Landgericht Dortmund
Beschluss
In dem Rechtsstreit
der Frau Ursula Frohböse, Mauerseeweg 6, 27356 Rotenburg,
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte: | Rechtsanwälte KWAG – Rechtsanwälte in Partnerschaft, Lofthaus 4, Am Winterhafen 3 A, 28217 Bremen, |
gegen |
1. |
die Dr. Peters Asset Invest GmbH & Co. KG, v.d.d. pers. haft. Ges. Dr. Peters Vertriebs-GmbH, d.v.d.d. Geschäftsführer Christoph Bernd Seeger, Anselm Gehling und Dr. Albert Tillmann, Stockholmer Allee 53, 44269 Dortmund, |
2. |
die DS-Fonds-Treuhand GmbH, v.d.d. Geschäftsführer Marc Bartels, Stockholmer Allee 53, 44269 Dortmund, |
Beklagten,
Prozessbevollmächtigte | zu 1, 2: Rechtsanwälte Spieker & Jaeger, Kronenburgallee 5, 44139 Dortmund, |
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund
am 30.09.2019
durch den Richter am Landgericht Weiß als Einzelrichter
beschlossen:
I. Dem Oberlandesgericht Köln werden gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG i.V.m. § 2 der Verordnung über die Konzentration der Verfahren nach § 32b der Zivilprozessordnung und nach dem Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten vom 16.11.2012 (GV. NRW. S. 617) folgende Feststellungsziele zum Zwecke der Herbeiführung eines Musterentscheids vorgelegt: Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt des Beteiligungsangebotes „DS-Rendite-Fonds Nr. 127 VLCC Younara Glory GmbH & Co. Tankschiff KG“ in erheblichen Punkten unrichtig, irreführend und/oder unvollständig ist. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Feststellungsziele (§ 6 Abs. 3 Nr. 1 KapMuG): 1. Die Marktsituation im Zusammenhang mit der IMO-Regelung ist falsch dargestellt. Das Abwrackpotenzial wird falsch dargestellt und somit ein überbewertetes positives Markt- und Weltbild des Anlageschiffs geschaffen. 2. An einer Aufklärung über die Verknüpfung zwischen Chartermarkt und Secondhand-Preisen bei Gebrauchttonnage fehlt es. Es fehlt die Aufklärung über die Tatsache, dass der Schiffswert den hoch volatilen Schwankungen ausgesetzt ist und grade nicht, nach dem Anleger bekannten, Wertverfall nach Nutzungsdauer berechenbar ist. Diese Besonderheit des Schiffsmarktes hätte dem Anleger offengelegt werden müssen. 3. Es werden unrealistische Prognosen dargestellt, die grade keinen stabilen Wert aufgrund des hoch volatilen Charterratenmarkt haben können, die Konzeption enthält sich zudem vollständig zu der seinerzeit absehbaren Übertonnage, die einen Charterratenverfall erwarten ließen. 4. Das Klumpen- und Spezialmarktrisiko wird nicht erläutert. Es fehlt an einer Darstellung, dass die hiesige Schiffsklasse nur auf eingeschränkten Routen einsetzbar ist und zudem die Einsatzbarkeit erheblich vom Angebot, der Nachfrage und der Stabilität der auf der Route befindlichen Förder- und Abnehmerregionen abhängt. 5. Die Konkurrenz durch Einhüllentanker wird nicht erläutert, die weiterhin auf dem Schiffsmarkt eingesetzt wurden und in Marktkonkurrenz zu Doppelhüllentankern standen. 6. Es erfolgen nur unzureichende Risikohinweise zur Fremdfinanzierung, insbesondere wichtige Informationen zur 105 %-Klausel, Loan-to-value und Basel II werden nicht vermittelt. 7. An keiner Stelle erfolgten Hinweise auf Wirtschafts- oder Schiffskrisen aus der Vergangenheit und Gegenwart, die stets erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Seetransporten genommen haben. 