Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA haben einen innovativen KI-gesteuerten Chatbot entwickelt, der das Verhalten eines „zukünftigen Ichs“ simulieren soll. Ziel dieses Projekts namens „Future You“ ist es, den Nutzerinnen und Nutzern Erkenntnisse und Einsichten aus der Perspektive ihres älteren Selbst zu vermitteln und sie so zu langfristigem Denken und positiven Verhaltensänderungen zu motivieren.
Der Chatbot, der von GPT3.5 des KI-Unternehmens OpenAI betrieben wird, erstellt zunächst ein digital gealtertes Bild der Nutzerin oder des Nutzers im Alter von 60 Jahren. Anschließend werden die Teilnehmenden aufgefordert, eine Reihe von Fragen zu ihrer Persönlichkeit, ihrem Umfeld, ihren Erfahrungen und ihren Zukunftsvorstellungen zu beantworten. Diese Informationen dienen als Grundlage für das Sprachmodell, das die Interaktion mit dem Chatbot steuert und sicherstellt, dass die Antworten auf einer umfassenden Hintergrundgeschichte basieren.
Die Effektivität dieses Ansatzes hängt nach Ansicht von Verhaltensforscher Ivo Vlaev davon ab, wie authentisch und aufschlussreich die simulierten Gespräche von den Nutzerinnen und Nutzern empfunden werden. Gelingt es, eine sinnvolle und relevante Interaktion zu schaffen, könnte der Chatbot das Verhalten der Teilnehmenden erheblich beeinflussen. Erste Versuche mit 344 Freiwilligen deuten darauf hin, dass sich die Menschen bei Gesprächen mit dem Chatbot weniger ängstlich und stärker mit ihrem „zukünftigen Ich“ verbunden fühlen.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die potenzielle Wirkung des Chatbots liefert Pat Pataranutaporn, der selbst am Projekt „Future You“ arbeitet. In einem Gespräch mit seinem „zukünftigen Ich“ wurde er daran erinnert, dass seine Eltern nicht ewig leben würden und er die verbleibende Zeit mit ihnen bestmöglich nutzen sollte. Diese Sitzung habe ihm eine Perspektive gegeben, die ihn bis heute präge, so Pataranutaporn.
Die Entwicklung des „Future You“-Chatbots wirft jedoch auch Fragen auf, die über die technischen Aspekte hinausgehen. So muss sorgfältig abgewogen werden, inwieweit die KI-gesteuerte Interaktion tatsächlich in der Lage ist, sinnvolle Ratschläge und Einsichten zu vermitteln, ohne dabei die individuellen Lebensumstände und Entscheidungsprozesse der Nutzerinnen und Nutzer zu stark zu beeinflussen. Auch gilt es zu bedenken, dass die digitale Simulation eines „zukünftigen Ichs“ stets eine Vereinfachung darstellt und nicht alle Facetten der persönlichen Entwicklung und der sich wandelnden Lebensumstände berücksichtigen kann.
Nichtsdestotrotz eröffnet das Projekt „Future You“ faszinierende Möglichkeiten, Menschen mithilfe von KI-Technologien zu einer langfristigen Perspektive und zu positiven Verhaltensänderungen zu motivieren. Sollten sich die vielversprechenden Ergebnisse der ersten Versuche bestätigen, könnte dieser Ansatz in Zukunft eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden Methoden der Persönlichkeitsentwicklung und Lebensplanung darstellen. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Projekt weiterentwickelt und welche Erkenntnisse die Forschung in diesem Bereich noch liefern wird.
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