Kritische Analyse der Vivior AG (Zug) Jahresbilanz 2022 aus Anlegersicht

Published On: Mittwoch, 25.09.2024By Tags: , , ,

Der Jahresbericht der Vivior AG für das Geschäftsjahr 2022 offenbart eine Reihe von finanziellen Herausforderungen, die für potenzielle und bestehende Anleger von besonderer Bedeutung sind. In der folgenden Analyse werden die wichtigsten finanziellen Kennzahlen der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung sowie des Unternehmenskontexts betrachtet, um die finanzielle Stabilität und Zukunftsaussichten der Vivior AG kritisch zu beleuchten.


1. Liquidität und Umlaufvermögen

  • Flüssige Mittel: Die flüssigen Mittel der Vivior AG haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt und belaufen sich nun auf 216’491 CHF (2021: 88’349 CHF). Dies deutet auf eine Verbesserung der kurzfristigen Liquidität hin, was positiv ist. Allerdings bleibt der absolute Betrag relativ gering, insbesondere im Hinblick auf das Gesamtvolumen der Verbindlichkeiten.
  • Forderungen: Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen haben sich ebenfalls signifikant von 34’855 CHF auf 76’255 CHF erhöht, was darauf hindeutet, dass das Unternehmen möglicherweise Schwierigkeiten hat, Zahlungen von Kunden rechtzeitig einzufordern. Dies könnte zukünftig zu Liquiditätsengpässen führen, falls Forderungen nicht realisiert werden können.
  • Vorräte: Die Vorräte sind leicht von 155’513 CHF auf 125’104 CHF gesunken, was auf eine Verbesserung des Lagerbestandsmanagements hinweisen könnte. Jedoch kann dies auch ein Indiz dafür sein, dass die Produktions- oder Verkaufsvolumina möglicherweise nicht wie geplant realisiert wurden.
  • Gesamtbild: Trotz einer Verbesserung der flüssigen Mittel bleibt die Gesamtliquidität relativ schwach. Da die kurzfristigen Verbindlichkeiten relativ hoch sind, könnte das Unternehmen unter Druck stehen, wenn Forderungen ausbleiben oder unerwartete Kosten auftreten.

2. Verschuldung und Fremdkapital

  • Kurzfristige Verbindlichkeiten: Das kurzfristige Fremdkapital hat sich nur leicht erhöht (von 185’042 CHF auf 200’167 CHF), wobei die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sogar von 91’739 CHF auf 35’756 CHF gesunken sind. Dies ist positiv, da es auf eine Reduktion der kurzfristigen Schulden hindeutet. Allerdings zeigt der Anstieg der passiven Rechnungsabgrenzung (von 93’303 CHF auf 164’411 CHF), dass möglicherweise zusätzliche Verpflichtungen auf das Unternehmen zukommen.
  • Langfristige Verbindlichkeiten: Die langfristigen Verbindlichkeiten sind von 125’390 CHF auf 278’050 CHF gestiegen, was eine deutliche Erhöhung der Verschuldung bedeutet. Besonders besorgniserregend ist der starke Anstieg der Darlehen, die von 50’000 CHF auf 175’735 CHF gestiegen sind. Dies zeigt, dass die Vivior AG auf Fremdkapital angewiesen ist, um ihre Geschäftstätigkeiten aufrechtzuerhalten. Eine zunehmende Verschuldung birgt immer das Risiko von Liquiditätsproblemen, insbesondere wenn Zins- und Tilgungszahlungen fällig werden.

3. Eigenkapital und Verluste

  • Eigenkapital: Trotz einer Erhöhung des Aktienkapitals von 335’669 CHF auf 495’669 CHF und einer Aufstockung der Kapitaleinlagen auf 6’781’935 CHF, bleibt das Eigenkapital nahezu unverändert und beläuft sich auf 2’294’023 CHF (2021: 2’336’193 CHF). Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Verlustvortrag und die laufenden Verluste das Eigenkapital weitgehend aufzehren.
  • Verlustvortrag: Besonders kritisch ist der Verlustvortrag, der sich auf 4’983’581 CHF erhöht hat. Dieser kumulierte Verlust stellt eine erhebliche Belastung dar, da er das Eigenkapital weiter erodiert. Das Unternehmen scheint nicht in der Lage zu sein, ausreichend Gewinne zu erzielen, um diese Verluste kurzfristig auszugleichen. Für Anleger ist dies ein starkes Warnsignal, da dies auf eine anhaltende Unprofitabilität hinweist.

