Die BaFin hat genug von halbgaren Lebensversicherungen, die kaum mehr bieten als ein gutes Verkaufsargument. Die Finanzaufsicht fordert, dass die Versicherer endlich den Kundennutzen in den Mittelpunkt rücken – und das nicht nur auf dem Papier. „Lebensversicherungen sollen die Absicherungsbedürfnisse und Renditeerwartungen der Kundinnen und Kunden erfüllen. Klingt wie eine Selbstverständlichkeit? Schön wär’s!“, spottet BaFin-Exekutivdirektorin Julia Wiens. Einige Versicherer haben offenbar Nachhilfe nötig.
Letztes Jahr im Mai hatte die BaFin in ihrem Merkblatt fein säuberlich aufgeschrieben, was sie von den Lebensversicherern erwartet. Parallel dazu wurden die Produkte unter die Lupe genommen, insbesondere Effektivkosten, Abschlussprovisionen und Stornoquoten. Ergebnis: Einige Versicherer fielen unangenehm auf – und nicht durch gute Leistungen.
13 Lebensversicherer, die besonders negativ aufgefallen sind, wurden einer gründlichen Prüfung unterzogen. Die Resultate? Nicht gerade berauschend. „Was wir herausgefunden haben, entspricht leider nicht unseren Erwartungen“, bemerkt Wiens trocken beim Handelsblatt-Strategiemeeting zur Lebensversicherung.
Besonders sauer stößt der BaFin die Höhe der Effektivkosten auf. Diese Kosten geben an, wie sehr die Rendite der Kunden durch Gebühren geschmälert wird. Bei manchen Versicherern lagen sie bei vier Prozent oder mehr – ein Wert, bei dem man sich fragt, ob die Renditeziele überhaupt erreicht werden können. „Wenn die Effektivkosten so hoch sind, müssen die Versicherer genau prüfen, ob die Kunden am Ende überhaupt etwas davon haben“, so Wiens. Denn nur dann könne man von einem „angemessenen Kundennutzen“ sprechen.
Ein weiteres Problem sind die hohen Stornoquoten bei einigen Produkten – vor allem in den ersten Vertragsjahren, wenn die Kosten am höchsten sind. Ein frühes Storno deutet oft darauf hin, dass das Produkt schlichtweg am Zielmarkt vorbeiverkauft wurde. „Wenn der Kundennutzen fehlt und das Produkt nicht den Bedürfnissen des Zielmarktes entspricht, dann haben wir ein Problem“, betont Wiens. Und wenn die BaFin ein Problem feststellt, wird sie auch handeln.
Die BaFin kann etwa den Vertrieb bestimmter Produkte untersagen oder Vorstandsmitglieder zur Verantwortung ziehen, wenn sie ihren Job nicht im Griff haben. Am liebsten wäre es der BaFin allerdings, wenn die Versicherer von sich aus dafür sorgen, dass ihre Produkte nicht nur ihnen selbst, sondern auch den Versicherten etwas bringen. „Das sind die Versicherer ihren Kundinnen und Kunden schuldig – und das darf man auch erwarten.“
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