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Kritische Analyse des Jahresabschlusses und Lageberichts der Raiffeisenwindpark Lahn IV GmbH & Co. KG aus Anlegersicht

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Eine kritische Analyse des Jahresabschlusses und Lageberichts der Raiffeisenwindpark Lahn IV GmbH & Co. KG aus Anlegersicht sollte die wesentlichen Aspekte betrachten, die ein potenzieller Investor berücksichtigen müsste. Dabei spielen finanzielle Kennzahlen, Risikofaktoren und langfristige Chancen eine wichtige Rolle. Hier ist eine strukturierte Analyse:
1. Positive Aspekte (Chancen):
1.1 Branchenumfeld

Die Windenergiebranche profitiert von einem politischen und regulatorischen Umfeld, das den Ausbau erneuerbarer Energien durch das EEG 2023 fördert.
Im Jahr 2023 konnte die Gesellschaft feste EEG-Zuschläge für die Vergütung des erzeugten Stroms sichern. Dies garantiert stabile Einnahmen über die nächsten Jahre und reduziert die Abhängigkeit von Marktschwankungen.
Der Nettozubau an Windenergieanlagen in Deutschland (3.033 MW) zeigt eine zunehmende Dynamik im Markt, was positiv für die Branche ist.

1.2 Umsatz und Ertragslage

Erste Umsatzerlöse aus der Stromproduktion in Höhe von 615.631 Euro trotz der unterjährigen Inbetriebnahme der Anlagen zeigen eine solide Grundlage.
Der Jahresüberschuss von 180.618 Euro ist positiv, da ein leicht negatives Ergebnis erwartet wurde. Dies ist ein gutes Zeichen, besonders in der Startphase des Projekts.

1.3 Finanzierungsstruktur

Die Darlehen für den Bau der Windenergieanlagen haben eine langfristige Laufzeit (15 Jahre), und die Zinssätze sind über die gesamte Laufzeit festgeschrieben. Dies schützt vor Zinsschwankungen und sichert die Finanzierung.
Der Anstieg des Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit auf 808.000 Euro zeigt, dass die operative Tätigkeit bereits Einnahmen generiert.

1.4 Sicherheit durch Versicherungen

Wichtige Betriebsrisiken sind durch Maschinenversicherungen, Betriebsunterbrechungsversicherungen und Haftpflichtversicherungen abgesichert. Dies bietet eine gewisse Risikominderung für Investoren.

2. Negative Aspekte (Risiken):
2.1 Produktionsziele verfehlt

Die Stromproduktion lag mit 8.124.952 kWh unter der geplanten Menge von 9.394.076 kWh. Die Abweichung wurde mit einer verzögerten Inbetriebnahme erklärt, jedoch bleibt fraglich, ob das geplante Produktionsniveau in künftigen Jahren erreicht wird, insbesondere bei schwankendem Windaufkommen.

2.2 Abhängigkeit von gesetzlichen Rahmenbedingungen

Obwohl das EEG 2023 stabile Rahmenbedingungen bietet, bestehen signifikante regulatorische Risiken. Künftige Änderungen im EEG könnten sich negativ auf die Vergütung des erzeugten Stroms auswirken.
Besonders die Vier-Stunden-Regelung (§ 51 EEG 2023) ist kritisch. Sie führt dazu, dass keine Marktprämien gezahlt werden, wenn der Strompreis an mindestens vier aufeinanderfolgenden Stunden negativ ist. Im Jahr 2023 war dies bereits 260 Stunden der Fall – ein starker Anstieg im Vergleich zu den 59 Stunden im Jahr 2022. Dieser Trend könnte sich fortsetzen und die Erlöse der Gesellschaft beeinträchtigen.

2.3 Finanzielle Verschuldung

Die hohe Fremdkapitalquote fällt auf: Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten belaufen sich auf 12,036 Mio. Euro und machen nahezu die gesamte Passivseite der Bilanz aus. Gleichzeitig beträgt das Eigenkapital nur 175.005 Euro, was zu einer äußerst niedrigen Eigenkapitalquote führt.
Bewertung: Eine hohe Verschuldung kann problematisch werden, falls es zu Verzögerungen bei den Einnahmen oder unvorhergesehenen Kostensteigerungen kommt. Dies birgt ein hohes Insolvenzrisiko, da die Rückzahlungsfähigkeit bei Zahlungsausfällen schnell gefährdet wäre.

