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LG Karlsruhe: RTL-Ausstrahlung eines unverpixelten Fotos eines „Gruppe Reuß“-Angeklagten war rechtswidrig

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Das Landgericht Karlsruhe hat entschieden, dass die Ausstrahlung eines unverpixelten Fotos eines Angeklagten im Strafverfahren um die „Gruppe Reuß“ durch RTL rechtswidrig war. Das Urteil vom 9. Oktober 2024, das nun mit den schriftlichen Urteilsgründen veröffentlicht wurde, legt fest, dass die Veröffentlichung unter den konkreten Umständen unzulässig war und künftig unterlassen werden muss.

Hintergrund des Falls

Der Kläger ist einer der Angeklagten im Strafprozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen die „Gruppe Reuß“ und befindet sich seit seiner Festnahme am 7. Dezember 2022 in Untersuchungshaft. Der Fernsehsender RTL hatte in der Nachrichtensendung „Das Nachtjournal“ am 30. April 2024 ein unverpixeltes Foto des Klägers gezeigt, das aus der Ermittlungsakte der Generalbundesanwaltschaft stammte und von der Polizei gefertigt worden war. Die Ausstrahlung erfolgte im Rahmen der Berichterstattung über den Prozessauftakt vor dem OLG Stuttgart am Vortag.

Der Kläger hatte der Veröffentlichung des Bildes nicht zugestimmt und erwirkte am 5. Juni 2024 einen Eilbeschluss, der RTL untersagte, das Foto weiter zu zeigen. Der Sender legte gegen diesen Beschluss Einspruch ein, woraufhin das Landgericht nach einer mündlichen Verhandlung erneut entschied.

Gründe für das Urteil

Das Gericht führte aus, dass die Veröffentlichung eines identifizierbaren Bildes eine Einschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, die einer besonderen Rechtfertigung bedarf. In diesem Fall überwog das Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und auf informationelle Selbstbestimmung das Interesse an der Pressefreiheit. Das Gericht berücksichtigte bei seiner Abwägung insbesondere folgende Punkte:

  • Unschuldsvermutung: Da der Kläger bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt, ist eine besonders zurückhaltende Berichterstattung geboten. Die Veröffentlichung des unverpixelten Fotos könnte zu einer Vorverurteilung führen und eine Stigmatisierung bewirken, die im Falle eines Freispruchs nicht mehr rückgängig zu machen wäre.
  • Eingriff in das Persönlichkeitsrecht: Die Fernsehberichterstattung stellt in der Regel einen stärkeren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar als Berichte in Printmedien oder im Hörfunk. Dies gilt besonders dann, wenn eine identifizierende Bildberichterstattung erfolgt.
  • Gefahr einer Prangerwirkung: Die Darstellung des Angeklagten in den Medien birgt die Gefahr, dass die öffentliche Meinung bereits durch die Berichterstattung beeinflusst wird und im Falle einer späteren Einstellung des Verfahrens oder eines Freispruchs „etwas hängenbleibt“.

Das Landgericht betonte, dass auch bei Straftaten ein Abwägungsprozess zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und den Persönlichkeitsrechten des Angeklagten notwendig sei. In diesem Fall habe das Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit gegenüber der Pressefreiheit überwogen.

Fazit

Das Landgericht Karlsruhe entschied, dass die unverpixelte Ausstrahlung des Fotos unter den gegebenen Umständen rechtswidrig war und künftig unterlassen werden muss. Das Urteil beruht auf einer Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der Pressefreiheit, wobei die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten in diesem Fall überwiegen.

Urteil der Pressekammer des Landgerichts Karlsruhe vom 9. Oktober 2024 (Az.: 22 O 6/24).

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