Home Allgemeines Landgericht Hamburg- Musterklageverfahren gegen MPC Capital Investments GmbH und weitere Beklagte.
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Landgericht Hamburg- Musterklageverfahren gegen MPC Capital Investments GmbH und weitere Beklagte.

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Landgericht Hamburg 305 OH 17/17

In der Sache

Musterkläger (gem. § 9 Abs. 2 KapMuG vom HansOLG zu bestimmen)

– Antragsteller –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte von Ferber, Langer, Neuer Wall 61, 20354 Hamburg

gegen

1)

MPC Capital Investments GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Antragsgegnerin –

2)

Managementgesellschaft Sachwert Rendite-Fond Indien mbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Antragsgegnerin –

3)

TVP Treuhand und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Antragsgegnerin –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin

beschließt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 5 – durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Dörffler, den Richter am Landgericht Dr. Kaiser und den Richter Dr. Razavi am 14.12.2017:

I.
Dem Hanseatischen Oberlandesgericht werden zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterentscheids gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG folgende Feststellungsziele vorgelegt:

1.
Der Verkaufsprospekt (einschließlich Gesellschafts- und Treuhandvertrag sowie diverser Nachträge) vom 10. September 2008 zum Beteiligungsangebot an der Sachwert Rendite-Fonds Indien 2 GmbH & Co. KG (nachfolgend auch „Fonds“ oder „Fondsgesellschaft“) ist jeweils unrichtig, irreführend und unvollständig und insofern liegt jeweils ein erheblicher Prospektfehler vor, soweit folgende Sachverhalte nicht oder unrichtig dargestellt werden:

2.
Der Prospekt klärt nicht über das erhebliche Verlustrisiko auf, das mit den von den indischen Projektgesellschaften abgeschlossenen bzw. noch abzuschließenden Baufinanzierungen einhergeht, sondern teilt ganz im Gegenteil sogar mit, etwaige Probleme bei diesen Finanzierungen könnten „lediglich zu einer schwächeren Prognose und somit zu geringeren Ausschüttungen“ führen.

3.
Der Prospekt weckt unzutreffend den Eindruck, die MPC Münchmeyer Petersen Real Estate Consulting GmbH (nachfolgend „MPC REC“) sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospekts und seiner Nachträge in der Lage gewesen, die Platzierungs- bzw. Eigenkapitalgarantie, der zufolge die MPC REC verpflichtet war, die Vollplatzierung des Fonds sicherzustellen, zu erfüllen.

4.
Der Prospekt klärt nicht darüber auf, dass bereits zum Zeitpunkt der Vermarktung des Fonds Hunderte Millionen Euro an Platzierungsgarantien, die die Konzernobergesellschaft der MPC REC, die MPC Capital AG, bzw. ihre (direkten und indirekten) Tochtergesellschaften den in der Vermarktung befindlichen Fonds der MPC-Gruppe zugesagt hatten, zur Auszahlung anstanden und nur deshalb nicht erfüllt werden mussten, weil die die jeweilige Zwischenfinanzierung stellenden Banken sich zu einem temporären Stillhalten verpflichtet hatten.

5.
Der Prospekt weckt unzutreffend den Eindruck, die dem Fonds von drei Banken zur Verfügung gestellte Eigenkapitalzwischenfinanzierung könne nur dann vorzeitig gekündigt werden, wenn die Fondsgesellschaft wesentliche Vertragspflichten verletzt, und insbesondere nicht, wenn es zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Fonds kommt.

6.
Der Prospekt weckt unzutreffend den Eindruck, dass die Banken keinerlei Zugriff auf das Fondsvermögen haben mit Ausnahme der Ansprüche auf Einzahlung der Kommanditeinlagen, insbesondere verschweigt er, dass den Banken auch die Beteiligungen des Fonds an den indischen Projektgesellschaften als Sicherheit dienten.

7.
Der Prospekt klärt nicht hinreichend über den erheblichen bürokratischen Aufwand im Zusammenhang mit indischen Bauprojekten und die aus westlicher Sicht unvorstellbar hohe Zahl erforderlicher Genehmigungen auf; ebenso verschweigt er die zur Erlangung der Genehmigungen regelmäßig erforderlichen Schmiergeldzahlungen („speed money“) sowie die insgesamt mit dem Genehmigungsprozess einhergehenden aus westlicher Sicht extrem hohen Kosten.

8.
Der Prospekt klärt nicht hinreichend darüber auf, dass die indischen Projektpartner des Fonds die ihnen gewährten Beteiligungen an den indischen Projektgesellschaften zu einem deutlich niedrigeren Preis erhalten als der Fonds, sondern weckt im Gegenteil den Eindruck, die Partner würden zu denselben wirtschaftlichen Konditionen investieren wie der Fonds.

