Keime in Wurst und Fleischprodukten, giftige Reinigungsmittel in Eiern oder unhaltbare Hygienezustände in Bäckereien: Deutschland wird immer wieder von Lebensmittelskandalen heimgesucht.
Kein Wunder, findet der Europäische Verbraucherverband BEUC. In seinem im Oktober erschienenen Report zeigt er auf, dass die Lebensmittelüberwachung fast in ganz Europa immer schwächer wird.
Es ist ein düsteres Bild, das der BEUC in seinem Report „Keeping Food in Check“ zeichnet: Allein in Deutschland sank die Gesamtzahl der Kontrollen zwischen 2007 und 2017 um 22 Prozent. Das entsprach 225.502 Kontrollen, die 2017 weniger stattfanden als 2007. Und: Die Betriebe, die kontrolliert wurden, wurden weniger oft besucht. Dabei ist die Zahl der Betriebe nahezu unverändert geblieben.
Nur noch ein Teil der Aufgaben kann erledigt werden
Ähnliches berichtet die Untersuchung für die meisten der weiteren zehn EU-Länder, die untersucht worden sind. Der BEUC stellt fest: „Wie bei der Anzahl der Kontrollen schwinden auch die Ressourcen der Lebensmittelüberwachung.“ Aus den Reihen der Lebensmittelüberwacher und deren Berufsverbänden häuften sich die Signale, dass deshalb nur noch ein Teil der eigentlich notwendigen Aufgaben der Lebensmittelüberwachung überhaupt geschafft werden kann.
Dass das nicht so weitergehen darf, fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): „Die Schwachstellen in der Struktur der Lebensmittelüberwachung sind seit Jahren bekannt. Dass Bund und Länder die Probleme bislang nicht behoben haben und gleichzeitig die Zahl der Kontrollen gesunken ist, ist ein Skandal für sich. In der Lebensmittelüberwachung in Deutschland muss sich dringend etwas bewegen“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.
Konkret fordert der vzbv, dass Bund und Länder die Organisation der Lebensmittelüberwachung reformieren und für ausreichend Transparenz über die Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung sorgen sollen, um Lebensmittelskandale wie jenen um die Wurstfabrik Wilke künftig zu verhindern.
Bundesweites Transparenzsystem gefordert
Außerdem fordert der vzbv ein bundeseinheitliches Transparenzsystem: Die Kontrollberichte der Lebensmittelüberwachung müssen einschließlich einer leicht verständlichen Bewertung in Form eines „Hygienebarometers“ oder „Smileys“ verpflichtend veröffentlicht werden – im Internet und an den Türen von Restaurants, Kantinen und Geschäften.
Dass das funktionieren kann, zeige das Beispiel Wales in Großbritannien. Dort müssen die Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung unter anderem an der Tür des Betriebes bekannt gemacht werden. Dies verbessere den allgemeinen Hygienestandard dort. Während 2013 nur 45,2 Prozent der Betriebe die Bestnote „5“ bekamen, waren es 2017 schon 65,1 Prozent.
Ähnliches hat ein Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen gezeigt. In Bielefeld und Duisburg wurden drei Jahre lang die Ergebnisse der amtlichen Kontrollen von Restaurants veröffentlicht. Die Kontrollen wurden ernster genommen und Probleme schneller beseitigt. Mehr als 70 Prozent der Betriebe in Bielefeld und Duisburg, die ein zweites oder drittes Mal kontrolliert wurden, hatten sich verbessert.
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