Der Kaffeekonzern Jacobs Douwe Egberts hat die Füllmenge des Produkts „Jacobs Latte macchiato classico“ der Marke Tassimo um fast die Hälfte reduziert und das bisherige Vollmilchkonzentrat durch einzelne Milchbestandteile ersetzt. Das Kaffeeprodukt ist daher unsere „Mogelpackung des Monats“ November.
Der „Jacobs Latte macchiato classico“ von Tassimo wurde als Zwei-Komponenten-System für Kaffeesystemmaschinen entwickelt, bei dem in der einen Kapsel das Kaffeepulver und in der anderen die „Milchkomponenten“ getrennt aufbewahrt werden.
Mogelmilch ersetzt Vollmilch
In der Kapsel mit den „Milchkomponenten“ kommt bei Tassimo statt echter Milch (Vollmilchkonzentrat) jetzt Mogelmilch zum Einsatz, so dass der Inhalt dieser Kapsel von 52 auf 26 Gramm zusammenschrumpft. Die Mogelmilch wird aus Einzelteilen der Milch, wie etwa Sahneerzeugnis, Milchproteinen, Milchmineralien und Wasser zusammengefügt und vom Verdickungsmittel Gummi arabicum (E 414) zusammengehalten.
Stellen Sie sich so die Milch für Ihren Latte macchiato vor? Wir nicht! Was Jacobs Douwe Egberts hier betreibt, ist Verbrauchertäuschung, denn bei einem Latte macchiato erwartet wohl jeder von uns echte Milch. Eigentlich muss der Konzern den Namen des Produkts ändern. Es reicht nicht aus, im Kleingedruckten auf die Wertminderung hinzuweisen. Wenn „Latte“ drauf steht, muss auch „Latte“ drin sein!
Füllmenge schrumpft zusammen
Die vom Kaffeekonzern als Milchkomposition deklarierten Inhaltsstoffe und eine um gut fünf Prozent reduzierte Kaffeemenge führen dazu, dass die Füllmenge pro Latte macchiato classico-Packung von 475,2 auf 264 Gramm schrumpft. Um Rohstoffkosten einzusparen und die Gewinnmarge zu erhöhen, geht bei diesen Tassimo-Kapseln die Füllmengenreduzierung also mit einem Qualitätsdumping einher.
Übrigens: Tassimo ist Wiederholungstäter. 8 Gramm Kaffee pro Plastikkapsel vor rund fünf Jahren wurden zunächst auf 7,4 Gramm und mit der letzten Rezepturänderung schließlich auf nur 7 Gramm reduziert. Das macht zusammen 12,5 Prozent weniger Kaffee. Auch bei anderen Sorten von Tassimo hat der Konzern in den letzten Jahren heimlich bis zu knapp 20 Prozent Kaffee aus den Kapseln genommen. Würde man 100 Millionen Kapseln bei Tassimo zur Grundlage nehmen und 1 Gramm weniger Kaffee in jede Kapsel stecken, wären das 100.000 Kilogramm (!) Kaffee, die Jacobs Douwe Egberts weniger einkaufen müsste.
Zwar können Sie als Kaffeetrinker auch mit dem neuen Tassimo-Produkt pro Packung weiterhin acht Tassen Latte macchiato zubereiten, doch bekommen sie weniger Qualität zum gleichen Preis. Der liegt häufig bei 4,99 € pro Packung, das macht rund 63 Cent pro Tasse.
Mogelmilch bleibt in der Kapsel
Die Rezepturänderung macht sich auch bei der Zubereitung bemerkbar. Weil sich die Mogelmilch mit der Zeit in der Kapsel absetzt und teilweise fest wird, spült die Kaffeemaschine die Flüssigkeit nicht vollständig aus der Kapsel heraus und nur etwas mehr als die Hälfte der sogenannten Milchkompositon landet in der Kaffeetasse, wenn die Kapsel vorher nicht kräftig geschüttelt wird. Bis zu 40 Prozent der sogenannten Milchkomposition sind bei unseren Versuchen in der Kapsel hängen geblieben. Beim Vollmilchkonzentrat gab es dieses Problem nicht. Der unscheinbare Hinweis auf dem Kapseldeckel „Schütteln“ reicht nicht aus, um Verbraucher vor Fehlanwendungen zu schützen.
Zu wenig Mogelmilch pro Kapsel?