8. Dem Anleger wird die unterschiedliche Teilnahme am Risiko der Gesellschaft zwischen den Initiatoren nicht erklärt. Vor allem die Tatsache, dass die Initiatoren ihre Investition über die Vergütung um ein Vielfaches wieder aus der Gesellschaft kehren und dass der Anleger nur eine nachrangige Gläubigerposition im Falle einer Insolvenz einnimmt, wird dem Anleger nicht verdeutlicht. 9. Die Betriebskosten wurden unrealistisch niedrig kalkuliert und in verschiedenen Prognoserechnungen unterschiedlich hoch dargestellt, weshalb dem Anleger ein verzerrtes Bild über die Wirtschaftlichkeit der Anlage dargestellt wurde. 10. Die Nachschusspflicht wird fälschlich ausgeschlossen, wodurch dem Anleger ein weiteres Haftungsrisiko vorenthalten wird. 11. Die Szenarien sind frei erfunden und suggerieren dem Anleger stets einen positiven Ausgang der Anlage, selbst bei Schieflage. 12. Das Schiff wurde zu einem historischen Höchstpreis gekauft und war zudem kein Neubau. Dem Anleger bleibt verborgen, dass die Schiffspreisentwicklung im Kontext zur Charterratenentwicklung steht, als ein Sachwert Schiff (außer dem Schrottwert) kaum existiert. 13. An keiner Stelle erfolgt ein angemessener Hinweis auf die mögliche Inanspruchnahme der Fondsgesellschaft durch Dritte, wodurch eine Mehrbelastung der Gesellschaft entstehen kann. 14. Es erfolgt kein Hinweis auf die Rückforderbarkeit von Ausschüttungen gem. §§ 30, 31 GmbHG. 15. Der Anleger wird nicht über eine mögliche Majorisierung aufgeklärt, wodurch eine Minderzahl von Anlegern Entscheidungen zu Lasten der Mehrheit treffen können, selbst wenn nachteilig für die Mehrheit treffen können, selbst wenn diese nachteilig für die Mehrheit sind. 16. Der Veräußerungserlös wurde in Anbetracht der speziellen Marktsituation und der Volatilität unrealistisch hoch prognostiziert. 17. Der Anleger wurde nicht auf die fünfjährige Kommanditistenhaftung hingewiesen, die auch nach Ausscheiden aus dem Handelsregister fortbesteht. 18. Es erfolgen unzureichende Erläuterungen über den Versicherungsumfang, durch den die Anlage „Schiff“ geschützt werden soll. 19. Die Abgaben über die zugrunde gelegten steuerrechtlichen Regelungen waren falsch. Die aktuellen steuerrechtlichen Grundlagen, aus der eine höhere Gewerbesteuerabgabe resultierte, wurde nicht miteinbezogen. |
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II. Im Übrigen wird der Musterverfahrensantrag zurückgewiesen. |
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III. Lebenssachverhalt (§ 6 Abs. 3 Nr. 2 KapMuG): Die Kläger macht gegen die Beklagten – die Beklagte zu 1) ist Gründungsgesellschafterin und Anbieterin, die Beklagte zu 2) ist Treuhandkommanditistin – aus Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß den §§ 311 Abs. 2 u. Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Beteiligung an der DS-Rendite-Fonds Nr. 127 VLCC Younara Glory GmbH & Co. Tankschiff KG geltend. Dabei stellte der Verkaufsprospekt vom 07.11.2007 (Anlage K1) nach ihrem Vorbringen die Entscheidungsgrundlage für den Beitritt dar. |
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IV. Dieser Vorlagebeschluss und das Datum seiner Veröffentlichung sind gemäß § 6 Abs. 4 KapMuG im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. |
Gründe:
I.
