Nach über zwei Jahren Verhandlung hat die 5. Große Strafkammer des Landgerichts München II am 12. März 2025 ihr Urteil gesprochen: Vier Angeklagte wurden wegen Steuerhinterziehung und Betrugs zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Haftstrafen für alle Angeklagten
Der Hauptangeklagte Herbert L. (67) erhielt eine Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 3 Monaten wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen und Betrugs in 248 Fällen.
Sein Mitangeklagter Manfred T. wurde zu 3 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt – wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu.
Die beiden weiteren Angeklagten, Anna W. und Helga L., erhielten jeweils 3 Jahre Freiheitsstrafe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
Zusätzlich ordnete das Gericht die Einziehung von rund 1 Million Euro bei einer beteiligten GmbH an.
Das Betrugssystem: „Schwarzeinkäufe“ und manipulierte Wiegescheine
Die Kammer sah es als erwiesen an, dass Herbert L. als Geschäftsführer einer Firma in Wolfratshausen ein betrügerisches System aufgebaut hatte. Kern des Systems war ein belegloser Wareneinkauf („Schwarzeinkäufe“) bei zahlreichen Lieferanten. Rechnungen wurden manipuliert, und tatsächlich erfolgte nur ein Bruchteil der angeblichen Lieferungen.
Besonders dreist: Im Schrott- und Metallhandel des Hauptangeklagten wurden Lieferungen korrekt gewogen, doch anschließend wurde grundlos ein niedrigeres Gewicht in einem neuen Wiegeschein festgehalten. Der ursprüngliche Wiegeschein wurde vernichtet – und die Lieferanten erhielten zu wenig Geld. So entstand ein Schaden von rund 300.000 Euro.
Steuerhinterziehung in Millionenhöhe
Neben den Betrugstaten ging es um massive Umsatzsteuerhinterziehung zwischen 2006 und 2010. Dabei wurde Vorsteuer aus nicht existierenden Warenbewegungen gezogen. Der Schaden allein durch Steuerhinterziehung belief sich auf 2,6 Millionen Euro.
Die beiden weiblichen Angeklagten – die Ehefrau von Herbert L. und seine Prokuristin – waren in das System involviert und erstellten die fingierten Buchhaltungsunterlagen, Umsatzsteuervoranmeldungen und Gutschriften, um die „Schwarzeinkäufe“ zu verschleiern.
Letzte Nachzahlung und strafmildernde Faktoren
Am letzten Verhandlungstag wurden noch 900.000 Euro an Umsatzsteuer nachgezahlt, was das Gericht bei der Strafzumessung teilweise berücksichtigte. Dennoch betonte der Vorsitzende Richter Stefan Weickert, dass die Strafen deutlich höher ausgefallen wären, wenn keine Teilrückzahlungen erfolgt wären.
Lange Verfahrensdauer – hohe Strafen
Das Verfahren zog sich über 87 Verhandlungstage seit Oktober 2022 hin. Grund dafür waren zahlreiche Anträge der Verteidigung. Der hohe Steuerschaden, die lange Dauer des kriminellen Systems und die besondere kriminelle Energie führten zu den hohen Strafen.
Dennoch gewährte das Gericht eine zweimonatige Anrechnung der Strafen wegen der langen Verfahrensdauer.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Alle vier Angeklagten haben Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Auch der Staatsanwaltschaft München II steht dieses Rechtsmittel offen.
Ob sich das Urteil in Karlsruhe noch ändert, bleibt abzuwarten.
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