Im Laufe unserer Untersuchung haben wir auch die Füllmenge der Milchkapseln genauer kontrolliert und 24 Messungen durchgeführt. Bei keiner einzigen Messung wurde die auf dem Etikett angegebene Grammzahl erreicht. Zwar waren die Unterfüllungen mit einem Durchschnittswert von 25,3 statt 26 Gramm relativ gering, doch muss ein Produkt nach Eichrecht die angegebene Nennfüllmenge durchschnittlich erreichen. Das bedeutet: Unterfüllungen in Einzelpackungen sind im gewissen Rahmen erlaubt, wenn eine andere Packung entsprechend mehr wiegt. Genau das konnten wir bei unserer Stichprobe jedoch nicht feststellen. Wir haben daher die Eichbehörden informiert und sie gebeten, die Abfüllung in der Produktion von Tassimo zu kontrollieren.
Zuckerampel steht auf rot
Bei Milch und Kaffee hat Jacobs Douwe Egberts gespart, den Zuckergehalt aber von 11 auf 25 Prozent nach oben geschraubt, was fast drei Zuckerwürfeln pro Tasse entspricht. Vergleicht man die aktuelle Rezeptur mit einer früheren aus dem Jahr 2010, ist der Zuckergehalt sogar um 70 Prozent gestiegen. Damals waren es noch 4,3 Gramm Zucker pro Latte macchiato. Warum Jacobs Douwe Egberts die Rezeptur „zuckriger“ gemacht hat, ist nicht klar, denn auf unsere Fragen antwortet das Unternehmen nur ausweichend:
„(…)Bei gleichbleibendem Geschmackserlebnis und der gleichen Anzahl an Getränken haben wir das Verpackungsmaterial unseres Tassimo Latte Macchiato Portfolios (Classico, weniger süß, Caramel) um fast ein Viertel reduziert. Damit sind wir einem Wunsch unserer Konsumenten nachgekommen, denn die neue Verpackung spart Platz im Küchenschrank und führt zu weniger Abfall. Dank eines neuen Herstellungsverfahrens konnten wir den Inhalt der Milchkomposition-T DISC konzentrieren und dadurch verkleinern. Dabei erhalten geringfügig höhere (Classico & weniger süß) oder kürzere (Caramel) Getränkelängen das optimale und ausbalancierte Geschmackserlebnis je Getränketyp.(…)„
Greenwashing beim Verpackungsmaterial
Doch allen „Verschlimmbesserungen“ zum Trotz verkauft Tassimo seinen Kunden den neuen, kleineren „Latte macchiato classico“ auch noch als Umweltvorbild, denn auf der Packung wird mit „Gleiches Geschmackserlebnis – weniger Verpackungsmaterial“ geworben. Das ist wirklich dreist!
Zum einen ist das Verpackungsmaterial bezogen auf den Inhalt gar nicht weniger geworden: Die Packung wurde nur um rund ein Drittel verkleinert, die Packungsinhalt aber um fast die Hälfte. Zum anderen ist Kaffee in Kapseln eine der größten Müllsünden überhaupt.
Pro Tasse „Latte macchiato“ von Tassimo benötigt man zwei Kapseln – also für 7 Gramm Kaffee und 26 Gramm Mogelmilch über 10 Gramm Plastik und dazu noch Aluminiumfolie als Kapselverschluss. Rechnet man diese Menge Verpackungsmaterial auf 500 Gramm Kaffee und einen Liter Milch hoch, ergäben das mehr als 500 Gramm Kunststoff! Das ist extrem viel: Rund zehn mal so viel wie man für ein herkömmliches Päckchen Kaffee und einen Liter Milch im Tetrapak benötigt. Wie kann Jacobs Douwe Egberts da bei seinem Produkt von „weniger Verpackungsmaterial“ sprechen, fragen wir uns?
Übrigens: Jacobs Douwe Egberts ist einer der größten Kaffeehersteller weltweit und entstanden aus der Fusion der Kaffeesparte des Unternehmens Mondelez International mit der niederländischer Firma D.E Master Blenders, die von der deutschen Milliardärsfamilie Reimann kontrolliert wird. Hinter dem Big Player stecken Marken wie Senseo, Jacobs, Tassimo und Carte Noire. Laut Medienberichten liegt der Jahresumsatz des Kaffeekonzerns Jacobs Douwe Egberts, der erst seit Juli 2015 unter diesem Namen firmiert, bei 7 Milliarden Euro.
Weitere Informationen zum Thema Mogelpackungen und versteckte Preiserhöhungen: http://www.vzhh.de/ernaehrung/30287/die-mogelpackungsliste.aspx
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