Bei der heutigen Oberbürgermeister-Stichwahl in Pirna (Sachsen) könnte sich ein politisches Novum abzeichnen: Zum ersten Mal besteht die Möglichkeit, dass ein Kandidat der AfD das Amt des Oberbürgermeisters in einer deutschen Stadt erlangt. In Pirna, mit knapp 40.000 Einwohnern die größte Stadt der Sächsischen Schweiz, treten Tim Lochner von der AfD, Ralf Thiele von den Freien Wählern und Kathrin Dollinger-Knuth von der CDU gegeneinander an. Im ersten Wahlgang erreichte Lochner 32,9 Prozent der Stimmen, während Thiele auf 23,2 Prozent und Dollinger-Knuth auf 20,2 Prozent kamen.
Im Gegensatz zu früheren Wahlen, wie beispielsweise 2019 in Görlitz, gibt es diesmal kein breites Mehrparteien-Bündnis gegen den AfD-Kandidaten. Sowohl die CDU als auch die Freien Wähler haben entschieden, nicht zugunsten des anderen Kandidaten zurückzutreten, trotz Bedenken gegenüber Thieles Wahlkampfmethoden seitens der CDU. Der gemeinsame Kandidat von SPD und Grünen sowie ein parteiloser Bewerber, die im ersten Wahlgang zusammen über 23 Prozent der Stimmen erhielten, stehen für die Stichwahl nicht mehr zur Verfügung.
Tim Lochner, ein Tischlermeister und ehemaliges CDU-Mitglied, der sich noch nicht offiziell der AfD angeschlossen hat, könnte von dieser Konstellation profitieren. Er hat im Wahlkampf und nach dem ersten Wahlgang bewusst auf polarisierende Aussagen verzichtet. In der Sächsischen Schweiz, einer Region, in der die AfD sowohl bei Landtags- als auch bei Bundestagswahlen stark abschneidet, könnte dies seine Chancen weiter erhöhen.
Die CDU-Kandidatin Dollinger-Knuth erhielt im Wahlkampfendspurt prominente Unterstützung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Grüne, SPD, Linke und der unabhängige Kandidat haben ihre Anhänger aufgefordert, für Dollinger-Knuth zu stimmen, um so eine Wahl Lochners zu verhindern. Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU und der AfD erwartet, bei dem die Entscheidung letztendlich in den Händen der Pirnaer Wähler liegt.
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