man schon zu Sylvester 2018 ahnen, dass die Eier ab Mitte Januar nicht mehr mittels Pferdewagen in die nächste Kleinstadt transportiert werden können. Dann vergammeln die Eier aber und sich nur noch Müll. Der Eierhändler erklärt jetzt den Hühner auf dem Marktplatz: Jeder weiß ja, dass bei der Bewertung von Vermögensbestandteilen wie Eiern grundsätzlich von der Fortführung des Unternehmens auszugehen (Going-Concern-Prinzip) – dies jedoch nur, solange dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen (Pferd kann nicht mehr den Pferdewagen zur Kleinstadt fahren, weil keine Reserven für Futter und Tierarzt vorhanden sind). Eine ungenügende Eigenkapitalausstattung führt also dazu, dass man die Eier anders bewerten muss, bekanntlich zu Schleuderpreisen, da sie bald vergammeln werden.
Der Steuerberater haftet für die verspätete Insolvenz
Das Zählen der Eier überfordert den Eierhändler, er hat daher ein Steuerberater beauftragt. Zwar muss der Eierhändler die Insolvenz anmelden, der Steuerberater muss ihn aber umfassend warnen. (BGH, 26. 1. 2017 – IX ZR 285/14). Notfalls muss er die Arbeit verweigert, denn er haftet, wenn er den Jahresabschluss trotz Zweifel an der Fortführungsvermutung unreflektiert zu Going-Concern-Ansätzen erstellt und einfach die Eier mit 20 Cent bewertet. Kommt es deshalb nicht zur rechtzeitigen Insolvenzeröffnung, haftet er unter Umständen gegenüber dem Insolvenzverwalter für den daraus resultierenden Schaden. Der Insolvenzverwalter kann daher dann gleich den Steuerberater in die Haftung nehmen, wenn z.B. das Pferd durch eine verspätete Insolvenz eingeht und nicht mehr verkauft werden kann.
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