Der Jahresabschluss der Raiffeisenwindpark Lahn IV GmbH & Co. KG für das Geschäftsjahr 2023 bietet Einblicke in die finanzielle Lage des Unternehmens und lässt positive Entwicklungen erkennen, die jedoch mit erheblichen Risiken verbunden sind. Die Analyse umfasst die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie die zugehörigen Risiken und Chancen aus Sicht von Anlegern.
1. Vermögenslage:
Die Bilanzsumme beläuft sich zum 31. Dezember 2023 auf 12,64 Mio. EUR, was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (5,93 Mio. EUR) darstellt. Dieser Anstieg ist auf die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Windenergieanlagen zurückzuführen.
Anlagevermögen:
Das Sachanlagevermögen macht 96,6 % der Bilanzsumme aus (12,2 Mio. EUR). Der Großteil entfällt auf die zwei Windenergieanlagen, die im Laufe des Jahres in Betrieb genommen wurden. Diese hohe Konzentration im Anlagevermögen weist darauf hin, dass die Ertragskraft des Unternehmens stark von der Leistung dieser Anlagen abhängt.
Ein weiterer Punkt der Kritik ist, dass Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (151.597 EUR) und sonstige Vermögensgegenstände (191.093 EUR) nur einen geringen Teil des Umlaufvermögens ausmachen, was auf eine geringe Liquidität in kurzfristigen Vermögensgegenständen hinweist.
Umlaufvermögen und Liquidität:
Das Umlaufvermögen (insgesamt 342.690 EUR) bleibt im Vergleich zur Bilanzsumme marginal. Mit einem Kassenbestand von lediglich 93.418 EUR erscheint die Liquiditätssituation des Unternehmens eher angespannt. Sollte es zu unerwarteten Kosten kommen, könnte die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens unter Druck geraten.
2. Finanzlage:
Die Finanzlage wird als „geordnet“ beschrieben, allerdings ergibt sich ein gemischtes Bild, wenn man die finanzielle Struktur genauer betrachtet.
Verbindlichkeiten:
Auf der Passivseite werden hohe Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von 12,04 Mio. EUR ausgewiesen, was fast die gesamte Bilanzsumme ausmacht. Dies ist im Vergleich zu 2022 (5,93 Mio. EUR) ein erheblicher Anstieg. Diese Fremdfinanzierung wurde zur Errichtung der Windenergieanlagen genutzt, was die finanzielle Abhängigkeit von langfristigen Krediten deutlich erhöht.
Besonders auffällig ist, dass die langfristigen Verbindlichkeiten auf den Windenergieanlagen lasten. Die Finanzierung ist stark fremdkapitalbasiert, was in Verbindung mit der Abhängigkeit vom Erfolg der Windenergieprojekte ein beträchtliches Finanzrisiko birgt. Sollten die Ertragsprognosen nicht erreicht werden, könnte dies die Tilgung der Schulden gefährden und zu Liquiditätsengpässen führen.
3. Ertragslage:
Im Geschäftsjahr 2023 hat die Gesellschaft Stromerlöse von 615.631 EUR erwirtschaftet, was im Wesentlichen den ersten Betriebserträgen der Windenergieanlagen nach deren Inbetriebnahme ab August 2023 entspricht. Allerdings liegen diese Umsätze deutlich unter den im Beteiligungsprospekt erwarteten 751.000 EUR.
Verzögerte Inbetriebnahme:
Die verspätete Inbetriebnahme der Anlagen führte zu einer Unterschreitung der geplanten Stromproduktion. Statt der prognostizierten 9.394.076 kWh wurden nur 8.124.952 kWh erzeugt. Diese Diskrepanz könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Unternehmen mit unerwarteten technischen oder logistischen Herausforderungen zu kämpfen hatte. Da das Unternehmen seine Gewinne überwiegend aus der Energieproduktion erzielt, wirken sich solche Verzögerungen unmittelbar negativ auf die Ertragslage aus.
Aufwendungen:
Die Betriebsaufwendungen beliefen sich auf 169.918 EUR, und es wurden Abschreibungen in Höhe von 63.898 EUR vorgenommen. Zusätzlich fielen Zinsaufwendungen von 182.614 EUR an, was angesichts der hohen Fremdfinanzierung nicht überraschend ist, jedoch die Rentabilität des Unternehmens erheblich belastet.
