In der westafrikanischen Elfenbeinküste sorgt eine neue Regel im beliebtesten Schönheitswettbewerb des Landes für Aufsehen – und für eine Debatte über Selbstbild, kulturelle Identität und wirtschaftliche Folgen: Ab sofort sind Perücken, Haarverlängerungen und künstliche Zöpfe in den Vorrunden zur Wahl der Miss Côte d’Ivoire 2025 verboten.
Ziel ist es, die natürliche Schönheit afrikanischer Frauen in den Mittelpunkt zu rücken. „Wir wollen, dass die Kandidatinnen echt sind – mit ihrem eigenen Haar, ob geflochten oder geglättet. Schönheit soll roh und unverfälscht sein“, erklärt Victor Yapobi, Präsident des Organisationskomitees.
Nur zwei Siegerinnen mit Naturhaar in 60 Jahren
Bislang dominierten bei Schönheitswettbewerben im Land – wie vielerorts weltweit – westliche Schönheitsideale: lange, glatte Haare, häufig künstlich verlängert. Nur zwei Missen in sechs Jahrzehnten trugen ihre Krone auf natürlichem Haar, zuletzt Marlène-Kany Kouassi im Jahr 2022.
Auch international war der Wandel spürbar, etwa als Angélique Angarni-Filopon aus Martinique mit 34 Jahren und kurzem Afro zur Miss Frankreich 2024 gekrönt wurde.
Neue Regeln für mehr Diversität – und weniger Kosten
Neben dem Perückenverbot wurden weitere Kriterien geändert: Die Altersgrenze wurde auf 28 Jahre angehoben, die Mindestgröße leicht gesenkt, und die Teilnahmegebühr auf etwa 50 US-Dollar reduziert – früher lag sie bei über 80 Dollar. Ziel: mehr Teilhabe und weniger finanzielle Hürden für junge Frauen aus allen sozialen Schichten.
„Die Teilnehmerinnen haben sich regelrecht verschuldet, um mithalten zu können – mit teuren Haarteilen und Outfits“, so Yapobi. „Das sollte nicht sein.“
Begeisterung – und Kritik
Beim ersten Vorentscheid in Daloa zeigten sich viele Teilnehmerinnen begeistert. „Ich fühle mich zum ersten Mal wirklich als afrikanische Frau schön“, sagt Emmanuella Dali (21). Auch wenn sie nicht gewann, habe sie an Selbstbewusstsein gewonnen: „Das hier bin ich.“
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Astrid Menekou (24), Make-up-Künstlerin und Kandidatin, sagt: „Ich liebe Perücken – sie sind Ausdruck meiner Persönlichkeit.“ Sie war zunächst überrascht von der Regel, fügte aber hinzu: „Jetzt? Ich mag mein eigenes Haar – und das ist okay.“
Wirtschaftliche Auswirkungen befürchtet
Nicht alle profitieren: Die Friseurbranche schlägt Alarm. „Das ist schlecht fürs Geschäft“, sagt Ange Sea (30), Friseurin in Daloa. „Viele Frauen lieben Perücken, sie bringen uns den Großteil unseres Einkommens.“
Die Haarindustrie der Elfenbeinküste ist über 300 Millionen Dollar jährlich wert. Menschliches Haar kann bis zu 4.000 Dollar kosten. Friseure investieren Stunden in das Einnähen oder Kleben von Haarteilen. Ein Verzicht auf künstliche Haarpracht könnte tiefgreifende ökonomische Folgen haben.
Gesellschaftlicher Wandel angestoßen
Ob sich die Regel bis ins große Finale Ende Juni in Abidjan durchsetzt, ist noch offen. Yapobi kündigte an, das Feedback sei „überwältigend“ – auch aus dem Ausland. Man wolle evaluieren, ob das Experiment fortgeführt wird.
Eines steht jedoch fest: Der Wettbewerb hat eine Debatte über Schönheitsideale und kulturelle Identität entfacht – und vielen jungen Frauen neues Selbstbewusstsein gegeben.
Wie es Miss Haut-Sassandra, Doria Koré, ausdrückte:
„Mit Naturhaar zu gewinnen, zeigt die wahre Schönheit afrikanischer Frauen.“
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