Beim angeschlagenen Motorradhersteller KTM in Mattighofen wird jetzt der Gasgriff endgültig losgelassen – die Produktion steht still, die Löhne kommen nicht und das Unternehmen scheint auf der Überholspur Richtung Insolvenz zu sein. Ursprünglich wollte KTM die Dezembergehälter vorzeitig auszahlen. Doch wie sich herausstellte, war das wohl nur eine schöne Weihnachtsgeschichte, die KTM den Beschäftigten erzählt hat. Jetzt gibt es weder Geld noch Produktion – außer man zählt die Lagerbestände, die sich bis zur Decke stapeln.
Kein Geld, keine Produktion, keine Überraschung
Die Arbeiterkammer Oberösterreich ist not amused: Laut Präsident Andreas Stangl fehlt es bei KTM nicht nur an Geld, sondern auch an „Hands-On“-Qualität in der Insolvenzführung. Weder die Novemberlöhne noch das Weihnachtsgeld wurden überwiesen, und die versprochenen Dezember-Vorschüsse? „Da sind sie anscheinend nicht in der Lage“, sagt Stangl bitter. Stattdessen rutscht das Unternehmen immer tiefer in den finanziellen Abgrund – mit Schulden in Milliardenhöhe.
Das „Traumgeschäft“ des Managements
Während die Gläubiger sich auf eine Massenversammlung im Landesgericht Ried vorbereiten, kommen bei Gewerkschaften und Beschäftigten böse Fragen auf: Wie konnte KTM, einst ein Symbol für Geschwindigkeit und Innovation, derart in Schieflage geraten? Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA sprechen von einem „Schlag ins Gesicht“ der Beschäftigten und machen „verfehlte Managemententscheidungen“ verantwortlich. Übersetzt heißt das wohl: „Man hat sich verzockt, aber die Rechnung zahlen andere.“
Abgefahrene Lagerbestände und kreative Zulassungen
Mit rund 130.000 Motorrädern, die größtenteils nicht mehr der neuen Euro-5+-Norm entsprechen, wird klar, dass KTM sich buchstäblich auf einem Berg von Altlasten befindet. Die Motorräder müssen entweder jetzt schnell zugelassen oder unter besonderen Bedingungen verkauft werden – was bedeutet, dass Händler bald zum „Tageszulasser des Jahres“ werden könnten. KTM kämpft nicht nur mit Regulierungen, sondern auch mit dem Image, ein Hersteller der Vergangenheit zu sein, statt der Zukunft.
3.600 Beschäftigte betroffen – KTM kündigt Betriebsurlaub an
Die Produktion wird nicht nur vorübergehend gestoppt, sondern gleich bis März auf Eis gelegt. Während die Geschäftsführung dies wohl als „verlängerten Betriebsurlaub“ verkauft, bedeutet es für die Beschäftigten vor allem eines: Arbeitszeitreduktion und Gehaltskürzungen. Rund 750 Mitarbeitende stehen zudem direkt vor der Kündigung, was KTM-Chef Stefan Pierer nicht nur den Job als Industriellenpräsident, sondern auch ein gutes Stück seiner Reputation gekostet hat.
Showdown im Gerichtssaal
Am 20. Dezember trifft sich die Gläubigerversammlung, um über die KTM-Insolvenz zu beraten. Wegen des erwarteten Andrangs wird das Gericht extra einen separaten Eingang für die Gläubiger öffnen. Wie praktisch – so kann jeder direkt in die Warteschlange für die Rückforderung seines Geldes einsteigen. Doch bei Milliarden Schulden und einem Berg an Motorrädern, die niemand will, bleibt abzuwarten, ob überhaupt etwas zu holen ist.
Fazit: Ein Wirtschaftswunder der anderen Art
KTM steht exemplarisch für „wie man’s nicht macht“. Eine Mischung aus schlechten Entscheidungen, Missmanagement und zu viel Gas geben hat den einst stolzen Motorradhersteller an die Wand gefahren. Bleibt nur zu hoffen, dass die Beschäftigten und Gläubiger nicht vollständig unter die Räder kommen – während die Geschäftsführung wohl schon nach neuen Abenteuern sucht.
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