Startseite Allgemeines Landgericht Stuttgart weist Klagen geschädigter Anleger der Eventus eG gegen den vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. ab
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Landgericht Stuttgart weist Klagen geschädigter Anleger der Eventus eG gegen den vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. ab

Schwarzenarzisse (CC0), Pixabay
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Kurzbeschreibung: Die unter anderem für Haftungsansprüche gegen genossenschaftliche Prüfungsverbände zuständige 27. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart hat mit am 29.06.2022 verkündeten Urteilen 15 Klagen investierender Mitglieder der insolventen Eventus eG gegen den vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (vbw) sowie weitere Beklagte abgewiesen.


Gegenstand der Klagen

Mit den Klagen wurden der vbw, ein vormals für den vbw tätiger Wirtschaftsprüfer sowie ein vormaliges Vorstandsmitglied des vbw auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Die Klageparteien haben sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten als investierende Mitglieder an der Eventus eG beteiligt. Der vbw ist der genossenschaftliche Prüfungsverband, welchem die Eventus eG angehörte. Im Rahmen der registergerichtlichen Gründungsprüfung (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG) erstellte der vbw am 08.08.2012 eine gutachterliche Äußerung über die in Gründung befindliche Eventus eG und führte dabei aus, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Eventus eG sei „aus heutiger Sicht nicht zu besorgen“. In der Folgezeit war der vbw mit der genossenschaftlichen Geschäftsprüfung der Eventus eG befasst und berichtete über die Prüfung der Geschäftsjahre 2012/2013 und 2014. Am 27.12.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Eventus eG eröffnet. Der vormalige Vorstandsvorsitzende der Eventus eG wurde mittlerweile u.a. wegen Betrugs zum Nachteil investierender Mitglieder der Eventus eG zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.

Die Klageparteien werfen dem vbw vor, die gutachterliche Äußerung vom 08.08.2012 sei in vorsätzlicher Weise fehlerhaft gewesen. Das Geschäftsmodell der Eventus eG sei von Anfang an offensichtlich nicht tragfähig und die spätere Insolvenz der Eventus eG damit vorprogrammiert gewesen. Bei pflichtgemäßem Verhalten des vbw wäre die Eventus eG schon nicht ins Genossenschaftsregister eingetragen worden und die Klageparteien hätten der Eventus eG dann nicht beitreten können. Auch die späteren Geschäftsprüfungen seien auf vorsätzliche Weise fehlerhaft gewesen. Bei pflichtgemäßer Prüfung wäre das von der Eventus eG betriebene Schneeballsystem sehr viel früher beendet worden.

Wesentliche Erwägungen der Kammer

Nach Auffassung der Kammer komme allein ein Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB in Betracht. Die Kammer hat jedoch offengelassen, ob die Gründungsprüfung sowie die späteren Geschäftsprüfungen der Eventus eG auf eine Weise fehlerhaft waren, welche den Vorwurf vorsätzlichen sittenwidrigen Handelns trägt. Auch wenn dies zu Gunsten der Klageparteien unterstellt werde, könnten die Klageparteien keinen Schadensersatz wegen ihrer Entscheidung fordern, sich als investierende Mitglieder an der Eventus eG beteiligt zu haben. Nachdem die gutachterliche Äußerung im Gründungsverfahren und die späteren Prüfungsberichte unstreitig weder veröffentlicht noch den Klageparteien auf sonstige Weise bekannt geworden waren, fehle es jedenfalls an der konkreten Kausalität dieser Prüfungsergebnisse für den Beteiligungsentschluss der Klageparteien.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen dem Arbeitsergebnis eines Prüfers und der Kapitalanlageentscheidung des Geschädigten erforderlich, um Ansprüche aus § 826 BGB geltend machen zu können. Eine generelle Kausalität in dem Sinne, dass die Eventus eG bei pflichtgemäßer Prüfung schon gar nicht ins Genossenschaftsregister eingetragen worden wäre und sich die Klageparteien dann nicht an diesem Geschäftsmodell beteiligt hätten, genüge dafür nicht. Erforderlich sei vielmehr der Nachweis konkreter Kausalität im Hinblick auf den Willensentschluss des geschädigten Anlegers, an welchem es hier mangels Kenntnis der Klageparteien von den Arbeitsergebnissen der Beklagten fehle. Der von den Klageparteien geltend gemachte Umstand, dass die Eintragung der Eventus eG im Genossenschaftsregister veröffentlicht worden sei und Anleger aus der Registereintragung hätten schließen können, ein Prüfungsverband habe im Rahmen der Gründungsprüfung eine positive Einschätzung abgegeben, reiche für den Nachweis einer konkreten Kausalität nicht aus, zumal das Registergericht an das Votum des Prüfungsverbands nicht gebunden sei.

In einigen Fällen könne die Prüfungstätigkeit der Beklagten für die Entscheidung der Klageparteien, sich an der Eventus eG zu beteiligen, überdies schon deshalb nicht kausal geworden sein, weil sich manche der Klageparteien zu einem Zeitpunkt an der Eventus eG beteiligt haben, als diese noch gar nicht ins Genossenschaftsregister eingetragen worden war, teilweise sogar zu einem Zeitpunkt, als der vbw gegenüber dem Registergericht noch gar keine gutachtliche Stellungnahme abgegeben hatte.

 

Maßgebliche Rechtsvorschriften   

§ 826 BGB

Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

§ 11 GenG

Anmeldung der Genossenschaft

(…)

(2)   Der Anmeldung sind beizufügen:

(…)

3. die Bescheinigung eines Prüfungsverbandes, dass die Genossenschaft zum Beitritt zugelassen ist, sowie eine gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbandes, ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der Genossenschaft, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist.

§ 53 GenG

Pflichtprüfung

Zwecks Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung sind die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaft mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr zu prüfen. (…)

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