Die Polizei berichtet: Sie wollen nicht mehr einsam sein und träumen von einer gemeinsamen Zukunft. Was spielt Geld da schon für eine Rolle. Doch Vorsicht: Skrupellose Betrüger sind auch im Internet unterwegs. Als Romance- oder Love- Scamming wird die Masche bezeichnet, mit der sich die vermeintlichen Freunde erst das Vertrauen und dann das Geld und die Daten des ausgesuchten Opfers erschleichen. Nicht selten bleiben in diesem Deliktsfeld verzweifelte Frauen oder Männer mit „gebrochenem Herzen“ zurück. Eine betroffene Frau aus dem Landkreis erstattete jetzt Anzeige.
Der Kontakt der Geschädigten zu dem vermeintlichen US-Soldaten erfolgte bereits im Februar dieses Jahres über ein Internet-Portal. Dem mutmaßlichen Betrüger gelang es in der Folgezeit die 61-Jährige davon zu überzeugen, dass er in einer Notlage sei. In der Hoffnung auf eine Liebesbeziehung ließ die Frau alle Bedenken fallen und überwies in den nächsten Wochen auf Konten ins Ausland ihre gesamten Ersparnisse. Der Schaden beläuft sich auf etwa 110.000 Euro! Das Geld wird wohl für immer verschwunden bleiben.
Phänomen Love-Scamming: Ein seriöses Foto, Komplimente, Aufmerksamkeit, vielleicht sogar falsche Liebesbekundungen. Betrüger machen vor nichts Halt um ihre potentiellen Opfer um den Finger zu wickeln. Erst das harmlose Geplänkel über die Familie, über verstorbene Ehepartner und die Zukunftsplanung und dann die plötzlich auftretende Notsituation. Es wird Geld für eine dringende Operation benötigt, die Schulden für eine Immobilie des verstorbenen Mannes drücken oder das Flugticket für einen Besuch will bezahlt werden. Am Ende haben die gut organisierten Betrüger dabei nur ein Ziel: Ihnen das Geld aus der Tasche ziehen und sie ausnutzen. Den Tätern gelingt es, die potentiellen Opfer, die im Internet und den sozialen Medien auf der Suche nach einer Freundschaft oder der neuen Liebe waren, in eine emotionale Abhängigkeit zu locken. Die ahnungslosen Opfer sollen schließlich per Bargeldtransfer an Konten im Ausland oder an Geldboten zahlen. Zudem haben es die Betrüger auf die Daten der Opfer abgesehen. Kopierte Ausweispapiere und Co. verwenden sie dann, um Verträge auf den Namen der Opfer abzuschließen. Auch als Warenagenten setzen manche Betrüger ihre Opfer ein. Sie empfangen Pakete oder Waren an der Adresse in Deutschland und sollen diese ins Ausland an den vermeintlichen Freund weiterschicken.
Wer sind die Betrüger? In der Regel handelt es sich um hochprofessionelle Banden, die bestens geschult sind, das Opfer um die Finger wickeln und intimste Informationen erfragen. Da die Täter meist im Ausland sitzen, gestalten sich die Ermittlungen der Behörden entsprechend aufwendig und schwierig. In fast allen Fällen sehen die Opfer ihr Geld nie wieder.
Wie erkenne ich einen Liebesbetrüger? Die Täter sprechen oft gut Englisch. Wer auf deutschen Singleportalen mit einer kurzen, unpersönlichen Nachricht in englischer Sprache zum Chatten eingeladen wird, sollte hellhörig werden. Wenn sich der Partner dann auch noch als US-Soldat vorstellt, der gerade in Afghanistan im Einsatz ist, sollten alle Alarmglocken schrillen, denn eben diese Masche kommt derzeit häufiger vor. Die Profilbilder der Tatverdächtigen stammen häufig aus dem Internet, sind unscharf nur in kleiner Auflösung vorhanden und haben mit dem mutmaßlichen Betrüger nichts zu tun. Beim Chatten überhäufen die Betrüger ihr Opfer mit Liebeserklärungen und Komplimenten und stellen ein gemeinsames Leben oder gar eine Hochzeit in Aussicht. Die Täter bezeichnen das Opfer schnell als „Ehemann oder Ehefrau“. Schnell wird dann eine Verbindung in das Ausland hergestellt. Entweder der Partner ist bereits im Ausland oder er muss aus dringenden beruflichen oder familiären Gründen dort hin. Die „Scammer“ haben häufig eine Verbindung nach Westafrika und bitten um Geld, die Eröffnung eines gemeinsamen Kontos, den Versand von Päckchen oder um Ausweiskopien. Ein Tipp: Um einen ersten Verdacht zu bestätigen, kann man den Namen des Internetkontaktes mit dem Zusatz „Scammer“ in eine Suchmaschine eingeben.
Tipps der Polizei: Bleiben Sie skeptisch und sagen Sie „Nein“, wenn die Internet-Liebe Geld oder Daten fordert. Betrüger finden für alles eine Ausrede, auch wenn angeblicher Wohnort, Zielort und Adressat des Geldes unterschiedlich sind. Werden sie nicht zum „Zwischenhändler“ für Waren, es besteht die Gefahr, dass Sie sich selbst strafbar machen. Scheuen Sie sich nicht die Polizei zu verständigen, wenn Sie Zweifel haben oder bereits auf einen Betrug reingefallen sind. Die Polizei wird Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Weiterführende Informationen zum Thema „Romance- oder Love-Scamming“ gibt es unter www.polizei-beratung.de.
Betroffene aus dem Landkreis, die sich bisher nicht gemeldet haben, nehmen bitte Kontakt mit dem Fachkommissariat der Kriminalpolizei in Marburg, Tel. 06421- 4060, auf.
Jürgen Schlick
Rückfragen bitte an:
Polizeipräsidium Mittelhessen
Polizeidirektion Marburg-Biedenkopf
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Raiffeisenstraße 1
35043 Marburg
Telefon: 06421-406 120
Fax: 06421-406 127
Kommentar hinterlassen