Landgericht Berlin
Benachrichtigung über die Anordnung der Aufrechterhaltung des dinglichen Arrests zugunsten der aus einer Straftat Geschädigten im Rahmen der Rückgewinnungshilfe (§ 111i Absatz 3 und 4 Salz 1 und 2 StPO)
In einem bei der Staatsanwaltschaft Berlin, Postanschrift 10548 Berlin (ohne Straßenangabe), unter der Geschäftsnummer 67 Js 683/10 geführten Ermittlungsverfahren wegen gemeinschaftlichen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges ist mit Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 9. Mai 2011 – Aktenzeichen 352 Gs 1676/11 – der dingliche Arrest in Höhe von 4.819.957,- Euro in das Gesellschaftsvermögen der WorldComService GmbH mit Hauptsitz Weddingstraße 5, 13357 Berlin, und Zweigniederlassung Arbachtalstraße 6, 72800 Eningen unter Achalm, angeordnet worden. Zudem sind mit Beschlüssen des Amtsgerichts Tiergarten vom selben Tag – Aktenzeichen ebenfalls 352 Gs 1676/11 – und vom 23. Mai 2011 – Aktenzeichen 352 Gs 1864/11 – drei wirtschaftlich der WorldComService GmbH zustehende Konten beschlagnahmt worden, deren Inhaber jeweils von der Gesellschaft beauftragte Zahlungsdienstleister waren.
In Vollziehung des Arrests und der Beschlagnahmeanordnungen konnten namentlich folgende Vermögenswerte gesichert werden:
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Guthaben von 412.183,50 Euro (Stand: 22. Juni 2011) auf dem Konto Nummer 7010001956 (Inhaber Pay4 GmbH) bei der Sofort Bank; |
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Guthaben von 119.631,74 Euro (Stand: 15. Juni 2011) auf dem Kontokorrentkonto Nummer 54571 (Inhaber Pay4 GmbH) bei der Wirecard Bank AG. |
Auf die Veröffentlichung für die Staatsanwaltschaft Berlin im elektronischen Bundesanzeiger vom 16. September 2011 wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 28. Juni 2016 hat das Landgericht Berlin – Aktenzeichen (514 KLs) 251 Js 3803/11 (4/14) – in diesem Zusammenhang einen Angeklagten wegen Beihilfe zum versuchten Betrug verurteilt und nach § 111i Absatz 2 Satz 1 StPO festgestellt, dass der Verfallsbeteiligten Pay4 GmbH aus der Tat ein Vermögenswert in Höhe eines Geldbetrages von 461.852,67 Euro zugeflossen ist. Von der sonst gebotenen Anordnung von Verfall bzw. Wertersatzverfall eines entsprechenden Betrages wurde gleichwohl wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter abgesehen.
Die Verurteilung betrifft Zahlungsdienstleistungen nach dem 28. März 2011, die der Angeklagte mittels der von ihm kontrollierten Verfallsbeteiligten Pay4 GmbH zur Unterstützung von Straftaten weiterer ehemaliger Mitangeklagter durchgeführt hat. Diese erzielten mit ganz überwiegend auf Täuschung beruhendem: Abschluss von Dienstleistungsverträgen mit mehr als 200.000 Kunden durch die WorldComService GmbH im Wege des Telefon-Vertriebs unter Einschaltung mit der WorldComService GmbH wirtschaftlich verbundener türkischer Call-Center Umsätze im Lastschrifteinzug von insgesamt mehr als 15 Millionen Euro, wovon über die Verfallsbeteiligte Pay4 GmbH seit Februar 2011 zumindest ein Teilbetrag von mehr als 4,8 Millionen Euro gebucht wurde.
Die Abbuchungen über monatliche Beiträge zwischen 49,- Euro und 59,- Euro erfolgten dabei namentlich für die Anmeldung bei kostenlosen Online-Gewinnspielen mit den Produktbezeichnungen OGS-200, DGG-200, SGA-24, DS-200, PlayWin2008, MWS-2010, DSC-24, RWC-2010 und GDS-24.
Am 28. Juni 2016 hat das Landgericht Berlin – Aktenzeichen ebenfalls (514 KLs) 251 Js 3803/11 (4/14) – ferner beschlossen, dass die durch die Beschlüsse des Amtsgerichts Tiergarten vom 9. Mai. 2011 (Geschäftsnummer (352 Gs) 67 Js 683/10 (1676/11)) und vom 23. Mai 2011 (Geschäftsnummer (352 Gs) 67 Js 683/10 (1864/11)) angeordneten Beschlagnahmen dahin abgeändert werden, dass nunmehr der dingliche Arrest bis zu einer Höhe von 461.852,67 Euro in das Vermögen der Pay4 GmbH angeordnet wird, der für drei Jahre aufrechterhalten wird. Durch die Hinterlegung eines Geldbetrages von 461.852,67 Euro wird die Vollziehung des Arrests gehemmt und die Pay4 GmbH zu dem Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt.
Das Urteil vom 28. Juni 2016 ist betreffend die Verfallsbeteiligte Pay4 GmbH seit dem 4. Oktober 2016 rechtskräftig.
Nach § 111i Absatz 4 Satz 2 StPO werden die Beschädigten auf die Möglichkeit hingewiesen, Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durchzusetzen.
Nach § 111i Absatz 4 Satz 2 StPO werden die Geschädigten ferner darauf hingewiesen, dass der Ablauf der Frist von drei Jahren ab Rechtskraft des Urteils nach § 111i Absatz 3 Satz 2, Absatz 5 Satz 1 bis 4 StPO mit nachstehenden Folgen verbunden ist:
Mit Ablauf der Frist erwirbt der Staat die vorstehend bezeichneten Vermögenswerte entsprechend § 73e Absatz 1 StGB sowie einen Zahlungsanspruch in Höhe des nach § 111i Absatz 2 StPO festgestellten Betrages, soweit nicht
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der Verletzte zwischenzeitlich wegen seiner Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung verfügt hat, |
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der Verletzte nachweislich aus Vermögen befriedigt worden ist, das nicht beschlagnahmt oder im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden war, |
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zwischenzeitlich Sachen nach § 111k StPO an den Verletzten herausgegeben oder hinterlegt worden sind oder |
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Sachen nach § 111k StPO an den Verletzten herauszugeben gewesen wären und dieser die Herausgabe vor Ablauf der Frist beantragt hat. |
Zugleich kann der Staat das durch die Vollziehung des dinglichen Arrestes begründete Pfandrecht nach den Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung verwerten. Der Erlös sowie hinterlegtes Geld fallen dem Staat zu. Mit der Verwertung erlischt der nach § 111i Absatz 5 Satz 1 StPO entstandene Zahlungsanspruch auch insoweit, als der Verwertungserlös hinter der Höhe des Anspruchs zurückbleibt.
Dr. Schlosser, Vorsitzende Richterin am Landgericht
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