FDP-Chef Christian Lindner hat sich nach dem Thüringen-Debakel für die Wahl eines unabhängigen Ministerpräsidenten ausgesprochen und die Situation mit der „Ibiza-Krise“ in Österreich verglichen. In Österreich habe man die Präsidentin des Verfassungsgerichts mit den Amtsgeschäften betraut, sagte Lindner in einem Medieninterview.
Lindner bezog damit gegen eine Wiederwahl des Linken-Kandidaten Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten Stellung. „Ich persönlich halte in dieser extrem empfindlichen Situation Herrn Ramelow aber nicht für einen geeigneten Kandidaten, um das Land zu beruhigen“, sagte Lindner weiter in dem Interview.
Die politische Krise in Thüringen geht auf das Konto der FDP, deren Kandidat Thomas Kemmerich sich am Mittwoch dieser Woche mit den Stimmen von CDU und der rechtspopulistischen AfD zum Ministerpräsidenten wählen ließ.
Nachdem die überraschende Wahl zunächst von führenden FDP-Politikern begrüßt wurde, ging Lindner nach einem massiven öffentlichen Aufschrei über diesen politischen Tabubruch auf Distanz zur AfD und brachte Kemmerich dazu, mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.
Lindner betonte nun, dass er Kemmerich nicht auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Rücktritt gedrängt habe. „Sie hat keinerlei Druck ausgeübt“, sagte er. Der Rücktritt sei richtig gewesen – Kemmerich habe seine Ankündigung nur deshalb nicht sofort wahrgemacht, weil Staatskanzlei und Landtagsverwaltung in Thüringen noch Rechtsfragen klären wollten.
Lindners Wunsch nach einem unabhängigen Ministerpräsidenten dürfte sich nicht erfüllen, weil die CDU signalisiert hat, eine Wiederwahl Ramelows durch Stimmenthaltung zu ermöglichen.
Zudem könnte Ramelow auch die Stimmen der AfD erhalten, wobei es sich freilich um eine Provokation handeln würde. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland brachte diese Möglichkeit am Samstag ins Spiel, um Ramelow – wie zuvor Kemmerich – zum Verzicht aufs Amt zu drängen. „So agieren Demokratieverächter“, kommentierte Ramelow diese Überlegung Gaulands.
Wir waren übrigens die ersten, die genau diese Variante ins Spiel gebracht hatten zu einem Zeitpunkt, als Thomas Kemmerich noch nicht zurückgetreten war. Nimmt Ramelow dann diese Wahl an, dann ist auch er ein Ministerpräsident der mit AfD-Stimmen an die Macht gekommen wäre. Wo wäre da der Unterschied zu Thomas Kemmerich von der FDP?
Die einzig sinnvolle Lösung für Thüringen wären Neuwahlen. Gibt es dann klare Mehrheiten, wovon man zu diesem Zeitpunkt ausgehen darf, dann erledigen sich Diskussionen rund um die AfD und deren Abstimmungsverhalten im Thüringer Landtag.
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