Am 9. Dezember 2024 reichte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Sammelklage gegen Meta Platforms Ltd., das Mutterunternehmen von Facebook, beim Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg ein. Ziel dieser Musterfeststellungsklage ist es, Millionen deutscher Betroffener des Facebook-Datenlecks kostenlos zu Schadenersatzansprüchen zu verhelfen. Durch diesen Schritt sollen mögliche Ansprüche der Verbraucher:innen zum Jahreswechsel nicht verjähren. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. November 2024 könnten Betroffene allein für den „bloßen Kontrollverlust“ über ihre persönlichen Daten etwa 100 Euro Schadenersatz erhalten.
„Mit der Sammelklage eröffnet der Verbraucherzentrale Bundesverband Millionen Facebook-Nutzer:innen in Deutschland einen Weg für eine Entschädigung in Folge des Datenlecks bei Facebook“, sagt Jutta Gurkmann, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik beim vzbv. Doch trotz der hohen Zielsetzungen stellt sich die Frage: Ist dieser Prozess tatsächlich eine sinnvolle Möglichkeit, Verbraucherrechte durchzusetzen, oder profitieren am Ende vor allem die Anwälte und Organisationen hinter der Klage?
Die Fakten zur Sammelklage
- Was war passiert?
Im Jahr 2021 wurde bekannt, dass durch ein Facebook-Datenleck persönliche Informationen von weltweit 533 Millionen Nutzer:innen öffentlich zugänglich wurden. Darunter befanden sich auch Daten von etwa sechs Millionen Facebook-Konten aus Deutschland. Diese Informationen konnten für Spam, Phishing oder sogar Identitätsdiebstahl missbraucht werden. - Wer kann klagen?
Betroffene Facebook-Nutzer:innen, deren Daten im Zuge des Lecks öffentlich zugänglich wurden, können sich ab 2025 der Sammelklage anschließen. Der vzbv bietet diesen Weg kostenlos an. - Wie hoch ist die mögliche Entschädigung?
Der BGH hat entschieden, dass allein der Kontrollverlust über die eigenen Daten bereits einen Schadenersatzanspruch rechtfertigt. Die Entschädigungshöhe beträgt etwa 100 Euro pro Betroffenen – unabhängig davon, ob durch das Datenleck ein individueller Schaden entstanden ist oder nicht. - Warum eine Sammelklage?
Die Musterfeststellungsklage des vzbv soll rechtlich feststellen lassen, ob Schadenersatzansprüche bestehen und wie hoch diese sein können. Das soll den Betroffenen die spätere Durchsetzung ihrer Ansprüche erleichtern. Gleichzeitig verhindert die Klage, dass Ansprüche zum Jahresende 2024 verjähren.
Die zentrale Frage: Lohnt sich das wirklich?
Die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, klingt zunächst nach einem Sieg für die Verbraucher:innen. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich die Frage, ob der Aufwand im Verhältnis zum möglichen Nutzen steht.
- Der Schadenersatz: 100 Euro pro Person
Für den „bloßen Kontrollverlust“ über persönliche Daten ist laut BGH ein Schadenersatz von rund 100 Euro angemessen. Doch für viele Betroffene könnte diese Summe ernüchternd wirken – insbesondere, wenn man bedenkt, dass sich der Prozess über mehrere Jahre hinziehen könnte. - Das Geschäftsmodell hinter der Sammelklage
Zwar betont der vzbv, dass die Teilnahme an der Klage für Verbraucher:innen kostenlos ist. Doch die finanziellen Interessen der dahinterstehenden Akteure – insbesondere der Anwälte und Organisationen – dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Gerade bei großen Sammelklagen fließen oft erhebliche Summen an die juristischen Vertreter und die Organisatoren, während die Betroffenen am Ende mit vergleichsweise geringen Beträgen abgespeist werden. - Der tatsächliche Nutzen für Verbraucher:innen
Auch wenn die Aussicht auf Schadenersatz reizvoll ist, bleibt die Frage, ob ein Betrag von 100 Euro pro Person den Aufwand und die Dauer eines solchen Prozesses rechtfertigt. Für viele Betroffene könnte der eigentliche Schaden, wie beispielsweise der Missbrauch ihrer Daten durch Spam oder Phishing, schwerer wiegen – doch diese individuellen Nachteile werden durch die pauschale Entschädigung kaum adressiert. - Symbolpolitik statt Substanz?
Die Klage hat ohne Zweifel eine symbolische Bedeutung: Sie signalisiert, dass Datenlecks nicht folgenlos bleiben und Verbraucher:innen ein Recht auf Entschädigung haben. Doch man könnte argumentieren, dass eine solche Sammelklage vor allem als Druckmittel gegen Großkonzerne wie Meta dient, während der tatsächliche Gewinn für die Verbraucher:innen eher gering bleibt.
Ein Geschäftsmodell für Anwälte?
Die vzbv-Klage mag aus Sicht des Verbraucherschutzes ein sinnvoller Schritt sein, doch sie wirft unweigerlich die Frage auf, ob solche Sammelklagen nicht in erster Linie ein Geschäftsmodell für Anwälte und die ausführenden Organisationen darstellen. Die betroffenen Verbraucher:innen erhalten am Ende bestenfalls eine pauschale Entschädigung, während die juristischen Kosten – teils in Millionenhöhe – gedeckt werden müssen. Es bleibt abzuwarten, wie viel von den möglichen Schadenersatzsummen tatsächlich bei den Betroffenen ankommt.
Fazit
Die Sammelklage des vzbv gegen Meta mag ein wichtiges Signal für den Schutz von Verbraucherrechten und den Umgang mit Datenschutzverletzungen sein. Doch angesichts des vergleichsweise geringen Schadenersatzes von 100 Euro und der zu erwartenden langen Verfahrensdauer stellt sich die Frage: Ist diese Klage wirklich im Interesse der Betroffenen – oder ist sie ein weiteres Beispiel dafür, wie große Sammelklagen vor allem den juristischen Akteuren zugutekommen?
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