2.4 Steigende Betriebskosten

Risiken bestehen durch unerwartete Kostensteigerungen, insbesondere im Bereich der Instandhaltung oder durch potenzielle behördliche Auflagen (z. B. Nachrüstung technischer Änderungen).
Die Pachtaufwendungen und sonstige Betriebskosten machen bereits jetzt einen relevanten Teil der Ausgaben aus. Steigende Kosten könnten die Rentabilität schmälern.

2.5 Unsicherheiten durch Windaufkommen

Der wirtschaftliche Erfolg hängt maßgeblich vom Windaufkommen am Standort ab. Sollte dieses unter den prognostizierten Werten liegen, drohen geringere Einnahmen. Der Lagebericht weist darauf hin, dass der Ertrag standortabhängig schwanken kann.

2.6 Marktpreisrisiken

Zwar sind Teile der Stromproduktion vertraglich fixiert, jedoch bleibt ein Teil der Einnahmen volatil und hängt von der Strompreisentwicklung ab. Sollten die Preise langfristig auf einem niedrigen Niveau verharren, würde dies die Ertragslage negativ beeinflussen.

3. Finanzkennzahlen – Bewertung aus Anlegersicht
3.1 Umsatzrentabilität

Die Gesellschaft weist eine Umsatzrentabilität von 29,4 % auf. Das ist für ein neues Projekt grundsätzlich positiv, jedoch sind die absoluten Zahlen (z. B. Jahresüberschuss von 180.618 Euro) noch niedrig.

3.2 Eigenkapitalquote

Die Eigenkapitalquote liegt bei ca. 1,38 % (Eigenkapital: 175.005 Euro; Bilanzsumme: 12,64 Mio. Euro). Diese ist extrem niedrig und zeigt eine hohe Abhängigkeit von Fremdfinanzierung.
Kritikpunkt: Eine so geringe Eigenkapitalausstattung stellt ein hohes Risiko dar, besonders in einem Projekt mit langen Amortisationszeiten und volatilen Einnahmen.

3.3 Verschuldungsgrad

Der Verschuldungsgrad (Fremdkapital / Eigenkapital) ist mit ca. 70:1 äußerst hoch. Dies ist für Investoren besorgniserregend, da es auf eine geringe finanzielle Stabilität hinweist.

4. Fazit aus Anlegersicht
Stärken:

Die Gesellschaft ist Teil einer wachsenden Branche mit stabilen gesetzlichen Rahmenbedingungen (EEG 2023).
Erste Einnahmen zeigen, dass der Betrieb der Windenergieanlagen grundsätzlich funktioniert. Die langfristige Planung sieht positive Ergebnisse vor, und die Umsatzrentabilität ist vielversprechend.
Die langfristige Fixierung von Darlehenszinsen bietet Sicherheit vor steigenden Zinsen.

Schwächen:

Die hohe Verschuldung und die extrem niedrige Eigenkapitalquote sind wesentliche Risiken. Ein unerwarteter Einnahmeausfall oder Kostenanstieg könnte die Zahlungsfähigkeit gefährden.
Die Abhängigkeit von Windaufkommen, negativen Strompreisen (Vier-Stunden-Regel) und künftigen Änderungen des EEG birgt erhebliche Unsicherheiten.
Die im ersten Jahr verfehlte Stromproduktion weckt Fragen, ob die Standortprognosen und die Ertragserwartungen realistisch sind.

Empfehlung:

Für risikoaverse Anleger: Aufgrund der hohen Verschuldung, der Abhängigkeit von variablen Faktoren wie Windaufkommen und Strompreisen sowie der langen Amortisationszeit ist dieses Investment eher für risikobereite Anleger geeignet.
Für langfristig orientierte Anleger: Das Projekt könnte bei stabilen Rahmenbedingungen und gutem Windaufkommen langfristig Rendite liefern, birgt jedoch relevante Risiken, insbesondere durch die hohe Fremdkapitalquote und unvorhersehbare Marktpreisschwankungen.

Ein Engagement sollte daher gut überlegt und möglicherweise durch weitere unabhängige Gutachten zur Standortqualität und Wirtschaftlichkeit abgesichert werden.

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