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Landgericht Stuttgart

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Landgericht Stuttgart
2. Strafkammer –

Bekanntmachung gemäß § 111i Abs. 4 Strafprozessordnung
in dem Berufungsverfahren 2 Ns 134 Js 23051/​15
(Az. des Amtsgerichts Stuttgart: 202 Ls 134 Js 23051/​15)
(Az. der Staatsanwaltschaft Stuttgart: 190 AR RVA 46/​15)

In der Strafsache gegen Hewad Gulzad wegen Betruges wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 11.02.2015 (28 Gs 1343/​15) die Beschlagnahme des für die VHG Verwaltungs e. K. geführten Girokontos bei der Deutsche Postbank mit der IBAN DE85 1001 0010 0850 7511 02 angeordnet.

Hewad Gulzad wurde durch Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 07.10.2015 (202 Ls 134 Js 23051/​15) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.02.2016 (2 Ns 134 Js 23051/​15) wegen gemeinschaftlichen Betruges im besonders schweren Fall in 99 Fällen sowie wegen versuchten gemeinschaftlichen Betruges im besonders schweren Fall in 116 Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe verurteilt.

Unter Ziffer 2 des Urteilstenors ist festgestellt, dass der Angeklagte aus den Taten II./​I. Nr. 1 bis 99 insgesamt 54.039,09 Euro erlangt hat und die Kammer nur deshalb nicht auf den Verfall von Wertersatz erkannt hat, weil dem die Ansprüche der Verletzten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Unter Ziffer 3 des Urteilstenors ist festgestellt, dass der Angeklagte weitere 110.679,48 Euro aus rechtswidrigen Taten erlangt hat und die Kammer nur deshalb nicht auf den erweiterten Verfall von Wertersatz erkannt hat, weil dem die Ansprüche der Verletzten gemäß § 73d Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.

Der Angeklagte Hewad Gulzad hatte unter seiner „kaufmännischen“ Firma „VHG Verwaltungs e. K.“ ab dem 09.12.2014 an eine Vielzahl von Unternehmen Schreiben versandt, in denen nach dem gut lesbaren Teil des Textes vorgetäuscht wurde, dass für eine Handelsregistereintragung im Auftrag des jeweiligen Registergerichts Gebühren zwischen 522,41 Euro bis zu 553,35 Euro für die entsprechende Eintragung im Handelsregister zu zahlen seien. Hierbei erweckte er den Anschein, allein für die Einziehung der Registergebühren zuständig zu sein. Lediglich im schlecht lesbaren Kleingedruckten wurde mitgeteilt, dass es sich bei dem Schreiben nur um ein Angebot über die Aufnahme der Daten des jeweils angeschriebenen Unternehmens in den „Firmendatensatz“ der Internetseite der VHG-media handelte.

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart ist seit dem 17.02.2016 rechtskräftig.

Mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 17.02.2016 (2 Ns 134 Js 23051/​15) wurde die durch das Amtsgericht Stuttgart bereits angeordnete Beschlagnahme der Forderungen des Hewad Gulzad als Inhaber der Firma VHG Verwaltungs e. K. gegen die Deutsche Postbank aus dem Girokonto mit der IBAN DE85 1001 0010 0850 7511 02 gemäß § 111i Abs. 2 StPO zur Sicherung der den Verletzten aus den verfahrensgegenständlichen zivilrechtlichen Ansprüche bis zur Höhe eines Betrages von 54.039,09 Euro sowie zur Sicherung der den Verletzten aus weiteren rechtswidrigen Taten des Angeklagten erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche bis zur Höhe eines Betrages von weiteren 110.679,48 Euro für drei Jahre ab Rechtskraft des Urteils aufrechterhalten.

Hierüber wurden die Verletzten durch eine am 14.02.2017 erfolgte Bekanntmachung im Bundesanzeiger gemäß § 111i Abs. 4 StPO informiert.

In dieser Bekanntmachung wurden Geschädigte aus den Straftaten darauf hingewiesen, dass sie wegen etwaiger Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung während des Zeitraums von drei Jahren ab Rechtskraft des Urteils auf die sichergestellten Vermögenswerte zugreifen können. Sie wurden gebeten, sich hinsichtlich der im Einzelnen gesicherten Vermögenswerte an die Staatsanwaltschaft Stuttgart, Neckarstr. 145, 70190 Stuttgart, zum Aktenzeichen 134 Js 230651/​15 jug., 190 AR RVA 46/​15 zu wenden. Ferner wurden sie darauf hingewiesen, dass nach dem 16.02.2019 die bei dem Angeklagten gesicherten Vermögenswerte dem Staat zufallen, soweit kein vorheriger Zugriff eines Verletzten erfolgt ist (§ 111i Abs. 5 StPO a. F.). Im Falle eines Rechtserwerbs durch den Staat stünden folglich die zuvor gesicherten Vermögenswerte nicht mehr zur Befriedigung von Ansprüchen Verletzter zur Verfügung.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart regte mit Schriftsatz vom 06.10.2020 die Feststellung des am 19.02.2019 eingetretenen staatlichen Auffangrechtserwerbs gemäß § 111i Abs. 5 Satz 1 Abs. 6 StPO a. F. in Höhe von 160.013,02 Euro an. Sie führte hierzu aus, die Frist des § 111i Abs. 3 StPO a. F. habe am 18.02.2019 geendet, sodass der staatliche Auffangrechtserwerb am 19.02.2019 eingetreten sei. Zu diesem Zeitpunkt sei als gepfändeter Vermögenswert das auf dem Verwahrkonto separierte Guthaben des ehemaligen Kontos mit der o. g. IBAN in Höhe von 166.532,30 Euro vorhanden gewesen. Bei der Drittschuldnerin sei angefragt worden, ob es Anschlusspfändungen durch Verletzte gebe. Nachpfändungen durch Verletzte der hiesigen Taten lägen nicht vor. Der Ausschlusstatbestand im Sinne des § 111i Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StPO a. F. liege somit nicht vor. Laut Auskunft der Drittschuldnerin vom 21.09.2020 seien aufgrund von Zulassungsbeschlüssen gemäß § 111g StPO a. F. 4.705,55 Euro an Verletzte ausbezahlt worden. Darüber hinaus lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein sonstiger Ausschlusstatbestand im Sinne der Ziffern 2-4 vorliegen könnte.

Die Strafkammer hat deshalb durch Beschluss über den Auffangrechtserwerb zu entscheiden.

Die Verletzten erhalten hiermit vor der Entscheidung der Strafkammer Gelegenheit zur etwaigen Stellungnahme bis zum 11. Februar 2022.

 

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