Sehr geehrter Herr Bremer,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Angelegenheit MIFA AG ist in der Tat spannend. Die Anleger erwarben Wertpapiere bzw. nicht nachrangige, nicht besicherte, verzinsliche (7,5 % p.a.) Inhaber-Schuldverschreibungen zu je 1.000,00 Nennwert. Das Gesamtvolumen ist mir indes nicht bekannt; es könnten bis zu 25 Mio. Euro sein. Im Zuge der Restrukturierung unter Einbeziehung eines indischen Investors wurde wohl im Sommer 2014 diskutiert, ob Anleger auf Ansprüche verzichten oder ggf. umwandeln in Aktien, da andernfalls der Investor weniger oder gar kein Interesse an einem Engagement habe.
Es wurde auch im Juli 2014 ein gemeinsamer Gläubigervertreter gewählt, der die Interessen gebündelt vertreten soll (eine GmbH aus München), was die Anleihebedingungen bzw. das SchVG grundsätzlich ermöglichen. Der gemeinsame Gläubigervertreter wurde vom die Versammlung Einberufenden vorgeschlagen, vermutlich also eher unternehmensseitig. Der Vertreter soll gewisse Entscheidungen treffen bzw. Rechtsverhältnisse der Anleger mit gestalten können im Hinblick auf die anstehende Sanierung (z.B. über Zinsstundungen, vorübergehende Verzichte auf Kündigungsrechte, Änderung der Anleihebedingungen). Das geschah dann auch gleich im August 2014 (Zinsstundung, Verzicht), allerdings auflösend bedingt durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Emittentin.
Im Ergebnis ist es jedoch zu keinem Investment aus Indien gekommen und die MIFA AG stellte einen Insolvenzantrag (Insolvenz in Eigenverwaltung, das Management will also die Restrukturierung gewissermaßen in vorläufiger Eigenregie weiter versuchen). Der gemeinsame Gläubigervertreter wird dann wohl die Gläubigerinteressen auch dabei vertreten.
Die auf den ersten Blick aufkommenden rechtlichen Fragen sind für mich die nach etwaigen Schadenersatzansprüchen der Anleger aufgrund angeblich fehlerhafter Unternehmenszahlen im Prospekt. Es gibt entsprechende Anklänge in der Berichterstattung, aber wohl noch keine festgestellten Fakten (jedenfalls kenne ich sie noch nicht). Wie es sich dann mit diesen Ansprüchen gegenüber der Restrukturierung in Eigenregie verhielte, dürfte ein wichtiger Punkt werden, ebenso, wer überhaupt alles prospektverantwortlich sein könnte. Ein weiterer überprüfenswerter Punkt dürfte derjenige sein, auf wessen Initiative und in welchem Interesse der gemeinsame Gläubigervertreter genau tätig werden sollte und werden wird. Es wird zu beobachten sein – wie in vergleichbaren Fällen auch –, ob seine Handlungen im Gläubiger- bzw. Anlegerinteresse erfolgen bzw. wie er sich abgrenzt zum ggf. gegenläufigen Restrukturierungsinteresse des Managements. Ein weiterer fraglicher Punkt dürfte sein, ob die Stimmberechtigten, die seinerzeit sich für den gemeinsamen Vertreter entschieden, die Reichweite ihrer Entscheidung auch bis in das heutige und künftige Szenario überblickt haben. Ob der entsprechende Beschluss aber auch noch erfolgreich anfechtbar wäre, kann ich nicht beurteilen, wage es aber grundsätzlich zu bezweifeln. Und natürlich wird versucht werden, den Wertpapierberater bzw. Vermittler auf eine mögliche Haftung zu überprüfen (wie immer), was ich aber noch nicht abschätzen kann.
Im Ergebnis liegt also ein nicht ganz alltägliches Szenario vor, welches anwaltliche Hilfe auf Seiten der Anleger ratsam erscheinen lässt. Anlegervertreter werden auch nicht lange auf sich warten lassen und sich anbieten. Allerdings sollten die Anleger sich in jedem Fall erst einmal über die wirklichen Erfolgsaussichten in wirtschaftlicher Hinsicht und die Gebotenheit der nächsten Schritte in diesem Szenario aufklären lassen, um nicht gutes Geld schlechtem hinterher zu werfen. Es kann vieles geschehen in einem Insolvenzverfahren …
Soweit meine allerersten Impulse.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Blazek
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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