Interviewer: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mit uns über das Angebot von FondsClever.de zu sprechen. Auf den ersten Blick scheint das Konzept eines „Fondsdiscounters“ mit 100 % Rabatt auf den Ausgabeaufschlag eine verlockende Option für Anleger zu sein. Wie bewerten Sie dieses Modell aus rechtlicher und finanzieller Sicht?
Rechtsanwalt Jens Reime: Grundsätzlich ist das Modell von FondsClever.de, auf den Ausgabeaufschlag zu verzichten, durchaus attraktiv, vor allem für Kleinanleger, die Kosten sparen wollen. Der Ausgabeaufschlag kann je nach Fonds zwischen 3 % und 5 % betragen, und dieser Rabatt bietet zunächst eine signifikante Ersparnis. Aber wie Sie bereits in Ihrer Analyse erwähnt haben, ist der Ausgabeaufschlag nur ein Teil der anfallenden Kosten. Laufende Verwaltungskosten, Depotgebühren und andere Gebühren können weiterhin die Rendite beeinflussen und sollten bei der Entscheidung, in einen Fonds zu investieren, nicht unterschätzt werden.
Interviewer: In der Tat, FondsClever.de wirbt damit, dass die Depotführung ab einem Bestandsvolumen von 25.000 Euro kostenfrei ist. Wie sehen Sie diesen Aspekt?
Reime: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Während die kostenfreie Depotführung für Anleger mit einem hohen Depotvolumen attraktiv ist, müssen sich Kleinanleger, die diese Grenze nicht erreichen, bewusst sein, dass sie weiterhin Depotgebühren zahlen müssen. Diese Gebühren können die potenziellen Einsparungen durch den entfallenen Ausgabeaufschlag schnell aufwiegen, insbesondere wenn das Portfolio kleiner ist. Es ist also wichtig, dass Anleger genau prüfen, welche Gesamtkosten tatsächlich anfallen.
Interviewer: Ein weiterer Punkt ist, dass FondsClever.de ausdrücklich keine Anlageberatung bietet und das Geschäft als „execution only“ deklariert. Welche Risiken sehen Sie hier für unerfahrene Anleger?
Reime: Das Fehlen einer Anlageberatung ist in der Tat ein kritischer Punkt. „Execution only“ bedeutet, dass der Anleger die Verantwortung für seine Entscheidungen komplett selbst trägt, ohne Beratung oder Empfehlungen des Anbieters. Das kann für unerfahrene Anleger problematisch sein, da sie möglicherweise nicht über ausreichendes Wissen verfügen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Es besteht die Gefahr, dass sie in Fonds investieren, die nicht zu ihrer Risikobereitschaft oder ihren finanziellen Zielen passen, was zu suboptimalen Ergebnissen oder sogar Verlusten führen kann.
Interviewer: FondsClever.de verweist auf externe Ratings, beispielsweise von Stiftung Warentest, um die Qualität der Fonds zu unterstreichen. Wie verlässlich sind solche Ratings aus Ihrer Sicht?
Reime: Ratings wie die von Stiftung Warentest oder anderen externen Bewertungsinstituten können eine nützliche Orientierungshilfe sein, aber sie sollten nie die alleinige Grundlage für eine Investitionsentscheidung bilden. Es handelt sich dabei um eine Momentaufnahme, die auf historischen Daten basiert. Die Vergangenheit ist jedoch keine Garantie für zukünftige Entwicklungen. Marktbedingungen können sich ändern, und ein Fonds, der in der Vergangenheit gut abgeschnitten hat, könnte in der Zukunft schlechter abschneiden. Anleger sollten immer auch andere Informationsquellen heranziehen und sich selbst intensiv mit den Fonds beschäftigen, in die sie investieren möchten.
Interviewer: FondsClever.de nutzt auch das FWW FundStars®-Rating. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass dieses Rating ausschließlich auf Vergangenheitsdaten basiert und keine Voraussage über zukünftige Entwicklungen trifft. Ist das ein typisches Risiko bei der Bewertung von Fonds?
Reime: Absolut. Das FWW FundStars®-Rating ist ein klassisches Beispiel für eine Bewertung, die auf historischen Daten basiert. Natürlich ist es verständlich, dass solche Ratings verwendet werden, um Transparenz zu schaffen und die Performance der Fonds zu bewerten. Aber Anleger müssen immer im Hinterkopf behalten, dass solche Bewertungen nicht die zukünftige Performance garantieren. Die Finanzmärkte sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig – geopolitische Ereignisse, wirtschaftliche Veränderungen, Zinspolitik – all das kann die Performance eines Fonds beeinflussen. Diese Unsicherheiten sind typisch für den Investmentbereich, weshalb eine gründliche, eigene Prüfung immer notwendig ist.
Interviewer: Neben der Kosten- und Risikotransparenz, die FondsClever.de bietet, wird auch die langfristige Anlagestrategie betont. Wie bewerten Sie den Ansatz des „passiven“ Investierens, das hier vermittelt wird?
Reime: Langfristiges, passives Investieren ist grundsätzlich ein solider Ansatz, insbesondere für Anleger, die nicht ständig den Markt beobachten wollen oder können. Es ist ein bewährtes Modell, um von der langfristigen Wertentwicklung zu profitieren. Allerdings sollten Anleger immer ihre individuellen finanziellen Ziele und ihre Risikobereitschaft im Blick behalten. Wer kurzfristige Gewinne anstrebt oder häufiger umschichten möchte, für den ist dieser Ansatz möglicherweise nicht optimal. Es geht immer darum, dass die gewählte Anlagestrategie zur persönlichen Situation des Anlegers passt.
Interviewer: Gibt es aus rechtlicher Sicht besondere Fallstricke oder Dinge, auf die Anleger bei Plattformen wie FondsClever.de besonders achten sollten?
Reime: Ein Punkt, auf den Anleger immer achten sollten, ist die genaue Prüfung der Vertragsbedingungen und die Transparenz der Gebührenstruktur. Es kann sein, dass in den AGB versteckte Kosten oder Bedingungen enthalten sind, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Außerdem sollte man sich bewusst sein, dass bei Plattformen ohne Anlageberatung die volle Verantwortung für Fehlentscheidungen beim Anleger liegt. Wer sich unsicher ist oder wenig Erfahrung im Fondsinvestment hat, sollte sich ggf. rechtzeitig unabhängigen Rat einholen, bevor er größere Summen investiert.
Interviewer: Abschließend, was würden Sie Anlegern raten, die überlegen, das Angebot von FondsClever.de zu nutzen?
Reime: Mein Rat wäre, sich vor der Investition ausreichend Zeit zu nehmen, um die eigenen Anlageziele und die verfügbaren Fonds gründlich zu analysieren. FondsClever.de bietet attraktive Konditionen, aber die Ersparnis beim Ausgabeaufschlag ist nur ein Teil der Gesamtrechnung. Anleger sollten die laufenden Kosten, das Depotvolumen und mögliche Risiken immer im Blick haben. Und gerade wenn keine Anlageberatung angeboten wird, sollten sich Anleger darüber im Klaren sein, dass sie für ihre Entscheidungen selbst verantwortlich sind. Ein fundiertes Verständnis der Fonds und der eigenen finanziellen Situation ist in jedem Fall essentiell.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Zeit und die ausführlichen Erläuterungen!
Reime: Sehr gerne!
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