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Landgericht Frankfurt/Oder: Musterverfahrensantrag 19 O 130/21 Warth & Klein Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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Landgericht Frankfurt (Oder)

Beschluss

In dem Rechtsstreit

gegen

Warth & Klein Grant Thornton AG

hat das Landgericht Frankfurt (Oder) – 9. Zivilkammer – durch den Richter am Landgericht Weinmann, die Richterin am Landgericht Dr. Weder und den Richter am Landgericht Scheel am 19.08.2021 beschlossen:

Gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG wird folgender Musterverfahrensantrag im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ bekannt gemacht:

1. vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter

Warth & Klein Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, vertr. d. d. Vorstand Michael Häger (Vorsitzender), Prof. Dr. Gernot Hebestreit, Dr. Frank Hülsberg, Heidemarie Wagner und Prof. Dr. Heike Wieland-Blöse, Johannisstr. 39-40, 40476 Düsseldorf.

2. Bezeichnung des Anbieters

getgoods.de AG

3. Bezeichnung des Prozessgerichts

Landgericht Frankfurt (Oder)

4. Aktenzeichen des Prozessgerichts

19 O 130/​21

5. Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags

I. Es wird festgestellt, dass die getgoods.de Vertriebs GmbH (vormals HTM GmbH Handy-Trends+More) spätestens zum 31.08.2012 zahlungsunfähig war.

II. Es wird festgestellt, dass eine Zahlungsunfähigkeit der getgoods.de Vertriebs GmbH (vormals HTM GmbH Handy-Trends+More) im Zeitraum ihres Eintretens eine bilanzielle Überschuldung der getgoods.de AG zur Folge hatte.

III. Es wird festgestellt, dass die getgoods.de AG spätestens zum 31.12.2012 bilanziell überschuldet war.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der getgoods.de Vertriebs GmbH (vormals HTM GmbH Handy-Trends+More) spätestens zum 31.08.2012 hätte erkennen müssen.

Es wird festgestellt dass die Zahlungsunfähigkeit der getgoods.de Vertriebs GmbH (vormals HTM GmbH Handy-Trends+More) für die Beklagte erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Konten der getgoods.de Vertriebs GmbH (vormals HTM GmbH Handy-Trends+More), insbesondere die laufenden Kontostände ausgewertet hätte.

V. Es wird festgestellt, dass der Vertrag zwischen der Beklagten und der getgoods.de AG, mit dem die Beklagte es übernommen hat, den Jahresabschluss der getgoods.de AG für das Jahr 2012 zu prüfen, ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter war und die Zeichner der Anleihe WKN A1PWVS in den Schutzbereich dieses Vertrages einbezogen waren.

VI. Es wird festgestellt, dass die Beklagte ihre Verpflichtung aus dem Vertrag über die Prüfung des Jahresabschlusses mit der getgoods.de AG verletzt hat, indem sie dem Jahresabschluss für das Jahr 2012 ein uneingeschränktes Testat erteilt hat.

VII. Es wird festgestellt, dass die Beklagte in dem Testat unter dem Jahresabschluss für das Jahr 2012 bei der getgoods.de AG einen inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk im Sinne von §§ 332 Abs. 1 HGB i.V.m. § 322 HGB erteilt hat.

1. Es wird festgestellt, dass die Erteilung eines uneingeschränkten Testats unter dem Jahresabschluss der getgoods.de AG bei Kenntnis der laufenden Kontostände der getgoods.de AG und ihrer Töchter billigend in Kauf nimmt, das dieses Testat unrichtig ist.

2. Es wird festgestellt, dass die Erteilung eines uneingeschränkten Testats unter dem Jahresabschluss der getgoods.de AG ohne die Kenntnis der laufenden Kontostände der getgoods.de AG billigend in Kauf nimmt, das dieses Testat unrichtig ist.

VIII. Es wird festgestellt, dass die Kausalitätsvermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens für die Anleger der Anleihe WKN A1PWVS greift.

IX. Es wird festgestellt, dass der testierte Jahresabschluss der getgoods.de AG für das Jahr 2012 zu einer positiven Anlagestimmung geführt hat.

X. Es wird festgestellt, dass für einen Abschlussprüfer für die Bestimmung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Verlautbarungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) maßgeblich sind.

XI. Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt einen uneingeschränkt positiven Bestätigungsvermerk unter den Jahresabschluss für das Jahr 2012 der getgoods.de AG nicht hätte erteilen dürfen.

XII. Es wird festgestellt, dass für die Beklagte als Wirtschaftsprüferin und als Mitglied im IDW ein Verstoß gegen die Inhalte der Verlautbarungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) ein bewusstes Inkaufnehmen einer falschen Testierung darstellt.

XIII. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich sittenwidrig i.S.v. § 826 BGB verhalten hat, weil sie sich grob fahrlässig der Einsicht in die Unrichtigkeit ihres Bestätigungsvermerks verschlossen hat.

XIV. Es wird festgestellt, dass eine für den Lauf der kenntnisabhängigen Verjährungsfrist maßgebliche Kenntnis der Anleihegläubiger der getgoods.de AG von den Ansprüchen gegen die Beklagte begründenden Umständen erst mit Kenntnis des Gutachtens der Graf Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung vom 29.01.2015 möglich war.

6. knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts

Der Kläger begehrt von der Beklagten als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Schadensersatz wegen des Erwerbs von Anleihen der getgoods.de AG (WKN A1PGVS) im Jahr 2013.

Die Beklagte prüfte den Jahresabschluss für das Jahr 2012 für die getgoods.de AG. Sie erteilte einen auf den 07.05.2013 datierenden Bestätigungsvermerk, wonach die Prüfung zu keinen Einwendungen führte.

Mit Beschluss vom 01.02.2014 eröffnete das Amtsgericht Frankfurt (Oder) – Az. 3 IN 563/​13 – das Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG, auf deren Antrag vom 15.11.2013.

Der Kläger behauptet, die getgoods.de Vertriebs GmbH – als operativ tätige Tochtergesellschaft – sei spätestens zum 31.08.2012 zahlungsunfähig gewesen. Aufgrund der Abhängigkeit der nicht operativ tätigen AG hiervon, sei auch diese deshalb spätestens zum 31.08.2012 zahlungsunfähig gewesen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte hafte aus Pflichtverletzung eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – hier der Anleihegläubiger – sowie aus § 826 BGB und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. diversen Schutzgesetzen, weil sie die wahre Bilanzsituation im Rahmen ihrer Tätigkeit hätte erkennen können, so dass die Erteilung von Bestätigungsvermerken fehlerhaft gewesen sei. Hätte sich die Beklagte pflichtgemäß verhalten, wäre die Schieflage der AG rechtzeitig erkennbar gewesen, und die Zeichnung der Anleihe wäre unterblieben.

7. Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht

06.08.2021

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