Das Landgericht Dortmund ist für die Entscheidung über den Vorlagebeschluss als Prozessgericht, bei dem der erste bekannt gemachte Musterverfahrensantrag gestellt wurde, gemäß § 6 Abs. 2 KapMuG zuständig. Zur Entscheidung berufen ist der Einzelrichter, dem der Ausgangsrechtsstreit mit Beschluss vom 10.08.2018 gemäß § 348a Abs. 1 ZPO zur Entscheidung übertragen worden ist. Für das Vorlageverfahren gelten insoweit keine Besonderheiten. Insbesondere gilt § 11 Abs. 1 S. 2 KapMuG hier nicht, da die Vorschrift im zweiten Abschnitt des KapMuG steht und erkennbar das Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht betrifft (vgl. im Ergebnis ebenso: LG Stuttgart, Beschl. v. 27.02.2017 – 21 O 478/15 – [Vorlagebeschluss durch den ehemaligen Gesetzgebungsreferenten im Bundesministerium der Justiz des im November 2005 in Kraft getretenen KapMuG]; LG Hamburg, Beschl. v. 21.11.2016 – 325 O 173/15 –; Beschl. v. 11.10.2016 – 325 O 178/15 –; jeweils abrufbar im Klageregister unter www.bundesanzeiger.de).
Das Gericht hat gemäß § 3 Abs. 4 KapMuG davon abgesehen, den Musterverfahrensantrag der Klägerin im Klageregister öffentlich bekannt zu machen, weil die Voraussetzungen zur Einleitung eines Musterverfahrens nach § 6 Abs. 1 S. 1 KapMuG bereits vorliegen. Insbesondere ist das erforderliche Quorum durch das vorliegende Verfahren sowie den bei der Kammer anhängigen Parallelverfahren (3 O 375/17, 376/17, 379/17, 382/17, 386/17, 388/17 und 396/17, jeweils eine antragstellende Partei; 3 O 378/17 acht antragstellende Parteien) erreicht. Dabei handelt es sich im Verfahren zum Aktenzeichen 3 O 378/17 nicht um einen, sondern um acht Anträge; denn bei Streitgenossen auf Klägerseite zählt für die Ermittlung des Quorums die Anzahl der von den Streitgenossen gestellten Musterverfahrensanträge (vgl. BGH, Beschl. v. 21.04.2008 – II ZB 6/07 – NJW 2008, 2187, 2187 f., Rn. 8 ff.; Vollkommer, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Auflage 2014, § 6 Rn. 33 m.w.N.). Sind alle Anträge bei einer Kammer gestellt und ist bereits auf diese Weise das Quorum erreicht worden, kann das Prozessgericht von einer Veröffentlichung der Anträge ganz absehen, so dass sogleich der Vorlagebeschluss zu veröffentlichen ist (vgl. Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 3 Rn. 125; LG Frankfurt/M., Beschl. v. 27.09.2013 – 2-12 OH 4/13 – BeckRS 2014, 13258, Vorlageverfahren für zulässig erachtet vom OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.04.2015 – 23 Kap 1/13 – BeckRS 2015, 09131, Rn. 53).
II.
Soweit die Beklagten darüber hinaus die Zulässigkeit der Musterverfahrensanträge in Abrede stellen, folgt das Gericht dem hinsichtlich der Feststellungsziele zu Ziff. II. aus der jeweiligen Antragsschrift nicht.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG verwirft das Prozessgericht den Musterverfahrensantrag als unzulässig, soweit die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Fehlende Entscheidungserheblichkeit im Sinne dieser Vorschrift ist u.a. bei fehlender Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage anzunehmen. Vorliegend kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits jedoch auf die von den Klägern bzw. Klägerinnen aufgeworfenen Rechtsfragen – die Unrichtigkeit, Irreführung und Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts vom 07.11.2007 – an, sie sind damit entscheidungserheblich im engeren Sinne.
Für die Frage, wann eine Rechtsfrage klärungsbedürftig im Sinne genannter Norm ist, ist ein weniger strenger Maßstab als an die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO zu stellen (vgl Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 2 Rn. 70 mit Verweis auf BT-Drucks. 17/8799, S. 18).
Zwar hat das OLG Hamm in einer Vielzahl von Fällen den gegenständlichen Prospekt für vollständig und richtig erachtet, ein Musterverfahren, das wohl der Zulässigkeit eines weiteren Musterverfahrens ohnehin nicht entgegensteht (vgl. Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG a.a.O., § 2 Rn. 72), ist bislang noch nicht durchgeführt worden.
