Ab dem 2. August 2022 muss das Thema Nachhaltigkeit auch in der Anlageberatung und der Finanzportfolioverwaltung berücksichtigt werden. Ein kurzer Überblick.
Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen bei der Wertpapier-Anlageberatung und der Finanzportfolioverwaltung etwaige Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kundinnen und Kunden beachten. Dies ergibt sich aus der Anpassung der in Deutschland unmittelbar geltenden Delegierten Verordnung 2017/565 n.F., mit welcher der europäische Gesetzgeber die Finanzmarktrichtlinie MiFID II ergänzt hat. Die Änderung dient dem Ziel, Aspekte der Nachhaltigkeit in die Finanzberatung einzubeziehen und Finanz- und Kapitalströme in umweltfreundliche Investitionen zu lenken.
Weiteres Anlageziel: Nachhaltigkeit
Konkret bedeutet dies, dass Anlageberater ihre Kunden zu ihren Wünschen in Bezug auf Nachhaltigkeit befragen müssen und ihnen nur Finanzinstrumente empfehlen dürfen, die ihren Nachhaltigkeitswünschen entsprechen. Die Nachhaltigkeitspräferenzen ergänzen die bisherigen Anlageziele „Anlagezweck“, „Anlagedauer“ und „Risikotoleranz“, die ein Wertpapierdienstleister auch zuvor schon bei der Geeignetheitsprüfung berücksichtigen musste (siehe Infokasten).
Die Nachhaltigkeitspräferenzen werden in drei Kategorien unterteilt: in ökologisch nachhaltige Investitionen im Sinne der Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852), in nachhaltige Investitionen im Sinne der Offenlegungs-Verordnung (Verordnung (EU) 2019/2088) und danach, ob bei einem Finanzinstrument die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit berücksichtigt werden sollen. Damit werden Finanzinstrumente ausgeschlossen, die bestimmte negative Auswirkungen (Principal Adverse Impact Indicators – PAIs) auf die Nachhaltigkeit haben, wie Menschenrechtsverletzungen und die Emission von Treibhausgasen.
Genaue Vorgaben fehlen noch
Wie die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen einer Kundin oder eines Kunden konkret ausgestaltet werden soll, ist gesetzlich nicht vorgegeben. Die BaFin erwartet, dass sich die Wertpapierdienstleistungsunternehmen künftig an den entsprechenden Leitlinien (Guidelines) der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) orientieren, die bisher allerdings nur im Entwurf vorliegen. Auch die Technischen Regulierungsstandards zur Offenlegungs-Verordnung und zur Taxonomie-Verordnung sind noch nicht anwendbar.
Präferenzen in der Beratung anpassen
In den Fällen, in denen einem Kunden zunächst kein Produkt angeboten werden kann, das seinen Nachhaltigkeitspräferenzen entspricht, hat dieser die Möglichkeit, diese in der Beratung anzupassen. Wünscht der Kunde keine Anpassung, darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine Empfehlung aussprechen.
Die BaFin wird die Umsetzung der neuen Regelungen eng begleiten. Sollte es erforderlich sein, wird sie die Wertpapierdienstleistungsunternehmen auffordern nachzubessern. Die Einhaltung der nun erweiterten Vorschriften zur Geeignetheitsprüfung wird außerdem bei der jährlichen Prüfung nach dem Wertpapierhandelsgesetz geprüft.
Wie die Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind auch die Prüfer angehalten, sich bei offenen (Auslegungs-)Fragen an den bereits veröffentlichten Entwürfen der oben genannten Technischen Regulierungsstandards und der ESMA–Guidelines zu orientieren.
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