Ergebnis:
Das Jahresergebnis beträgt 180.618 EUR, was angesichts der kurzen Betriebszeit der Windenergieanlagen im Jahr 2023 als positiv gewertet werden kann. Dennoch ist dieses Ergebnis stark von der zukünftigen Stromproduktion und den stabilen Betriebskosten abhängig. Der erwartete positive Ertrag für 2024 könnte durch Änderungen der politischen Rahmenbedingungen oder schwankende Strompreise beeinträchtigt werden.
4. Risiken und Chancen:
Risiken:
- Fremdkapitalrisiko: Das Unternehmen hat eine erhebliche Fremdfinanzierung aufgenommen. Dies bedeutet, dass die laufenden Kosten, insbesondere Zinszahlungen und Tilgungen, nur dann bedient werden können, wenn die Stromproduktion wie erwartet verläuft. Sollte es zu längeren Betriebsunterbrechungen oder unerwartet schlechten Windverhältnissen kommen, könnten die finanziellen Verpflichtungen schwer zu erfüllen sein.
- Politische Risiken: Die Windenergiebranche ist stark von der politischen Förderung abhängig. Obwohl das Unternehmen einen Zuschlag im EEG-Ausschreibungsverfahren erhalten hat, könnte eine zukünftige Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu einem Rückgang der Vergütung für den erzeugten Strom führen.
- Marktrisiken: Die Strompreisentwicklung ist ein weiterer Unsicherheitsfaktor. Während die Börsenstrompreise im Jahr 2023 gesunken sind, bleibt die weitere Entwicklung unsicher. Sollte der Strompreis langfristig niedrig bleiben, könnte dies die Erträge des Unternehmens verringern.
Chancen:
- Steigerung der Produktion: Da die Windenergieanlagen erst im Laufe des Jahres 2023 in Betrieb genommen wurden, könnte im Jahr 2024 eine Steigerung der Stromproduktion erwartet werden, was zu höheren Erlösen führen dürfte. Das Unternehmen plant eine Stromproduktion über das gesamte Geschäftsjahr, was die Ertragslage deutlich verbessern könnte.
- Stabile gesetzliche Rahmenbedingungen: Durch die erfolgreiche Teilnahme am EEG-Ausschreibungsverfahren hat die Gesellschaft vorerst eine gesicherte Vergütung für den erzeugten Strom, was die kurzfristige Planungssicherheit erhöht.
5. Fazit: Kritische Bewertung
Die Raiffeisenwindpark Lahn IV GmbH & Co. KG befindet sich noch in einer frühen Phase ihrer Geschäftstätigkeit, die stark durch den Aufbau und die Inbetriebnahme der Windenergieanlagen geprägt ist. Die Bilanz zeigt ein Unternehmen, das mit hoher Fremdfinanzierung arbeitet und auf den langfristigen Erfolg seiner Anlagen setzt.
Positive Aspekte:
- Das Unternehmen hat im Jahr 2023 seine Windenergieanlagen erfolgreich in Betrieb genommen und bereits erste Stromerlöse erzielt.
- Die langfristige EEG-Förderung bietet eine gewisse Sicherheit bei der Stromvergütung.
Kritische Aspekte:
- Die hohe Verschuldung stellt ein erhebliches Risiko dar, insbesondere bei schwankenden Einnahmen oder unerwarteten Kostensteigerungen.
- Die geringe Liquidität könnte das Unternehmen in eine schwierige Lage bringen, sollten unerwartete Betriebskosten oder technologische Probleme auftreten.
- Die Verzögerung bei der Inbetriebnahme deutet auf mögliche operative Risiken hin, die sich auch in Zukunft negativ auf die Ertragslage auswirken könnten.
Für potenzielle Anleger stellt das Unternehmen eine risikoreiche, aber auch chancenreiche Investition dar. Der Erfolg der Investition hängt maßgeblich von stabilen politischen Rahmenbedingungen, dem Windaufkommen und der langfristigen Ertragskraft der Anlagen ab.
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