Die Kammer folgt insoweit der in der Kommentierung (Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 2 Rn. 71) vertretenen Auffassung, dass es bei bereits geklärten Rechtsfragen darauf ankommt, ob insoweit eine Änderung der Rechtsprechung aufgrund des gehaltenen Vortrages möglich erscheint. Voraussetzung hierfür ist indes, dass es sich um eine höchstrichterlich bereits geklärte Frage handelt, wobei nicht ausreichend ist, dass die Frage bereits einmal höchstrichterlich beantwortet worden ist (Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 2 Rn. 71).
Nach diesen Grundsätzen ist eine fehlende Klärungsbedürftigkeit für vorliegend geltend gemachte (vermeintliche) Prospektfehler nicht festzustellen. Eine gefestigte Rechtsprechung des BGH zu dem vorliegenden Prospekt, in dem eine Auseinandersetzung mit den gerügten Fehlern des gegenständlichen Prospekts außerhalb einer Nichtzulassungsbeschwerde erfolgt wäre, liegt – soweit ersichtlich – nicht vor.
Auch soweit es verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen betrifft, lässt sich eine fehlende Klärungsbedürftigkeit nicht feststellen. Zwar ist zu den insofern gerügten Prospektfehlern bzw. Unvollständigkeiten eine Vielzahl von obergerichtlichen Entscheidungen ergangen, die eine Aufklärungsbedürftigkeit verneint haben, so z.B. zum Hinweis zu §§ 30, 31 GmbHG (OLG Frankfurt, Urt. v. 29.07.2017 – 23 U 176/17; OLG München, Hinweisbeschl. v. 11.07.2018 – 12 U 2556/17), loan-to-value Klausel (OLG München, Hinweisbeschl. v. 10.12.2018 – 13 U 430/18), Nachhaftung gemäß § 160 HGB (OLG Hamburg, Urt. v. 23.03.2017 – 8 U 2 /16), Möglichkeit der Inanspruchnahme der Fonds-Gesellschaft durch Dritte (OLG Hamm, Urt. v. 29.09.2016 – 34 U 231/15), unzutreffende Darstellung der Gewerbesteuerbelastung (OLG Hamm, Beschl. v. 17.07.2017, 34 U 122/16). Eine höchstrichterliche Klärung genannter Rechtsfragen im oben genannten Sinne ist indes – soweit ersichtlich – nicht vorhanden.
Dass nach den in der Antragsschrift enthaltenen Argumenten für die jeweils geltenden gemachten Prospektfehler eine Änderung der genannten Rechtsprechung nicht möglich erscheint, eine solche mit anderen Worten also ausgeschlossen ist, lässt sich zudem nicht ohne Weiteres bejahen. Unabhängig hiervon sind hieran, insbesondere, da die bloße Zulässigkeit des Antrages zu prüfen ist, keine übermäßigen Anforderungen zu stellen.
Soweit die Beklagtenvertreter anführen, dass der vorliegende Rechtsstreit entscheidungsreif sei, weshalb die Anträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG als unzulässig zu verwerfen seien, ist dem entgegenzuhalten, dass die Verwerfung eines Musterverfahrensantrags dann nicht auf den Gesichtspunkt der Entscheidungsreife gestützt werden kann, wenn – wie hier – im Musterverfahren die Klärung von Rechtsfragen begehrt wird. Da es für die Frage der Entscheidungsreife nur auf die Aufklärung des Sachverhalts ankommt, kann, sofern diese vollständig erfolgt ist, aus der Notwendigkeit der Beantwortung schwieriger bzw. grundsätzlicher und damit klärungsbedürftiger Rechtsfragen keine fehlende Entscheidungsreife abgeleitet werden („iura novit curia“). Alles andere würde dazu führen, dass der Antrag ungeachtet der möglichen Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage stets als unzulässig zu verwerfen wäre, sofern der Sachverhalt bereits aufgeklärt ist. In einem Verfahren wie dem vorliegenden, in dem die Parteien ausschließlich über Rechtsfragen streiten, könnte also nie ein Musterverfahren zu einer Rechtsfrage durchgeführt werden. Dass dies der Intention des Gesetzgebers nicht entspricht, bedarf keiner näheren Begründung (vgl. zum Ganzen: Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 3 Rn. 48 m.w.N.).
