Ein historisches Kapitel der deutschen Atomgeschichte geht zu Ende: Der letzte Atommülltransport aus Frankreich hat sein Ziel erreicht. Begleitet von einer „niedrigen vierstelligen Anzahl“ an Polizeikräften, unterstützt durch Hubschrauber, Pferdestaffeln und Drohnen, trafen die vier Castor-Behälter mit hoch radioaktivem Material am Mittwochabend im Zwischenlager auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks in Philippsburg (Baden-Württemberg) ein. Mit diesem Rücktransport hat Deutschland seine völkerrechtliche Verpflichtung erfüllt.
Ein reibungsloser Transport trotz Mahnwache
Nach Angaben des französischen Atomkonzerns Orano verlief der Transport störungsfrei. Am Bahnhof in Philippsburg fand eine kleinere, angemeldete Mahnwache statt, die jedoch keinen Einfluss auf die Logistik hatte. Der Transport bestand aus hoch radioaktiven Abfällen, die nach der Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus deutschen Atomkraftwerken im französischen La Hague übrig geblieben sind. Laut der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) ist der Rücktransport aller deutschen Abfälle aus Frankreich damit abgeschlossen.
Maximale Sicherheit und Geheimhaltung
Wie bei solchen Transporten üblich, wurden aus Sicherheitsgründen weder Zeitplan noch Route öffentlich bekannt gegeben. Die Polizei sicherte die gesamte Strecke, während Atomkraftgegner die Abfahrt des Transports bereits am Dienstag beobachteten. Am Mittwoch überquerte der Zug schließlich die Grenze nach Deutschland.
Die Einhaltung aller Sicherheits- und Grenzwerte wurde von der staatlichen Atomaufsicht und unabhängigen Gutachtern überwacht. Laut GNS stand dabei „die Sicherheit von Mensch und Umwelt an erster Stelle“. Die Behälter wurden auf speziell gesicherten Waggons transportiert, die höchsten Belastungstests standhalten.
Eine veränderte Protestkultur
Während Castor-Transporte in der Vergangenheit von massiven Protesten und zum Teil gewalttätigen Auseinandersetzungen begleitet wurden, verlief der aktuelle Transport – wie auch der letzte vor vier Jahren – ohne Zwischenfälle. Der gesellschaftliche Diskurs hat sich mit dem beschlossenen Atomausstieg verändert, doch Kritiker bleiben skeptisch: Das zentrale Problem der Endlagerung ist weiterhin ungelöst.
Zwischenlagerung für Jahrzehnte
Die vier gelieferten Behälter wurden in Philippsburg vorerst in einer massiven Halle untergebracht, die erst wenige Tage zuvor durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg genehmigt wurde. In den kommenden Tagen werden die Castoren von den Schienenwaggons auf Straßenfahrzeuge umgeladen und nacheinander ins Brennelemente-Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände gebracht.
Das Zwischenlager in Philippsburg, das bereits seit 2007 existiert, verfügt über 102 Lagerplätze, die mit der Lieferung nun komplett belegt sind. Eine Erweiterung des Lagers ist vorerst nicht vorgesehen, allerdings wird erwartet, dass der Betrieb über das aktuell genehmigte Jahr 2047 hinaus verlängert werden muss – denn ein Endlager gibt es weiterhin nicht.
Was steckt hinter den Castor-Behältern?
Die vier gelieferten Behälter sind vom Typ HAW28M („High Active Waste“) und gehören zu den sichersten ihrer Art. Mit einem Gewicht von 115 Tonnen und Außenwänden aus 40 Zentimeter dickem Gusseisen und Edelstahl gelten sie als extrem widerstandsfähig. Laut GNS haben die Behälter umfangreiche Tests bestanden, darunter Stürze aus großer Höhe, Feuertests und sogar Explosionstests in der Nähe eines Tankwagens. Der radioaktive Inhalt soll somit langfristig sicher verschlossen bleiben.
Fazit: Ein Ende mit Fragezeichen
Der Abschluss des Rücktransports von Atommüll nach Deutschland markiert einen wichtigen Schritt, doch die langfristige Herausforderung bleibt bestehen. Ohne ein Endlager wird die Zwischenlagerung in Philippsburg und anderen Standorten auf unbestimmte Zeit fortgesetzt. Kritiker bemängeln weiterhin die fehlende Lösung für die endgültige Entsorgung des hoch radioaktiven Abfalls. Der Atomausstieg ist zwar beschlossen, doch die Hinterlassenschaften der Kernenergie werden Deutschland noch viele Jahrzehnte begleiten.
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