Die Finanzwelt ist voller komplexer Produkte, die von Laien oft schwer zu durchschauen sind. Eines dieser Instrumente sind Genussrechte. Sie gelten als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital und erfreuen sich bei Unternehmen großer Beliebtheit, um Kapital einzuwerben, ohne die Bilanz unnötig zu belasten. Für Investoren hingegen bergen sie zahlreiche Risiken – nicht zuletzt durch die sogenannte Nachrangigkeit. Dieser Artikel beleuchtet die Funktionsweise der Nachrangigkeit von Genussrechten, warum viele Investoren bei finanziellen Problemen ihrer Anlage auf die falschen Retter setzen und wie eine strukturierte, lösungsorientierte Bündelung von Mandaten in Diskussionsverfahren eine erfolgversprechendere Strategie sein kann.
Was sind Genussrechte und warum ist die Nachrangigkeit so problematisch?
Genussrechte sind eine hybride Form der Kapitalanlage, die den Anlegern bestimmte Gewinnbeteiligungen oder Ausschüttungen verspricht. Sie ähneln in ihrer Funktion Anleihen oder Aktien, doch rechtlich gesehen sind sie weder das eine noch das andere. Genussrechte verschaffen den Anlegern keine Mitbestimmungsrechte wie bei Aktien und auch keinen festen Anspruch auf Rückzahlung wie bei klassischen Schuldverschreibungen.
Das zentrale Problem von Genussrechten ist ihre Nachrangigkeit. Das bedeutet, dass im Falle einer Insolvenz des Emittenten die Forderungen der Genussrechtsinhaber erst bedient werden, nachdem alle anderen Gläubiger – wie Banken, Lieferanten oder Anleihegläubiger – ihr Geld erhalten haben. Dies führt oft dazu, dass Anleger von Genussrechten im Falle einer Unternehmenspleite mit leeren Händen dastehen. Genussrechte sind also hochriskant, und das Versprechen hoher Renditen steht oft in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Risiken, die mit einer solchen Anlage verbunden sind.
Die Nachrangigkeit ist in den meisten Fällen vertraglich festgelegt und wird in den Emissionsbedingungen der Genussrechte erläutert. Doch viele Anleger unterschätzen diese Klauseln oder sind sich der Tragweite nicht bewusst, da sie davon ausgehen, dass ihr investiertes Kapital im Ernstfall sicher sei.
Die Rolle der Anlegerschutzanwälte: Hoffnungsträger oder falsche Versprechungen?
Wenn eine Kapitalanlage wie Genussrechte in Schieflage gerät, wenden sich viele Anleger hilfesuchend an sogenannte Anlegerschutzanwälte. Diese Anwälte werben häufig mit der Aussicht, das verlorene Geld zurückzuholen – sei es durch Klagen gegen den Emittenten, gegen Berater oder Vermittler, oder durch die Anfechtung von Nachrangvereinbarungen. Doch in vielen Fällen sind solche Versprechungen nicht nur unrealistisch, sondern schüren bei den Anlegern falsche Hoffnungen.
Warum das Versprechen, „Ihr Geld zu retten“, oft irreführend ist:
- Rechtliche Grundlage der Nachrangigkeit: Die Nachrangigkeit von Genussrechten ist in der Regel klar und deutlich vertraglich geregelt. Solche vertraglichen Klauseln vor Gericht anzufechten, ist mit erheblichen Hürden verbunden, da sie im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben meist wirksam sind. Selbst ein Gerichtsurteil, das zugunsten des Anlegers ausfällt, bietet keine Garantie, dass das verlorene Kapital zurückgeholt werden kann, wenn der Emittent zahlungsunfähig ist.
- Kostenrisiko: Anlegerschutzanwälte arbeiten selten kostenlos. Sie verlangen oft eine Pauschalvergütung, eine Prozesskostenfinanzierung oder eine Erfolgsbeteiligung. Wenn die Erfolgsaussichten von Anfang an gering sind, zahlt der Anleger nicht nur drauf, sondern verliert zusätzlich Zeit, die er in realistischere Lösungsansätze hätte investieren können.
- Emotionale Ausnutzung der Anleger: Nach dem Verlust ihres Kapitals befinden sich viele Anleger in einer emotional angespannten Situation. Anlegerschutzanwälte, die den Eindruck erwecken, „alles retten zu können“, nutzen diese Lage oft aus, ohne den Mandanten die geringen Erfolgsaussichten klar aufzuzeigen.
Lösungsorientierte Ansätze: Bündelung von Mandaten und Verhandlung mit dem Emittenten
Nicht alle Anlegerschutzanwälte arbeiten jedoch rein profitgetrieben oder mit falschen Versprechungen. Es gibt durchaus Kanzleien, die in solchen Situationen lösungsorientiert agieren und gemeinsam mit anderen Geschädigten eine strategische Position entwickeln. Die Bündelung von Mandaten ist dabei ein sinnvoller Weg, um eine starke Verhandlungsposition gegenüber dem Emittenten – in diesem Fall der DEGAG – aufzubauen.
Die Vorteile der Bündelung von Mandaten:
- Erhöhung des Drucks auf den Emittenten: Wenn sich viele Anleger zusammenschließen und gemeinsam auftreten, können sie gegenüber dem Emittenten eine stärkere Verhandlungsposition einnehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Unternehmen noch operativ tätig ist und an einer Restrukturierung interessiert ist, um seinen Ruf nicht dauerhaft zu schädigen.
- Kostenersparnis: Durch die Bündelung von Mandaten können die Anwaltskosten unter den beteiligten Anlegern aufgeteilt werden, was das finanzielle Risiko für den Einzelnen deutlich reduziert.
- Konzentration auf außergerichtliche Lösungen: Oftmals ist es effektiver, mit dem Emittenten in ein strukturiertes Diskussionsverfahren zu treten, als den gerichtlichen Weg einzuschlagen. Eine außergerichtliche Einigung kann für beide Seiten eine schnellere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung darstellen.
Warum diese Strategie sinnvoller ist:
Ein Verhandlungserfolg hängt maßgeblich davon ab, wie geschlossen die Anleger auftreten. Während Einzelklagen oft wirkungslos verpuffen, weil sie für den Emittenten keine existenzielle Bedrohung darstellen, kann eine koordinierte Vorgehensweise die Chancen auf eine Rückzahlung oder zumindest eine Teilentschädigung erheblich erhöhen.
Fazit: Realistische Erwartungen und der Blick auf nachhaltige Lösungen
Die Nachrangigkeit von Genussrechten ist ein ernstzunehmendes Risiko, das Anleger unbedingt verstehen sollten, bevor sie in solche Produkte investieren. Für diejenigen, die bereits Verluste erlitten haben, sind falsche Versprechungen von Anlegerschutzanwälten keine Lösung. Stattdessen sollten Betroffene darauf achten, mit seriösen Anwälten zusammenzuarbeiten, die nicht auf Klagen um jeden Preis drängen, sondern sich auf die Bündelung von Interessen und eine lösungsorientierte Strategie fokussieren.
Die Kombination aus Transparenz, realistischen Erwartungen und einem koordinierten Vorgehen kann dazu beitragen, die finanziellen Schäden zu minimieren – auch wenn die Nachrangigkeit in vielen Fällen bedeutet, dass nicht das gesamte Kapital zurückgewonnen werden kann. Anleger sollten sich bewusst sein, dass eine fundierte und lösungsorientierte Verhandlungsstrategie oft mehr bewirken kann als die Illusion einer juristischen „Rettung“, die meist teuer und aussichtslos ist.
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