Die Europäische Kommission hat am 24. Juli ein Maßnahmenpaket veröffentlicht, das Teil ihrer Strategie für eine Erholung der Kapitalmärkte von den Folgen der Corona-Krise ist. Mit dem Paket passt die EU-Kommission die europäische Prospektverordnung (Prospekt-VO)‚ die zweite europäische Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) und die Verbriefungsvorschriften gezielt an.
In die Prospekt-VO will die EU-Kommission beispielsweise zeitlich begrenzt einen kurzen EU-Wiederaufbauprospekt einführen, den dann Emittenten nutzen können, die seit mindestens 18 Monaten am geregelten Markt oder einem EU-Wachstumsmarkt zugelassen sind. Für sie besteht daher bereits Kapitalmarkttransparenz. Diesen Prospekt sollen Emittenten leicht erstellen, Anleger gut verstehen und Aufsichtsbehörden schnell genehmigen können. Außerdem ist angedacht, die Prospektausnahme des Artikels 1 Absatz 4 lit. j Prospekt-VO vorübergehend auszuweiten, indem der aggregierte Gesamtgegenwert der angebotenen Wertpapiere zeitweise von 75 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro steigt.
Zudem will die EU-Kommission die MiFID-II-Vorgaben zum Anlegerschutz gezielt anpassen, um den Aufwand für beaufsichtigte Institute, geeignete Gegenparteien und professionelle Kunden zu verringern. So sollen insbesondere Informationspflichten – etwa im Hinblick auf die Kostentransparenz gegenüber geeigneten Gegenparteien und professionellen Kunden – eingeschränkt werden. Bei den Product-Governance-Vorgaben für Anleihen mit Kompensationsklauseln (Make-Whole Clauses) sind Erleichterungen vorgesehen. Schließlich schlägt die Kommission noch vor, die delegierte Richtlinie zur MiFID II zu ändern, um für kleine und mittelgroße Emittenten sowie für den Bereich Anleihen mehr Finanzanalysen verfügbar zu machen.
Auch die Vorgaben für Warenderivate sollen sich ändern. Das Maßnahmenpaket sieht insbesondere Ausnahmen für Positionslimits bei neu gelisteten Derivatekontrakten vor, um deren weitere Entwicklung im Wege des Aufbaus von Liquidität nicht zu beeinträchtigen.
Im Hinblick auf Verbriefungen schlägt die EU-Kommission vor, einen spezifischen Aufsichtsrahmen auch für einfache, transparente und standardisierte synthetische Verbriefungen zu schaffen, der auf Bilanzverbriefungen beschränkt ist (synthetische STS-Verbriefungen). Für synthetische STS-Verbriefungen könnten sich somit risikoorientierte Erleichterungen ergeben, wie sie auch schon für traditionelle STS-Verbriefungen gelten. Darüber hinaus schlägt die EU-Kommission vor, regulatorische Hindernisse für die Verbriefung notleidender Risikopositionen zu verringern. Beide Vorhaben basieren auf Arbeiten der Europäischen Bankaufsichtsbehörde EBA aus den Jahren 2019 und 2020 sowie auf einem Vorschlag des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht BCBS, wie Kreditinstitute Verbriefungen notleidender Risikopositionen behandeln sollen. Er steht bis zum 23. August 2020 zur Konsultation (siehe BaFinJournal Juli 2020).
Dem Maßnahmenpaket müssen der Europäische Rat und das EU-Parlament noch zustimmen.
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