Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 6. August 2020 dem Eilantrag eines Fleischverarbeitungsbetriebs aus dem Kreis Warendorf gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zur Vermeidung weiteren Infektionsgeschehens in Großbetrieben der Fleischwirtschaft vom 20. Juli 2020 stattgegeben.
Nummer 1 dieser Allgemeinverfügung ordnet für Schlachthöfe, Zerlegebetriebe und fleischverarbeitende Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten in der Produktion insbesondere an, dass die Beschäftigten grundsätzlich mindestens zwei Mal pro Woche auf Kosten des Betriebsinhabers auf das Coronavirus getestet werden müssen.
Dem hiergegen gerichteten Eilantrag gab das Gericht statt und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die auf dem Infektionsschutzgesetz beruhende Allgemeinverfügung sei aller Voraussicht nach (offensichtlich) rechtswidrig. Die Gefahrenlage durch die Corona-Pandemie sei zwar allgemein, aber auch konkret in der Fleischindustrie weiterhin als hoch einzustufen. In Bezug auf den Betrieb der Antragstellerin seien die angeordneten Maßnahmen allerdings nicht erforderlich. Fleischverarbeitungsbetriebe wie derjenige der Antragstellerin dürften nicht, jedenfalls nicht ohne nähere Begründung, mit Schlachthöfen und Zerlegebetrieben gleichgestellt werden. Es sei von dem Antragsgegner nichts Belastbares dazu vorgebracht worden, dass die Gefahrenlage der „Fleischindustrie“ auch auf den Betrieb der Antragstellerin zutreffe. Die Produktionsbedingungen der Antragstellerin wichen von den der Allgemeinverfügung zugrunde gelegten ab. Insbesondere werde das bereits zerlegte Fleisch nicht unter denselben „klimatischen“ Bedingungen (Umluftkühlungen) verarbeitet. Für das Gericht sei nur ersichtlich, dass Schlacht- und Zerlegebetriebe sogenannte Hotspots für Infektionsgeschehen darstellen. Der Antragsgegner setze sich durch die generalisierende Anordnung somit in Widerspruch zu seiner selbst bekundeten Einschätzung der Gefahrenlage und der zu ihrer Bewältigung einzusetzenden Mittel, keine besonderen Schutzvorschriften für das gesamte produzierende Gewerbe vorzusehen. Ferner sei die Anordnung auch deswegen rechtswidrig, weil eine ausnahmslose Verpflichtung, ohne die Möglichkeit, den jeweiligen Produktionsbedingungen durch Befreiungstatbestände Rechnung zu tragen, nicht notwendig sei. Schließlich falle auch die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, weil es keine belegbaren Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung der Allgemeinheit durch den Betrieb der Antragstellerin gebe.
Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.
Der Beschluss wird in Kürze in der Rechtsprechungsdatenbank www.nrwe.de veröffentlicht.
Aktenzeichen: 5 L 596/20 – nicht rechtskräftig
Kommentar hinterlassen