Startseite Allgemeines Muss ein Rechtsanwalt einem Unternehmen eine „Anfrage“ übermitteln bevor er über das Unternehmen einen kritischen Artikel erfasst?
Allgemeines

Muss ein Rechtsanwalt einem Unternehmen eine „Anfrage“ übermitteln bevor er über das Unternehmen einen kritischen Artikel erfasst?

Tumisu (CC0), Pixabay
Teilen

Das ist eine sehr interessante und durchaus relevante Frage – besonders im Spannungsfeld zwischen anwaltlicher Öffentlichkeitsarbeit, unternehmerischer Reputation und presserechtlichen Grundsätzen. Kurz gesagt: Ein Rechtsanwalt ist nicht grundsätzlich verpflichtet, ein Unternehmen vor Veröffentlichung eines Artikels oder Rechtstipps anzuhören – aber es gibt Grenzen.


🔍 Unterschied zum Journalismus: Keine presseethische Verpflichtung

Ein Journalist, der im Rahmen der Berichterstattung über eine Person oder ein Unternehmen schwerwiegende Vorwürfe äußert oder Reputationsrisiken schafft, ist in der Regel verpflichtet, vorab eine Stellungnahme einzuholen (Grundsatz der „Wahrhaftigkeit und Sorgfalt“, vgl. Pressekodex Ziffer 2). Wird dies unterlassen, kann das unter Umständen als Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht gelten und sogar rechtswidrig sein (z. B. Persönlichkeitsrechtsverletzung, Unterlassungspflicht).

Ein Rechtsanwalt, der im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit etwa auf Plattformen wie anwalt.de über ein Unternehmen berichtet – etwa, weil Mandanten betroffen sind –, agiert jedoch nicht als Journalist, sondern als Organ der Rechtspflege mit einem beruflich legitimierten Informationsinteresse.

⚖️ Anwaltliche Veröffentlichung – was ist erlaubt, was nicht?

Ein Anwalt darf grundsätzlich:

  • über rechtlich relevante Vorgänge berichten, wenn diese einen Bezug zu seinem Tätigkeitsbereich oder Mandanteninteresse haben,
  • rechtliche Einschätzungen oder Warnungen aussprechen, etwa zu Produkten, Anlageformen oder Verträgen,
  • öffentlich zugängliche Informationen verwenden (z. B. Handelsregister, Insolvenzbekanntmachungen, BaFin-Meldungen),
  • auf Rechtsprechung oder bekannte Sachverhalte Bezug nehmen.

Aber: Er muss sich an Recht und Berufsrecht halten, insbesondere an

  • das Verbot der Schmähkritik,
  • die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA),
  • die Vorschriften zu Wettbewerbsrecht und Persönlichkeitsrechten.

Wenn ein Anwalt etwa unbewiesene Tatsachenbehauptungen oder pauschale Verleumdungen über ein Unternehmen verbreitet, ohne objektive Grundlage, kann dies rechtswidrig sein – und ggf. auch abmahnfähig oder sogar strafbar (z. B. § 186 StGB – üble Nachrede).

📌 Muss der Anwalt das Unternehmen vorher anhören?

Nein, eine formelle Pflicht zur Anhörung besteht nicht, wie sie z. B. für die Presse über § 11 Abs. 2 Medienstaatsvertrag oder aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet wird.

Aber:

  • Wenn der Anwalt schwerwiegende Vorwürfe erhebt, sollte er aus Gründen der Fairness, Verhältnismäßigkeit und rechtlichen Absicherung erwägen, dem betroffenen Unternehmen eine Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen – insbesondere dann, wenn die Faktenlage nicht eindeutig ist.
  • In Gerichtsverfahren – etwa bei einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage – kann sich ein fehlendes Anhörungsangebot nachteilig auswirken, z. B. wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, es gehe eher um Rufschädigung als um rechtliche Aufklärung.

💡 Fazit :

„Ein Anwalt darf warnen, aber nicht vorverurteilen. Wer sachlich, belegt und mandantenbezogen informiert, bewegt sich im rechtssicheren Raum. Wer hingegen spekuliert oder bewusst ein Unternehmen beschädigt, riskiert selbst rechtliche Schritte.“

 

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Allgemeines

US-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene gibt Verlobung mit pro-Trump-Medienfigur bekannt

Die scheidende US-Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene aus Georgia hat am Montag ihre...

Allgemeines

Powerball verdankt Milliardengewinn wohl Mega Millions – und einer unpopulären Preiserhöhung

Ob der milliardenschwere Powerball-Jackpot an diesem Samstag geknackt wird oder nicht –...

Allgemeines

Die Lösung für Amerikas Preisproblem? Möglicherweise ebenfalls kaputt

Der Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell brachte es vergangene Woche auf den...

Allgemeines

Täuschend echt, aber nicht geliefert: So entlarven Verbraucher Online-Fake-Shops

Online-Shopping ist für viele Verbraucherinnen und Verbraucher längst Alltag. Doch mit der...