Der Kampf gegen Kindesmissbrauch hat im Freistaat höchste Priorität. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Die Missbrauchsfälle in der Kirche erschüttern die ganze Gesellschaft und auch mich persönlich. Die Menschen in Bayern können sich darauf verlassen: Die bayerischen Staatsanwaltschaften ermitteln konsequent, sobald sich Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht ergeben. Keiner steht in Bayern über dem Gesetz, kein Politiker, kein Wirtschaftsboss und auch kein Geistlicher.“ Im kirchlichen Bereich wurden seit 2010 mehrere hundert Ermittlungs- und Vorermittlungsverfahren geführt.
Minister Eisenreich weiter: „Mir ist es wichtig, dass bei der Aufarbeitung zwischen der strafrechtlichen Verfolgung und der historischen Aufarbeitung unterschieden wird.“
1. Strafrechtliche Verfolgung
Die strafrechtliche Verfolgung ist Aufgabe des Staates. Die Staatsanwaltschaften sind nach dem Gesetz (§ 152 Absatz 2 Strafprozessordnung) verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte (sogenannter „Anfangsverdacht“) vorliegen.
Eisenreich: „Die Staatsanwaltschaften wenden Recht und Gesetz an. Sie ermitteln – und durchsuchen, wenn erforderlich, – immer dann, wenn ein entsprechender Anfangsverdacht vorliegt. Wie ich bereits im vergangenen Jahr gegenüber dem Landtag berichtet habe, kam es seit dem Jahr 2017 bei der Strafverfolgung von Missbrauchsfällen in der Kirche in Bayern in 39 Fällen zu Durchsuchungen bei Geistlichen oder Kirchenangehörigen (vgl. meinen Bericht an den Bayerischen Landtag vom 23. August 2022). Durchsuchungen dienen nicht dazu, ein politisches Signal zu setzen, sondern Beweismittel zu finden.“ Wenn erforderlich, beantragen die Staatsanwaltschaften einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Dieser kann grundsätzlich nur von einem unabhängigen Gericht erlassen werden.
Eisenreich weiter: „Die Missbrauchsstudien und Gutachten sind für die historische Aufarbeitung notwendig und wertvoll. Für die Strafverfolgung haben sie sich aber in der Vergangenheit als wenig hilfreich erwiesen (vgl. meinen Bericht an den Bayerischen Landtag vom 23. Juni 2022). Mögliche Täter waren häufig bereits verstorben oder die Taten verjährt. Unsere Ermittlerinnen und Ermittler sind deshalb vor allem auf Anzeigen von Geschädigten oder Dritten angewiesen.“
Durchsuchungen aufgrund der im Jahr 2018 veröffentlichen MHG-Studie wären nicht rechtmäßig gewesen. Weder die Namen von Tätern noch Tatorte noch Tatzeiten waren hier benannt. Eisenreich: „Diese Einschätzung war kein bayerischer Sonderweg. Sie wurde von allen Generalstaatsanwaltschaften in Deutschland geteilt. Die bayerischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind dennoch aktiv geworden und haben die Ordinariate aufgefordert, umfassend Akten vorzulegen – und das taten sie auch.“
Minister Eisenreich: „Unsere Staatsanwaltschaften ermitteln konsequent. Voraussetzung dafür ist aber, dass sie von einer Straftat Kenntnis erlangen. Deshalb meine Bitte an alle Betroffenen: Erstatten Sie Anzeige!“
2. Historische Aufarbeitung
Hiervon zu unterscheiden ist die historische Aufarbeitung: Diese ist Aufgabe der Kirche. Eisenreich: „Die Kirche hat sich auf den Weg gemacht, der noch nicht abgeschlossen ist. Mit der MHG-Studie 2018 wurde ein großer Schritt getan. Meine Erwartung ist, dass dieser Weg weitergegangen wird, dass weiter aufgeklärt wird. Ich finde es gut, dass einige Diözesen über die MHG-Studie hinaus eigene Gutachten in Auftrag gegeben haben. München hat das gemacht, Passau und Würzburg haben inzwischen auch ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die anderen Diözesen in Bayern sollten diesem Beispiel folgen.“
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