9.
Es wird festgestellt, dass jedenfalls die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen des Fonds, die bis Ende des Jahres 2015, hilfsweise bis Ende des Jahres 2013, veröffentlicht wurden, nicht geeignet waren, die Anleger über die unter Ziffern 1.1 bis 1.5 aufgeführten Prospektmängel zu informieren, so dass die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis begründen konnten.

II.
Dieser Vorlagebeschluss und das Datum seiner Veröffentlichung sind gemäß § 6 Abs. 4 KapMuG im Klageregister öffentlich bekannt zu machen.

Gründe:

I.
Die Antragsteller der inhaltlich identischen Musterverfahrensanträge begehren jeweils die Rückabwicklung ihrer Beteiligungen an der Beteiligungsgesellschaft Sachwert Rendite-Fonds Indien 2 GmbH & Co. KG im Wege des Schadensersatzes aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Dem Fonds liegt ein Prospekt (einschließlich Gesellschafts- und Treuhandvertrag sowie fünf Nachträgen) vom 10. September 2008 zu Grunde, der von der Antragsgegnerin zu 1) herausgegeben und den Antragstellern vor Zeichnung übergeben wurde. Die Antragsteller machen gegen die Antragsgegner auf Grund ihrer Stellung als Gründungsgesellschafter und, im Falle der Antragsgegner zu 2) und 3), Treuhandkommanditistin Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinne geltend. Sie machen den Antragsgegnern zum Vorwurf, vor der Zeichnung ihrer Beteiligungen in wesentlichen Punkten fehlerhaft und unzureichend über entscheidungserhebliche Umstände und Risiken der Beteiligung informiert worden zu sein, weil der ihm überlassene Prospekt insofern unzutreffende, irreführende und unvollständige Angaben macht. Diese Unrichtigkeiten hätten die Antragsgegner erkennen und den Antragstellern gegenüber richtig stellen müssen. Bei richtiger und vollständiger Darstellung der gerügten Sachverhalte hätten die Antragssteller die streitgegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet. Sie verlangen daher von den Antragsgegnern die Rückgängigmachung des Erwerbs ihrer Beteiligungen.

Die Antragssteller beantragen jeweils,

die Musterfeststellungsanträge alsbald im Klageregister des elektronischen Bundesanzeigers gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG öffentlich bekanntzumachen und durch Beschluss einen Musterentscheid des Oberlandesgerichts Hamburg gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG herbeizuführen.

Die Antragsgegner haben innerhalb der ihnen eingeräumten Stellungnahmefrist keine Anträge zu den Musterfeststellungsanträgen gestellt und dazu nicht vorgetragen.

II.
1.
Das Landgericht Hamburg ist für die Entscheidung über den Vorlagebeschluss zuständig, weil die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gemäß § 6 Abs. 2 KapMuG nicht gegeben ist. Ausweislich des Klageregisters nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz sind bis zum Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses keine gleichgerichteten Musterverfahrensanträge bekannt gemacht worden.

2.
Die Musterverfahrensanträge sind in ihren Feststellungszielen statthaft, denn die geltend gemachten Anträge fallen in den Anwendungsbereich des § 1 KapMuG. Es werden vorliegend insbesondere Schadensersatzansprüche wegen Verwendung falscher oder irreführender öffentlicher Kapitalmarktinformationen geltend gemacht, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG musterverfahrensfähig sind. Bei den Angaben aus dem Emissionsprospekt vom 10. September 2008 handelt es sich unzweifelhaft um eine öffentliche Kapitalmarkinformation i.S.d. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 2 KapMuG.

3.
Die Kammer hat gemäß § 3 Abs. 4 KapMuG von der gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG grundsätzlich vorgesehenen öffentlichen Bekanntmachung der Musterverfahrensanträge im Klageregister abgesehen, weil die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Hanseatische Oberlandesgericht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KapMuG bereits vorliegen. Es liegen bei der Kammer 11 anhängige Verfahren mit gleichgerichteten Musterverfahrensanträgen unter folgenden Aktenzeichen vor:

305 O 375/16, 305 O 378/16, 305 O 396/16, 305 O 400/16, 305 O 408/16, 305 O 419/16, 305 O 443/16, 305 O 459/16, 305 O 468/16, 305 O 84/17, 305 O 126/17.

Dörffler Dr. Kaiser Dr. Razavi
Vorsitzende Richterin
am Landgericht
Richter am Landgericht Richter
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