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Landgericht Leipzig Zivilkammer: Beschluss im Verfahren gegen die Commerzbank AG

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Landgericht Leipzig  Zivilkammer

 BESCHLUSS

04 O 2496/15

In dem Rechtsstreit

Andreas Schade, Mittweidaer Straße 4a, 04746 Hartha

– Antragsteller –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kälberer & Tittel, Knesebeckstraße 59-61, 10719 Berlin, Gz.: 627/14

gegen

Commerzbank AG, Kaiserplatz 16, 60311 Frankfurt
vertreten durch den Vorstand

– Antragsgegnerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kahlert & Padberg, Lampestraße 9, 04107 Leipzig, Gz.: 1361/15GNH29 Zw

wegen Schadensersatz

erlässt die 4. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig durch

Richter am Landgericht Thieme als Einzelrichter

am 02.08.2016

nachfolgende Entscheidung:

A.

Es wird auf Antrag des Antragstellers nach Maßgabe des § 3 II KapMuG folgender Musterverfahrensantrag im Bundesanzeiger unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ (Klageregister) öffentlich bekannt gemacht:

I.

Beklagte:

Commerzbank AG, vertreten durch den Vorstand, dieser wiederum vertreten durch die Vorstandsmitglieder Martin Blessing, Frank Annumscheit, Markus Beumer, Stephan Engels, Michael Reuther, Stefan Schmittmann, Martin Zielke, Kaiserstraße 16, 60311 Frankfurt am Main

II.

Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen:

IVG EuroSelect Zwölf GmbH & Co. KG

III.

Bezeichnung des Prozessgerichts:

Landgericht Leipzig

IV.

Aktenzeichen des Prozessgerichts:

04 O 2496/15

V.

Feststellungsziele des Musterverfahrensantrages:

1.

Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt über die Beteiligung an der IVG EuroSelect Zwölf GmbH & Co. KG i.d.F. vom 17.03.2006 (nachfolgend: Verkaufsprospekt) unrichtig, irreführend und unvollständig ist. Insbesondere wird festgestellt,

a)

dass der Verkaufsprospekt die Risiken und Besonderheiten der Swap-Geschäfte des Fonds unrichtig, irreführend und verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

b)

dass der Verkaufsprospekt die wirtschaftlichen Grunddaten der Immobilie, wie Miethöhen und Mietsteigerungen aufgrund von Auswirkungen der Upwards-Only-Klausel unrichtig, irreführend und die damit verbundenen Risiken verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

c)

dass der Prospekt die wesentlichen Merkmale der sog. Loan to Value-Klausel fehlerhaft und unzureichend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

d)

dass der Verkaufsprospekt die durch geplante Neubauvorhaben von Büroflächen in demselben Marktsegment entstehende zusätzliche Konkurrenzsituation unrichtig, irreführend und verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

e)

dass der Verkaufsprospekt nicht darüber informiert, dass im englischen Recht grundbuchrechtlich besicherte Immobilien von der Kreditbank freihändig ohne Zwangsversteigerungsverfahren nach Fälligstellung des Kredites verkauft werden können und damit die Risiken eines Zwangsverkaufes unrichtig, irreführend und verharmlosend darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

f)

dass der Verkaufsprospekt nur unzureichend die Weichkosten der Gesamtinvestition, insbesondere im Verhältnis zum vom Anleger eingezahlten Kapital, darstellt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

g)

dass der Verkaufsprospekt unzureichende Angaben zum Verkäufer der Fondsimmobilie beinhaltet und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

h)

dass der Verkaufsprospekt unzureichende und irreführende Angaben zur Auszahlung des Abfindungsguthabens im Falle einer ordentlichen Kündigung enthält und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt;

i)

dass der Verkaufsprospekt die gesellschaftlichen Verflechtungen zwischen der Treuhänderin Wert-Konzept Immobilienfonds Verwaltungsgesellschaft mbH und dem Emissionshaus, der IVG Immobilien AG, nicht ordnungsgemäß darstellt, sondern sogar falsch und irreführend mitteilt, dass es keine personellen Verflechtungen gebe, die Interessenkonflikte begründen könnten und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt.

2.

Es wird festgestellt, dass die unter Ziffer 1.a) – 1.i) und Ziffer 2 aufgeführten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagten bei der gebotenen sachkundigen Prüfung mit banküblicher Sorgfalt erkennbar waren.

3.

Es wird festgestellt, dass die unter Ziffer 1.a) – 1.i) und Ziffer 2 aufgeführten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagten auch im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung des Prospektes erkennbar waren.

4.

Es wird festgestellt, dass die Geschäftsberichte und Rundschreiben von 2006 bis 2013 keine hinreichenden Informationen über die unter Ziffer 1.a) – 1.i) und Ziffer 2 der aufgeführten Prospektmängel enthalten, so dass diese Geschäftsberichte allein keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis herbeiführen können.

5.

