Die Richtlinie 2014/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (MiFID II) ist am 3. Januar 2018 in Kraft getreten. Die Richtlinie hat die seit 2007 geltende europäische Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente) geändert. MiFID II bewirkte zudem die Einführung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente (MiFIR) sowie das Inkrafttreten verschiedener delegierter Rechtsakte.
Aufgrund der Auswirkungen der Finanzkrise zum Ende der 2000er Jahre wurde mit dieser neuen Gesetzgebung das Ziel verfolgt, einen transparenteren Finanzmarkt auf europäischer Ebene zu schaffen. Schwerpunkt der Richtlinie sind die Schwachstellen, die bezüglich Funktionsweise und Transparenz der Finanzmärkte festgestellt wurden, sowie die Gewährleistung eines größeren Schutzes der Verbraucher im Finanzbereich. Die vorstehenden Bedenken führten zu einer Überprüfung des Regulierungsrahmens für Wertpapierfirmen und Handelsplätze.
Der Begriff „Finanzinstrumente“ ist für die Umsetzung von MiFID II von zentraler Bedeutung, da dieser für den materiellen Geltungsbereich bestimmend ist. Die in der MiFID II festgelegten Regelungen gelten nicht nur für Transaktionen mit Kapital-/Aktienpapieren, sondern beispielsweise auch für Transaktionen mit derivativen Finanzinstrumenten und Anleihen.
In Bezug auf den Verbraucherschutz im Finanzbereich verpflichtet die MiFID II-Richtlinie die Gewerbetreibenden, sicherzustellen, dass sie im besten Interesse ihrer Kunden handeln, insbesondere durch:
- Reglementierung der Unternehmensführung und Ausgabe detaillierter organisatorischer Anforderungen an Gewerbetreibende;
- strengere Wohlverhaltensregeln für die Geschäftstätigkeit;
- die Befugnis der nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden, die Einhaltung der MiFID II-Richtlinie zu überwachen und delegierte Rechtsakte zu erlassen, anhand derer die Regelungen und Vorschriften ergänzt, verdeutlicht oder erläutert werden können.
Des Weiteren ermächtigt die MiFIR die zuständigen einzelstaatlichen Behörden (wie die CSSF), die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Finanzinstrumenten erforderlichenfalls zu untersagen oder einzuschränken (unter Berücksichtigung der hohen Risiken, die mit den betreffenden Finanzinstrumenten einhergehen können, oder der Unfähigkeit bestimmter Kunden, diese Risiken nachzuvollziehen).
Wohlverhaltensregeln
Im Rahmen der MiFID II wird überprüft, ob die Gewerbetreibenden im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handeln, indem ihnen unter anderem wichtige Informationspflichten auferlegt werden. Diese Informationen umfassen insbesondere die Kosten für erbrachte Wertpapierdienstleistungen sowie die Auswirkungen der vorstehenden Kosten auf die Anlagerendite.
Ein weiterer Punkt, der im Rahmen der MiFID II berücksichtigt wurde, ist die Unabhängigkeit der Anlageberatung. Anbieter von Wertpapierdienstleistungen müssen ihre Kunden darüber in Kenntnis setzen, ob ihre Dienstleistung unabhängig erbracht wird oder nicht.
Die MiFID II-Richtlinie verpflichtet außerdem zur Überwachung der Vergütung sämtlicher Mitarbeiter sowie zur Ermittlung und Überwachung von Interessenkonflikten.
Zu dem gleichen Zweck enthält die Richtlinie strenge Vorschriften für den Erhalt von Anreizen von Dritten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Regelungen bezüglich Anreizen ab sofort ausdrücklich den Erhalt und die Beibehaltung von Anreizen untersagen:
- wenn die Anlageberatung „unabhängig“ für den Kunden erbracht werden soll; und
- wenn es sich bei der erbrachten Dienstleistung um die Portfolioverwaltung handelt.
Für andere Dienstleistungen ist die Annahme von Anreizen nur dann zulässig, wenn folgende kumulative Bedingungen erfüllt sind:
- Die Provisionen oder Vorteile verbessern die Qualität der jeweiligen Dienstleistung.
- Der Erhalt von Anreizen beeinträchtigt nicht die Erfüllung der Pflicht des Anbieters, im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln.
- Dem Kunden werden vor der Erbringung der Dienstleistung unmissverständlich die Existenz, die Art und der Betrag oder die Art und Weise der Berechnung von Anreizen offengelegt.
Zusätzlich zu den oben genannten Punkten hat die MiFID II zum Zweck:
- die Anforderungen an den Berufshintergrund der Mitarbeiter von Wertpapierfirmen zu vereinheitlichen, indem sichergestellt wird, dass interne Richtlinien und Verfahren vorhanden sind, um zu gewährleisten, dass die Mitarbeiter die Art und Merkmale der von ihnen angebotenen und für ihre Kunden ausgewählten Finanzprodukte verstehen;
- die Gewerbetreibenden zu verpflichten, zu prüfen, ob alternative Produkte den Zielen ihres Kunden besser gerecht würden;
- die Unternehmen zu verpflichten, zu prüfen, ob ihre Kunden über die erforderlichen Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, um das zu erwerbende Produkt zu verstehen („Angemessenheitsprüfung“) („approprieteness test“)).
Aus Gründen der Transparenz sind Wertpapierfirmen verpflichtet, jährlich für jede Klasse von Finanzinstrumenten und jede Kundenart die fünf wichtigsten Handelsplätze, an denen Kundenaufträge ausgeführt wurden offenzulegen (diese Verpflichtung soll es der Allgemeinheit und den Anlegern ermöglichen, die Qualität der Ausführungspraktiken eines Anbieters zu beurteilen, indem die Veröffentlichung präziser Informationen darüber verlangt wird, wie und wo der Anbieter Kundenaufträge ausgeführt hat) und/oder die fünf wichtigsten Wertpapierfirmen, an die die Aufträge weitergeleitet werden, auszuweisen.
Regelungen zu Organisation und Eignung
Die Emittenten von Finanzinstrumenten sind verpflichtet, den Zielmarkt festzulegen (d. h. die Endkunden, für die das Produkt konzipiert wurde). Die Emittenten/Entwickler des Finanzinstruments haben dabei Kriterien wie Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden, die finanzielle Situation, die Risikofähigkeit und die Risikotoleranz, die Anlageziele sowie die Anlagebedürfnisse der Kunden zu berücksichtigen.
Die Erbringung von Dienstleistungen im bestmöglichen Interesse des Kunden erfordert zudem, dass an dem gewählten Handelsplatz mit höchster Wahrscheinlichkeit das bestmögliche Ergebnis für den Kunden erzielt werden kann.
Die Wertpapierfirmen müssen über eindeutige Ausführungsvorkehrungen verfügen, die ausreichend detailliert und für den Kunden verständlich formuliert sind. Die Wirksamkeit der Ausführungspolitik ist laufend zu überwachen und bei Bedarf entsprechend anzupassen.
Auch die Beziehung zum Kunden ist eingehend zu dokumentieren: Die Wertpapierfirma muss belegen können, wie und ob ihr Handeln im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden ist. Eine solche Dokumentation umfasst unter anderem Aufzeichnungen externer und interner elektronischer Mitteilungen sowie von Telefongesprächen im Zusammenhang mit Kundenaufträgen. Die Kunden müssen im Voraus über die Aufzeichnung von Gesprächen in Kenntnis gesetzt werden und können dieser widersprechen. Die Aufzeichnungen müssen für einen Zeitraum von fünf Jahren aufbewahrt werden.
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