Der 1. Senat hat mit Urteilen vom 9. Februar 2023 den Bebauungsplan Nr. 23/220 „Brinkum-Nord Sportfachmarkt“ der Gemeinde Stuhr für unwirksam erklärt (Az.: 1 KN 63/20) und die der beigeladenen Grundstücksgesellschaft auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung aufgehoben (Az.: 1 LC 83/22, Vorinstanz VG Hannover, Az.: 4 A 3897/20).
In dem Normenkontrollverfahren wendet sich die Stadt Delmenhorst gegen einen Bebauungsplan der Gemeinde Stuhr für ein ca. 17.000 m² großes Gebiet am Einzelhandelsstandort „Brinkum Nord“. Der Bebauungsplan setzt ein Sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Sportfachmarkt“ fest. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines großflächigen Sportfachmarktes, gegen die sich die vom Verwaltungsgericht Hannover abgewiesene Klage der Stadt Delmenhorst richtet.
Die Stadt Delmenhorst sieht das Gebot, Bebauungspläne zwischen benachbarten Gemeinden abzustimmen, verletzt und befürchtet durch den Sportfachmarkt insbesondere nachteilige Auswirkungen auf ihre Innenstadt sowie auf die ihr durch Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktion als Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion im Bereich des Einzelhandels. Ihre bereits geschwächte Innenstadt könne weitere Konkurrenz durch Einzelhandelsstandorte außerhalb der Zentren nicht mehr verkraften. Daneben rügt sie zahlreiche weitere Mängel des Bebauungsplans. Da der Bebauungsplan unwirksam sei, sei auch die auf seiner Grundlage erteilte Baugenehmigung aufzuheben.
Der Senat ist dieser Argumentation in wesentlichen Punkten gefolgt. Die Stadt Delmenhorst könne sich auf das zwischengemeindliche Abstimmungsgebot berufen und sei daher berechtigt, den Bebauungsplan und die Baugenehmigung zur gerichtlichen Prüfung zu stellen. Der Bebauungsplan sei unwirksam, weil er an einem formalen Fehler leide. Zudem missachte er die Vorgabe des Landesraumordnungsprogramms, zentrenrelevante Sortimente – dazu zählten jedenfalls Sportbekleidung und -schuhe – nur in den Zentren und nicht an außerhalb gelegenen Standorten anzusiedeln. Ein Recht zur eigenständigen Bestimmung, was in der jeweiligen Gemeinde zentrenrelevant sei, komme der Gemeinde Stuhr nur in engen, hier überschrittenen rechtlichen Grenzen zu. Weitere die Stadt Delmenhorst schützende baurechtliche Bestimmungen verletze der Bebauungsplan dagegen nicht; insbesondere seien die Auswirkungen des Vorhabens auf die Innenstadt Delmenhorsts nicht so schwerwiegend, dass der Bebauungsplan deshalb fehlerhaft sei. Die Baugenehmigung sei aufzuheben, weil sie auf einem unwirksamen Bebauungsplan beruhe und das Vorhaben auf der Grundlage des zuvor geltenden Bebauungsplans nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Die Verletzung des insofern bestehenden Planungserfordernisses reiche aus, um einen Aufhebungsanspruch der Stadt Delmenhorst zu begründen.
Im gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollverfahren hat der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Im Berufungsverfahren, das die Baugenehmigung betrifft, hat der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen.
Die Entscheidungen werden in dem kostenfrei zugänglichen Niedersächsischen Vorschriftensystem (https://voris.wolterskluwer-online.de) veröffentlicht werden.
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