4. Ertragslage

  • Nettoerlös: Der Nettoerlös ist im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken und beträgt 198’595 CHF (2021: 230’171 CHF). Dieser Rückgang in den Einnahmen ist ein Zeichen dafür, dass das Unternehmen Schwierigkeiten hat, seine Umsätze zu steigern, was für die langfristige Entwicklung problematisch ist.
  • Bruttogewinn und Kostenstruktur: Der Bruttogewinn hat sich zwar verbessert (von 150’604 CHF auf 165’011 CHF), aber das Unternehmen bleibt operativ unprofitabel. Der Personalaufwand wurde im Vergleich zum Vorjahr signifikant reduziert (von 654’455 CHF auf 442’519 CHF), was positiv ist, aber die Einsparungen konnten den Nettoverlust nicht vollständig ausgleichen.
  • Verlust: Das Unternehmen verzeichnet einen Jahresverlust von 488’254 CHF, was im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Rückschritt darstellt, da im Vorjahr ein Gewinn von 843’823 CHF erzielt wurde. Diese Kehrtwende ist für Anleger besonders besorgniserregend, da sie darauf hindeutet, dass das Unternehmen strukturelle oder marktbedingte Probleme hat, die es nicht kurzfristig lösen kann.

5. Immaterielle Vermögenswerte

  • Hohe immaterielle Vermögenswerte: Die Vivior AG weist 2’502’187 CHF an immateriellen Vermögenswerten aus, die einen signifikanten Anteil des Anlagevermögens ausmachen. Dies könnte Patente oder Markenrechte umfassen, wie im Anhang angegeben. Allerdings sind immaterielle Vermögenswerte oft schwer zu bewerten und können ein Risiko darstellen, falls diese nicht in reale Erträge umgewandelt werden können. Anleger sollten dies kritisch hinterfragen, da der tatsächliche Wert dieser Vermögenswerte im Falle einer Krise möglicherweise nicht realisierbar ist.

6. Personalaufwand und Stock Option Plan

  • Stock Option Plan: Der Personalaufwand enthält einen Stock Option Plan, der sich in einer Anpassung von -130’257 CHF niederschlägt. Dies deutet darauf hin, dass Optionen für Mitarbeiter oder Führungskräfte entweder verfallen oder in ihrem Wert gesunken sind. Dies könnte ein Zeichen für ein mangelndes Vertrauen des Managements in die zukünftige Wertentwicklung des Unternehmens sein.

7. Gesamteinschätzung und Risiken

  • Finanzielle Stabilität: Aus Anlegersicht gibt es erhebliche Bedenken hinsichtlich der finanziellen Stabilität der Vivior AG. Die Erhöhung der Verschuldung und die anhaltenden Verluste, gepaart mit einem stagnierenden Eigenkapital, lassen Zweifel an der langfristigen Überlebensfähigkeit des Unternehmens aufkommen.
  • Abhängigkeit von Fremdkapital: Das Unternehmen hat seine Fremdkapitalaufnahme deutlich erhöht, was es anfällig für Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen macht. Sollte das Unternehmen nicht in der Lage sein, seine Umsätze zu steigern oder weitere Investoren zu gewinnen, könnte es zu Liquiditätsengpässen kommen.
  • Risikofaktor Verluste: Die hohen kumulierten Verluste und der Rückgang der Einnahmen sind alarmierende Anzeichen. Sollte das Unternehmen seine Ertragslage nicht schnell verbessern, besteht das Risiko, dass es Schwierigkeiten haben wird, seine Verbindlichkeiten zu bedienen oder weitere Finanzierungsrunden erfolgreich abzuschließen.

Fazit aus Anlegersicht

Die Vivior AG befindet sich in einer schwierigen finanziellen Situation. Trotz einer Verbesserung der flüssigen Mittel und einer Reduktion des kurzfristigen Fremdkapitals bleibt das Unternehmen durch seine hohen Verluste und die zunehmende Verschuldung gefährdet. Für Anleger ist dies ein risikoreiches Investment, da das Unternehmen möglicherweise weitere Kapitalerhöhungen oder Fremdfinanzierungen benötigt, um die Geschäftstätigkeit aufrechtzuerhalten. Anleger sollten genau abwägen, ob sie bereit sind, das hohe Risiko einer Beteiligung an einem Unternehmen mit einer derart angespannten finanziellen Lage einzugehen.

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