Es wird festgestellt, dass zu vermuten ist, dass die unter 1.a) – 1.i) und Ziffer 2 dargestellten Prospektmängel jeweils kausal für die Zeichnungen von Anlegern sind, auch wenn ein Prospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde.

VI.

Knappe Darstellung des Lebenssachverhaltes:
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers nach Zeichnung einer von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vermittelten Beteiligung an der IVG EuroSelect Zwölf GmbH & Co. KG. Der Kläger begehrt im Wesentlichen im Wege des Schadensersatzes die Erstattung des Erwerbspreises abzüglich erhaltener Ausschüttungen, sowie die Freistellung von etwaigen Nachteilen der Zeichnung. Seine Ansprüche leitet der Kläger aus fehlerhafter Anlagenberatung durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten her. Diese habe ihn nicht anlegergerecht und nicht anlagegerecht beraten. Insbesondere sei nicht auf die Höhe erfolgter Rückvergütung hingewiesen worden. Die Beratung sei anhand eines fehlerhaften Verkaufsprospektes erfolgt. Der ihm erst bei Zeichnung übergebene Verkaufsprospekt „EuroSelect Immobilienfonds Zwölf“, habe die Darstellung der Anlage durch den Berater der beklagten Bank als vorteilhaft und sicher mit guten Renditen wesentlich beeinflusst. Die vom Kläger als fehlerhaft gerügten Prospektinhalte seien nicht bzw. nicht korrekt dargestellt worden. Die beklagte Bank hätte die Unrichtigkeit des Verkaufsprospekts hinsichtlich sämlicher gerügter Mängel erkennen und ihren Berater anweisen müssen, diese Inhalte im Beratungsgespräch korrekt darzustellen. Bei richtiger Darstellung der im Musterantrag im Einzelnen aufgeführten Punke hätte der Kläger die Beteiligung nicht gezeichnet.

Die Beklagte hat bisher auf die zugestellte Klage noch nicht erwidert.

VII.

Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrages beim Prozessgerichts:
16.11.2015

Die Verzögerung der Bekanntmachung ist bedingt durch eine erhebliche Überlastung des Referates des Einzelrichters und eine mehrwöchige Erkrankung des Einzelrichters, die erst am 29.07.2016 endete.

B.

Im Übrigen wird der Musterverfahrensantrag des Antragstellers als unzulässig verworfen, § 3 I Nr. 1 KapMuG.

Gründe

Soweit der Kläger weitergehende Musterverfahrensanträge gestellt hat, waren diese nicht bekanntzumachen. Die Voraussetzung für eine Bekanntmachung liegen insoweit nicht vor. Die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits hängt nicht von den – wie im Folgenden näher ausgeführt – beantragten Feststellungszielen ab (§ 3 I Nr. 1 KapMuG).

1.

Der Antrag
Es wird festgestellt, dass ab dem 01.09.2006 eine Prospektnachtragspflicht bestand, da der Verkaufsprospekt nicht darüber informiert, dass sich im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 01.09.2006 die anstehenden Neubauprojekte im sog. spekulativen Bereich (ohne vorherigen feststehenden Mieter) verdoppelt haben und zudem ohnehin schon Flächen von ca. 13. Mio. sqft. leer standen und der Prospekt somit spätestens ab dem 01.09.2006 unrichtig und irreführend wurde.
ist als unzulässig zu verwerfen, da der Kläger die Beteiligung bereits am 12.07.2006 gezeichnet hat, so dass eine etwaige Prospektnachtragspflicht nicht entscheidungserheblich ist

2.

Der Antrag
Es wird festgestellt, dass die unter Ziffer 1. a) – 1. i) und Ziffer 2 aufgeführten Prospektmängel jeweils für die Musterbeklagten bei der gebotenen sachkundigen Prüfung mit banküblicher Sorgfalt erkennbar waren bzw. der Musterbeklagten PFM als Gründungskommanditistin bekannt war.

ist insoweit als unzulässig zu verwerfen, als vom Kläger Feststellungen hinsichtlich einer „Musterbeklagten PFM“ begehrt worden sind. Die PFM ist nicht Partei dieses Rechtsstreites geworden.
Eine Erheblichkeit der Kenntnis dieser von Prospektmängeln für den zugrunde liegenden Rechtsstreits ist nicht vorgetragen oder sonstwie ersichtlich.

3.

Der Antrag
Es wird festgestellt, dass den Musterbeklagten die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die unter Ziffer 1. a) – 1. i) und Ziffer 2 aufgeführten Prospektmängel richtig gestellt wurden.
ist als unzulässig zu verwerfen, da eine Richtigstellung von Prospektmängeln von keiner Partei des Rechtsstreits behauptet wird. Eine vorgreifende Feststellung für etwaig streitig werdenden Vortrag ist durch ein Musterverfahren nicht einzuholen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für ein Streitigwerden vor.

 

Thieme, Richter am Landgericht

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