Ferner ist eine Unzulässigkeit der Musterverfahrensanträge nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG gegeben. Für die Darlegung der Bedeutung für weitere Rechtsstreitigkeiten ist in jedem Fall die konkrete Angabe von neun weiteren erstinstanzlichen Verfahren ausreichend, in denen die Fehler- bzw. Unvollständigkeit einer Kapitalmarktinformation gerügt wird (vgl. Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 3 Rn. 48 m.w.N.). Dies ist allein durch die bei der Kammer anhängigen Verfahren der Fall.
Unerheblich ist schließlich, dass nach dem Beklagtenvortrag wegen zwischenzeitlich eingetretener kenntnisunabhängiger Verjährung sämtlicher Schadensersatzansprüche die gegenständliche Kapitalmarkinformation betreffend eine Bedeutung für andere Verfahren ausgeschlossen sei. Eine Einschränkung dahingehend, dass eine Bedeutung der Feststellungsziele über die Verfahren hinaus, die zum Vorliegen des Quorums des § 6 Abs. 1 KapMuG führen, bestehen müsste, lässt sich der gesetzlichen Regelung nicht entnehmen.
III.
Im Übrigen sind die Musterverfahrensanträge zurückzuweisen. Dies betrifft die Anträge zu Ziff. I. aus den jeweiligen Antragsschriften.
Der Antrag zu Ziff. I.1. ist unzulässig, da die Frage, ob Gründungs- und Treuhandkommanditisten nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung haften, höchstrichterlich umfangreich geklärt ist (vgl. etwa BGH, Urt. v. 06.10.1980 – II ZR 60/80 Rn. 15 ff.; BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07 Rn. 7 ff.; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08, Rn. 8 ff.) Eine Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG nach oben beschriebenen Grundsätzen liegt demgemäß nicht vor. Die Klägerin begehrt auch nicht die Abänderung genannter Rechtsprechung, sondern gerade deren Bestätigung, weshalb auch aus diesem Gesichtspunkt eine Klärungsbedürftigkeit nicht gegeben ist.
Der Antrag zu Ziff. I.2. ist unzulässig, da die uneigentliche Prospekthaftung an ein Aufklärungsverschulden bei Vertragsverhandlungen anknüpft und nicht – wie in dem Antrag beschrieben – an den Zeitpunkt der Prospektherausgabe. Zudem kommt der Frage des (etwaigen) Verschuldens bei den individuellen Vertragsverhandlungen keine Breitenwirkung i.S.d. § 2 Abs. 3 KapMuG zu (vgl Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 2 Rn. 35).
Der Antrag zu Ziff. I.3. ist unzulässig, da Gegenstand eines Musterfeststellungsverfahrens einzelne Anspruchsvoraussetzungen sein können, nicht aber das Bestehen des Anspruches selbst (vgl. BGH, Beschl. v. 10.6.2008 – XI ZB 26/07 = ZIP 2008, 1326). Der genannte Antrag ist dahingehend zu verstehen sein, dass festgestellt werden soll, dass der Anspruch (selbst) aus uneigentlicher Prospekthaftung dem Grunde nach besteht. Dies stellt nach Vorstehendem kein zulässiges Feststellungsziel dar.
IV.
Der Musterverfahrensantrag ist entgegen § 3 Abs. 3 S. 1 KapMuG nicht binnen sechs Monaten nach Eingang bekannt gemacht worden, da die Kammer zunächst die Auffassung vertreten hat, dass die Anträge insgesamt als unzulässig zurückzuweisen sind. Diese hat die Kammer erst in Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 09.07.2019 geändert; seit diesem Zeitpunkt sind weniger als sechs Monate vergangen, wobei den Parteien zwischenzeitlich Gelegenheit zur Stellungnahme auf die geänderte Rechtsauffassung zu gewähren war. Unabhängig hiervon gilt § 3 Abs. 3 S. 1 KapMuG nicht, wenn von der Möglichkeit des § 3 Abs. 4 KapMuG Gebrauch gemacht wird (vgl Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, a.a.O., § 3 Rn. 126).
Weiß
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